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News: Photonen-Billard

Licht braucht nicht viel Platz. Abermillionen von Photonen können sich durch einen Lichtleiter quetschen, ohne dass es eng wird. Die einzelnen Lichtquanten ignorieren sich schlichtweg. Dabei ist die Kollision zweier Teilchen theoretisch durchaus möglich, nur die Wahrscheinlichkeit ist dafür unglaublich gering. Nun schlagen Physiker ein Experiment vor, mit dem sich vielleicht Photonen-Kollisionen beobachten lassen.
Teilchen-Kollisionen sind für Physiker nichts Besonderes – im Gegenteil, in Beschleuniger-Experimenten und Versuchen der Hochenergiephysik lassen Forscher die winzigen Objekte routinemäßig aufeinandertreffen. Dabei beobachten sie, wie neue exotische Teilchen entstehen und vergehen. Doch trotz der vielen Experimente konnten sie bislang nie beobachten, wie zwei Lichtquanten miteinander kollidieren.

Das sollte aber durchaus möglich sein – zumindest gemäß den Regeln der Quantenelektrodynamik, welche die winzigen Teilchen beschreibt. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses verschwindend gering. Denn damit die beiden Photonen aneinander streuen, müssen sie so genannte virtuelle Teilchen austauschen. Sie werden zwar permanent von den Lichtquanten emittiert und wieder aufgesaugt – ein Vorgang, den Physiker bei der Kollision geladener Teilchen durchaus auch beobachten – doch dass zwei Photonen virtuelle Teilchen austauschen, hat noch niemand gesehen.

Das soll sich aber bald ändern, wenn es nach dem Willen von Gert Brodin, Lennart Stenflo von der Umeå University und Mattias Marklund von der Chalmers University of Technology in Göteborg geht. Die drei Physiker schlagen dazu in einer theoretischen Arbeit ein entsprechendes Experiment vor. Um die geringe Wahrscheinlichkeit auf ein messbares Maß anzuheben, wollen die Forscher einfach sehr viele Photonen beobachten. Dazu sollen diese in einem Hohlraum, einer so genannte Kavität, gefangen werden. Ähnlich einer Orgelpfeife, welche die akustische Energie genau einer Frequenz konzentriert und verstärkt, werden auch hier nur energiegleiche Photonen gespeichert.

Kommt es nun zu einer Kollision zwischen zwei Lichtquanten, dann tauschen die Teilchen auch einen Teil ihrer Energie aus. Und genau diese winzigen Variationen der Photonenergie im Vergleich zum sonst vorherrschenden Wert verraten die Stoßpartner.

Mordechi Segev von der Princeton University meint, dass derartige Kollisionen, wenn sie sich denn jemals beobachten lassen, das erste Beispiel für so genannte nicht-lineare Optik im Vakuum sind. Derartige Effekte, bei denen es beispielsweise zu Frequenzmischungen und Frequenzvervielfachungen kommt, treten sonst nur in Materie und beim Einsatz leistungsstarker Laser auf. Wenn es jedoch auch ohne Materie funktioniert, so wären laut Segev ganz neue Anwendungen denkbar: Ein Laser könnte sich selbstständig im Vakuum fokussieren, sodass sein Lichtstrahl sogar die großen Distanzen zwischen Galaxien überwinden könnte, ohne dabei aufzuweiten. Auch Laser in einem neuen, kürzeren Wellenlängenbereich wären denkbar.

Marklund möchte nun die theoretische Idee in die Tat umsetzen. Dazu will er besonders leistungsstarke Mikrowellen-Kavitäten nutzen, wie man sie bei Teilchenbeschleunigern einsetzt, um die Strahlleistung anzukurbeln. Sie können sehr viele Photonen speichern, und ihre Leistung sollte ausreichen, um die Kollisionen beobachten zu können. Die schwedische Forschergruppe hat bereits Kontakt mit dem Rutherford Laboratory in England aufgenommen, sodass vielleicht schon in ein paar Jahren erste Photonen beim Aufeinandertreffen beobachtet werden.

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