spektrumdirekt unterwegs: Per Schiff zum Planeten Energie
Kernfusion, Turmkraftwerke, smart grid: Auf dem Gebiet der Energieversorgung wird eine immer größere Bandbreite von Techniken eingesetzt. An vielen weiteren wird derzeit geforscht. Die Ausstellung "Planet Energie" will über die Trends aufklären.
Schon von Weitem kann man den Globus sehen. Überzogen mit gelb-roten Wolken schwebt er über dem Binnenschiff MS Wissenschaft, ein Symbol für die Allgegenwärtigkeit der Energie und ihrer Bedeutung nicht nur für uns, sondern auch für den Planeten.
Samt und Kronleuchter zeigen: Energie ist kostbar
Über eine steile Metalltreppe geht es hinunter in den Bauch des Schiffs. Dann wird es erst einmal dunkel: In einem Vorraum spenden nur einige blaue Kugeln diffuses Licht, in der Mitte ist eine Plasmakugel von einer Schar Kindern umringt, die mit ihren Händen die violetten Lichtblitze dirigieren. An den Wänden bereiten allgemeine Fragen die Besucher auf das Thema vor: "Wie können wir dafür sorgen, dass die Menschen auch in Zukunft genügend Energie haben?"
Ein paar Schritte weiter wird der Raum gleißend hell. Der Laderaum, der neun Monate im Jahr Kohlen, Schotter und andere Güter transportiert, wurde vom Eigner in strahlendem Weiß gestrichen. An der Decke hängen glitzernde gläserne Kronleuchter, die Wände werden immer wieder von schweren, roten Samtvorhängen bedeckt. "Wir wollen verdeutlichen, dass Energie kostbar ist", erklärt Ausstellungsleiterin Maria Stratmeier das Konzept. Darum sind auch die kurzen Erklärungstexte in goldene Bilderrahmen gefasst.
Exponate aus wissenschaftlichen Einrichtungen
Im Zentrum der Ausstellung stehen aber die 35 Exponate aus wissenschaftlichen Einrichtungen, die interaktiv technische Verfahren der Energieerzeugung, der Speicherung oder der Verteilung von Energie erklären. Neben erneuerbaren Energien, Atomstrom und fossilen Brennstoffen werden viele neue oder visionäre Verfahren vorgestellt.
Keine kritische Einordnung
Das Problem dabei: In den golden gerahmten Infotexten findet sich meist kein Hinweis auf mögliche Probleme oder Gefahren dieser Techniken. So erklärt etwa eine Grafik des Geoforschungszentrums Potsdam die Kohlendioxid-Einlagerung im Erdreich, erwähnt aber nicht, dass es noch Forschungsbedarf zur Sicherheit dieser Anwendung gibt. Auch beim Film über die Verkohlung von Laub wird zum Beispiel nicht erwähnt, wie viel Energie es eigentlich braucht, um die Kohle mit diesem Verfahren herzustellen – eine wichtige Information, um als Besucher folgern zu können, wie ökonomisch und damit wie realistisch die Anwendung ist. Wer hierzu etwas wissen will, muss sich direkt an die Mitarbeiter wenden, die als so genannte Lotsen bei Fragen Rede und Antwort stehen.
Eine positive Ausnahme ist das Exponat des Leibniz-Instituts für Meereswisenschaften IFM Geomar: In einem Filmbeitrag sowie einer interaktiven Slideshow befassen sich die Wissenschaftler mit dem Potenzial und Risiko von Methanhydraten. Neben Informationen zum Umfang und zur Lage der eisartigen Verbindungen, die in großer Tiefe im Meeresboden entstehen, schildern sie auch die Risiken eines Abbaus für Kontinentalhänge und den negativen Einfluss von Methan auf den Treibhauseffekt.
Ausstellung oder Werbeveranstaltung?
Viele andere Filme und Exponate jedoch wirken ein wenig wie Werbepräsentationen der Wissenschaftsinstitute, die sie bereitgestellt haben. So auch der Film des Forschungszentrums Jülich, der im hinteren Teil der Ausstellung in einem kleinen Kinosaal gezeigt wird. Eigentlich widmet er sich dem Thema Kernfusion. Ganz nebenbei jedoch wird allzu oft die vorbildliche Arbeit des Forschungszentrums selbst erwähnt – ebenso wie die hervorragende Ausstattung, die Möglichkeiten für junge Forscher und die internationale Ausrichtung des Teams. Es ist allerdings zweifelhaft, dass viele von den Kindern und Familien, welche die Ausstellung besuchen, sich für diese Informationen begeistern können.
