News: Pflanzlicher Langstreckentransport
Bislang galten die in geringen Konzentrationen wirksamen Pflanzenhormone als Vermittler essenzieller Informationen. Doch seit Wissenschaftler im Phloem ebenfalls Boten-RNA-Moleküle (mRNA) entdeckten, die als eine Art "Blaupause" die genetische Information der im Zellkern verborgenen DNA zu den Proteinfabriken transportieren, rätseln sie, inwieweit auch jene DNA-Kopien interne Anweisungen zu überbringen vermögen.
Um die mysteriöse Rolle der mRNA-Moleküle bei der Signalweiterleitung näher zu beleuchten, führten Neelima Sinha und ihre Kollegen von der University of California in Davis nun Versuche mit Tomatenpflanzen durch. Dazu verwendeten sie junge Triebe von Pflanzen mit gewöhnlich zugespitzten Blättern, welche sie auf Stängel mit mutierten runden Blättern pfropften.
Wie sich herausstellte, änderten die umgesetzten Zweige kurzerhand ihr genetisch vorbestimmtes Programm: Statt der zu erwartenden spitzen Pflanzenblätter brachten sie nunmehr runde Anhängsel hervor. In den keimenden Trieben wiesen die Forscher zudem gehäuft jene mutierte Version des Proteins nach, welches sich für das "runde" Blattmuster verantwortlich zeichnet. Folglich muss die entsprechende genetische Information irgendwie in die Spitzen gelangt sein. An dieser Überführung sind höchstwahrscheinlich mRNA-Moleküle beteiligt, die offensichtlich die Instruktion für die "normale" Blattgestalt einfach außer Kraft gesetzt haben.
Zusammen mit Phytohormonen, Stoffwechselprodukten und Eiweißstoffen könnte die RNA-Beförderung Pflanzen befähigen, ihr Wachstum zu koordinieren. "Möglicherweise", so spekuliert Sinha, "haben Pflanzen ein RNA-Transportsystem entwickelt, um zu kommunizieren." Obwohl David Jackson vom Cold Spring Harbor Laboratory einen ähnlichen Fernstreckentransport auch bei anderen DNA-Kopien für wahrscheinlich hält, bleibt dies jedoch noch nachzuweisen.
Basierend auf den vorliegenden Ergebnissen erhoffen sich Forscher nun neue Erkenntnisse zur Bekämpfung von Schädlingen, die zu ihrer Ausbreitung das pflanzliche Transportsystem ausnutzen. Sobald ein Blatt infiziert ist, geht der ganze Organismus oftmals zur Verteidigung über. Wenn es gelänge, die von befallenen Pflanzen ausgesandten Botschaften zu entschlüsseln, ließe sich der Ausbruch von Krankheiten vielleicht verhindern. Auch für die Vermehrung von Obst- und Nußbäumen könnten die neuen Einsichten in die Pflanzenkommunikation hilfreich sein: Nicht verträgliche RNA-Signale könnten eine Erklärung dafür liefern, warum einige Pflanzenpfropfungen nicht angehen.
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