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Angststörungen: Eine Exposition für alle Fälle

Eine Phobie – die extreme Furcht vor bestimmten Situationen oder Objekten – lässt sich gut behandeln. Wie eine neue Studie zeigt, bessern sich dadurch auch andere Ängste.
Mann steht auf Klettergerüst
Wer sich sowohl vor Höhe als auch vor Spinnen fürchtet, kann gleichzeitig für beides Mut fassen (Symbolbild).

Bei Phobien, also einer extremen Furcht vor bestimmten Situationen oder Objekten, gilt die so genannte Exposition als wirksamste Behandlung. Dabei stellen sich die Betroffenen ihren Ängsten – seien es Spinnen, große Höhen, im Flugzeug zu fliegen, Menschenmengen oder Smalltalk. Durch die Erfahrung, dass keine schlimmen Konsequenzen eintreten, nimmt die Angst ab.

Allerdings kommen Phobien selten allein: Viele Betroffene leiden unter mehreren starken Ängsten gleichzeitig. Einer neuen Studie zufolge ist es aber wohl oft nicht nötig, für jede Phobie eine eigene Expositionstherapie durchzuführen. Denn wie eine Forschungsgruppe um Iris Kodzaga von der Universität Bochum demonstrieren konnte, lindert die Behandlung einer Spinnenphobie zudem die Furcht vor großen Höhen.

Die Psychologinnen und Psychologen untersuchten 50 Personen, die sowohl unter Arachnophobie (Spinnenangst) als auch unter Akrophobie (Höhenangst) litten. Als Maß dafür dienten einerseits die Angaben auf entsprechenden Fragebogen, andererseits maßen die Forscher, wie nah sich die Teilnehmenden tatsächlich an eine Spinne in einem Terrarium herantrauten und wie weit sie in einem Kirchturm nach oben stiegen, wenn sie zwischendurch immer wieder durchs Fenster nach unten sehen mussten.

Die Hälfte der Probanden erhielt eine Expositionstherapie gegen Arachnophobie. Dabei hatten sie zwei Stunden Zeit, um sich schrittweise einer Hauswinkelspinne zu nähern und diese schließlich über ihre nackte Hand laufen zu lassen, nachdem sie zuvor Handschuhe mit unterschiedlicher Dicke verwendet hatten.

Am nächsten Tag hatte sich die Spinnenangst der Behandelten schon deutlich gebessert. Aber nicht nur das: Auch ihre Furcht vor Höhen war signifikant vermindert, was sich in den Fragebogen sowie bei einer erneuten Kirchturmbesteigung zeigte. In der Kontrollgruppe ohne Exposition besserten sich die Symptome dagegen kaum.

Bereits in früheren Studien habe man eine mögliche Verallgemeinerung der positiven Wirkungen von Exposition untersucht, so Kodzaga und ihre Kollegen. Allerdings handelte es sich dann meist um ähnliche Phobien, etwa vor Spinnen oder Kakerlaken. Spinnen und Höhe dagegen haben wenig Ähnlichkeiten – außer der Tatsache, dass eine gewisse Bereitschaft, sich davor zu gruseln, evolutionär sinnvoll scheint. Anscheinend können also Expositionen ganz allgemein Ängste und Vermeidungsverhalten abschwächen, vielleicht durch das Erlebnis, eine bestimmte Angst beherrschen zu können. Denkbar sei daher auch die Entwicklung einer möglichst »generalisierten« Exposition, schreiben die Fachleute.

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  • Quellen
Translational Psychiatry 10.1038/s41398–023–02698–7, 2023

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