Fokus auf Exponaten statt auf Einordnung
Die Schwäche vieler Exponate ist, dass sie nicht wirklich konzipiert wurden für Ausstellungen wie diese. Bei einigen muss sich der Benutzer durch komplexe Anleitungen lesen, andere wiederum sind allzu simpel gestrickt. So kann man bei der Station zu Leichtbau im Autobau zwar drei Fahrzeugmodelle hochheben, die je nach Material mal leichter, mal schwerer sind. Doch weiterführende Informationen etwa zu konkreten Einsparungspotenzialen beim Energieverbrauch fehlen. Auch das Exponat zum Thema smart grid, bei dem es um eine intelligente Steuerung des Stromverbrauchs angesichts schwankenden Bedarfs und zunehmend dezentraler Einspeisungen geht, bleibt erstaunlich oberflächlich.
In früheren Ausstellungen von Wissenschaft im Dialog wurden solche Mängel durch eine umfassende Einbettung ins Thema aufgefangen. "Planet Energie" jedoch hält sich mit einer solchen Einordnung zurück. Die Besucher gehen damit auf ihre Weise um: Manche Eltern erklären ihren Kindern anhand der Exponate, was sie selbst zu den Themen bereits wissen. Andere Besucher nutzen den Ort als Diskussionsplattform. "Die Themen der Ausstellung sind bei den Besuchern sehr umstritten", sagt Maria Stratmeier. Vor allem zu den Aspekten der erneuerbaren Energien und der Atomkraft gebe es einen Disput. Damit ist zumindest ein Ziel der Ausstellung erreicht: Wissenschaft im Dialog.
Die Ausstellung ist noch bis zum 7. Oktober 2010 unterwegs. Nächste Stationen sind Dortmund, Duisburg und Bonn. Auch in Österreich macht das Schiff in diesem Jahr erstmalig Halt. Den Tourplan finden Sie hier.
"Planet Energie" haben die Ausstellungsmacher von Wissenschaft im Dialog die diesjährige Ausstellung genannt. Passend zum Wissenschaftsjahr Energie dreht sich auf der 600 Quadratmeter großen Fläche im Innenraum des umgebauten Frachtschiffes "Jenny" alles um heutige Energiequellen, Möglichkeiten der Energieeinsparung – und mögliche Techniken der Zukunft. Seit dem 18. Mai ist das Schiff unterwegs. Nach Stationen unter anderem in Berlin, Potsdam, Kiel und Hannover hat es auch in Bremen Halt gemacht.
Samt und Kronleuchter zeigen: Energie ist kostbar
Über eine steile Metalltreppe geht es hinunter in den Bauch des Schiffs. Dann wird es erst einmal dunkel: In einem Vorraum spenden nur einige blaue Kugeln diffuses Licht, in der Mitte ist eine Plasmakugel von einer Schar Kindern umringt, die mit ihren Händen die violetten Lichtblitze dirigieren. An den Wänden bereiten allgemeine Fragen die Besucher auf das Thema vor: "Wie können wir dafür sorgen, dass die Menschen auch in Zukunft genügend Energie haben?"
Ein paar Schritte weiter wird der Raum gleißend hell. Der Laderaum, der neun Monate im Jahr Kohlen, Schotter und andere Güter transportiert, wurde vom Eigner in strahlendem Weiß gestrichen. An der Decke hängen glitzernde gläserne Kronleuchter, die Wände werden immer wieder von schweren, roten Samtvorhängen bedeckt. "Wir wollen verdeutlichen, dass Energie kostbar ist", erklärt Ausstellungsleiterin Maria Stratmeier das Konzept. Darum sind auch die kurzen Erklärungstexte in goldene Bilderrahmen gefasst.
Exponate aus wissenschaftlichen Einrichtungen
Im Zentrum der Ausstellung stehen aber die 35 Exponate aus wissenschaftlichen Einrichtungen, die interaktiv technische Verfahren der Energieerzeugung, der Speicherung oder der Verteilung von Energie erklären. Neben erneuerbaren Energien, Atomstrom und fossilen Brennstoffen werden viele neue oder visionäre Verfahren vorgestellt.
Gleich am Eingang etwa steht ein Miniaturmodell eines Turmkraftwerks des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Drei Fußballfelder voller Spiegel reflektieren die Sonnenenergie auf einen Turm, der die so entstehende Hitze über eine Turbine in Energie umwandelt. Erste Testanlagen gibt es bereits in den USA, Israel und Spanien. Aber auch die Kernfusion, Energiegewinnung aus Mikroalgen oder die Herstellung von Kohle durch das Verbrennen von Stroh und Laub unter hohem Druck und hohen Temperaturen werden präsentiert.
