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Pisa-Studie für Erwachsene: Deutsche sind internationales Mittelmaß im Lesen und Rechnen

Die PIAAC-Studie erhebt, wie fit Erwachsene im Lesen, Rechnen und Problemlösen sind. Die Leistung der Deutschen ist stabil, allerdings geht die Bildungsschere weiter auf.
Ein älterer Mann schreibt in ein Notizbuch
Die Deutschen konnten ihr Leistungsniveau in den vergangenen zehn Jahren halten. Besorgnis erregend sind die Ergebnisse aus der Pisa-Studie für Erwachsene dennoch.

Wie fit sind die 16- bis 65-Jährigen in Deutschland im Lesen, Rechnen und Problemlösen? Das hat die PIAAC-Studie (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) nun zum zweiten Mal getestet. Sie gilt als Pisa-Studie für Erwachsene und wird von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt. Die Erwachsenen in Deutschland kommen demnach bei den wichtigen Grundkompetenzen auf ein »hohes mittleres Leistungsniveau«, heißt es darin. In allen drei Bereichen seien die Leistungen signifikant höher als im Durchschnitt der 31 teilnehmenden Länder. Besonders gut schnitten Finnland, Japan, Schweden, Norwegen, die Niederlande und Estland ab. Länder wie Israel, Litauen, Polen, Portugal und Chile landeten am unteren Ende der Rangliste.

Die Deutschen konnten ihr Leistungsniveau in den zurückliegenden zehn Jahren halten; die Ergebnisse des ersten Studienzyklus waren 2013 veröffentlicht worden. Die beruhigende Nachricht der Testergebnisse lautet somit: Ein weiterer Pisa-Schock bleibt Deutschland erspart. Allerdings zeigt sich, dass sich die Bildungsschere in Deutschland weiter öffnet. Menschen, die gut lesen und rechnen können, sind in den vergangenen zehn Jahren noch besser geworden, diejenigen mit schlechten Kompetenzen noch schlechter. Auch zeigt die Studie, dass es nach wie vor einen starken Zusammenhang gibt zwischen der sozialen Herkunft und den erreichten Leistungen. Zudem weisen erwerbstätige Personen signifikant höhere Grundkompetenzen auf als nicht erwerbstätige.

Das Endergebnis erscheint aus deutscher Sicht positiver, als es tatsächlich ist. Denn auf Grund der Teilnahme neuer, leistungsschwächerer Länder ist der OECD-Durchschnitt insgesamt gesunken. Deutschland hat sich punktetechnisch praktisch nicht verbessert. So hat hier zu Lande nach wie vor jeder fünfte Erwachsene große Defizite beim Leseverständnis und bereits Schwierigkeiten, Aufgaben wie die folgende richtig zu lösen: »In einer Kita werden die Eltern auf einem Aushang gebeten, ihre Kinder bis spätestens 10 Uhr zu bringen. Bis wann sollten die Kinder spätestens eintreffen?« Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Rechnen. Ebenfalls jeder Fünfte schaffte es bei den Tests nicht über einfaches Zählen und Grundrechnen hinaus.

Der neue Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte dazu: »Die PIAAC-Studie bescheinigt uns gute Entwicklungen, zeigt aber auch auf, wo wir noch besser werden müssen.« Und weiter: »Es ist Besorgnis erregend, wenn ein Fünftel der in Deutschland lebenden Erwachsenen nur über geringe Grundkompetenzen verfügt. Wir müssen verstärkt auch Erwachsenen neue Bildungschancen eröffnen und sie darin unterstützen, ihre Grundbildung zu verbessern.« Ein höherer Bildungsabschluss sei der Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und Beschäftigungsfähigkeit.

Die Studienleiterin für Deutschland, Beatrice Rammstedt, sagte dem »Spiegel«, sie empfinde das Ergebnis als beruhigend: »Nach den Schulleistungsstudien der vergangenen Jahre hatte ich Schlimmeres befürchtet.« Rammstedt ist Professorin für Psychologische Diagnostik, Umfragedesign und Methodik an der Universität Mannheim und Vizepräsidentin des Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften (GESIS). »Es ist gut, dass wir es geschafft haben, das Leistungsniveau in Deutschland zu halten und uns nicht zu verschlechtern.«

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