Keine kritische Einordnung
Das Problem dabei: In den golden gerahmten Infotexten findet sich meist kein Hinweis auf mögliche Probleme oder Gefahren dieser Techniken. So erklärt etwa eine Grafik des Geoforschungszentrums Potsdam die Kohlendioxid-Einlagerung im Erdreich, erwähnt aber nicht, dass es noch Forschungsbedarf zur Sicherheit dieser Anwendung gibt. Auch beim Film über die Verkohlung von Laub wird zum Beispiel nicht erwähnt, wie viel Energie es eigentlich braucht, um die Kohle mit diesem Verfahren herzustellen – eine wichtige Information, um als Besucher folgern zu können, wie ökonomisch und damit wie realistisch die Anwendung ist. Wer hierzu etwas wissen will, muss sich direkt an die Mitarbeiter wenden, die als so genannte Lotsen bei Fragen Rede und Antwort stehen.
Eine positive Ausnahme ist das Exponat des Leibniz-Instituts für Meereswisenschaften IFM Geomar: In einem Filmbeitrag sowie einer interaktiven Slideshow befassen sich die Wissenschaftler mit dem Potenzial und Risiko von Methanhydraten. Neben Informationen zum Umfang und zur Lage der eisartigen Verbindungen, die in großer Tiefe im Meeresboden entstehen, schildern sie auch die Risiken eines Abbaus für Kontinentalhänge und den negativen Einfluss von Methan auf den Treibhauseffekt.
Ausstellung oder Werbeveranstaltung?
Viele andere Filme und Exponate jedoch wirken ein wenig wie Werbepräsentationen der Wissenschaftsinstitute, die sie bereitgestellt haben. So auch der Film des Forschungszentrums Jülich, der im hinteren Teil der Ausstellung in einem kleinen Kinosaal gezeigt wird. Eigentlich widmet er sich dem Thema Kernfusion. Ganz nebenbei jedoch wird allzu oft die vorbildliche Arbeit des Forschungszentrums selbst erwähnt – ebenso wie die hervorragende Ausstattung, die Möglichkeiten für junge Forscher und die internationale Ausrichtung des Teams. Es ist allerdings zweifelhaft, dass viele von den Kindern und Familien, welche die Ausstellung besuchen, sich für diese Informationen begeistern können.
Andere Ausstellungsstücke wiederum sind zwar nett anzusehen, lassen aber die Besucher ein wenig ratlos zurück. So auch das Modell einer Anlage zur Gewinnung von Kraftstoffen aus Biomasse der RWTH Aachen: Mit viel Mühe wurde hier eine komplette Anlage aus Lego nachgebaut. Die Besucher können Klappen auf- und zumachen, eine Brücke bewegen. Welche Kraftstoffe aber eigentlich aus dem Holz entstehen, welche Funktion die einzelnen Bauten haben, darüber schweigen die kleinen Plastik-Arbeiter.
Fokus auf Exponaten statt auf Einordnung
Die Schwäche vieler Exponate ist, dass sie nicht wirklich konzipiert wurden für Ausstellungen wie diese. Bei einigen muss sich der Benutzer durch komplexe Anleitungen lesen, andere wiederum sind allzu simpel gestrickt. So kann man bei der Station zu Leichtbau im Autobau zwar drei Fahrzeugmodelle hochheben, die je nach Material mal leichter, mal schwerer sind. Doch weiterführende Informationen etwa zu konkreten Einsparungspotenzialen beim Energieverbrauch fehlen. Auch das Exponat zum Thema smart grid, bei dem es um eine intelligente Steuerung des Stromverbrauchs angesichts schwankenden Bedarfs und zunehmend dezentraler Einspeisungen geht, bleibt erstaunlich oberflächlich.
In früheren Ausstellungen von Wissenschaft im Dialog wurden solche Mängel durch eine umfassende Einbettung ins Thema aufgefangen. "Planet Energie" jedoch hält sich mit einer solchen Einordnung zurück. Die Besucher gehen damit auf ihre Weise um: Manche Eltern erklären ihren Kindern anhand der Exponate, was sie selbst zu den Themen bereits wissen. Andere Besucher nutzen den Ort als Diskussionsplattform. "Die Themen der Ausstellung sind bei den Besuchern sehr umstritten", sagt Maria Stratmeier. Vor allem zu den Aspekten der erneuerbaren Energien und der Atomkraft gebe es einen Disput. Damit ist zumindest ein Ziel der Ausstellung erreicht: Wissenschaft im Dialog.
Die Ausstellung ist noch bis zum 7. Oktober 2010 unterwegs. Nächste Stationen sind Dortmund, Duisburg und Bonn. Auch in Österreich macht das Schiff in diesem Jahr erstmalig Halt. Den Tourplan finden Sie hier.
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