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Kosmologie: Planck findet ein fast perfektes Universum

Die bisher genaueste Himmelskarte der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung bestätigt das Standardmodell der Kosmologie eindrucksvoll und legt dessen Parameter nun sehr genau fest. Zugleich finden die Wissenschaftler der Planck-Kollaboration aber auch signifikante Anomalien. Diese deuten möglicherweise darauf hin, dass einige Aspekte des Standardmodells noch nicht verstanden sind.
Der kosmische Mikrowellenhintergrund im Blick von Planck

Die Daten für die nun veröffentlichte Himmelskarte wurden während der ersten fünfzehneinhalb Monate der Planck-Mission gewonnen. Das Weltraumteleskop der europäischen Raumfahrtagentur ESA zeigt das älteste Licht im Universum. Dieses ging auf die Reise, als das All erst 380000 Jahre alt war und nach dem Urknall zum ersten Mal durchsichtig wurde.

Der kosmische Mikrowellenhintergrund | Babybild des Weltalls: die Unregelmäßigkeiten der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung (CMB), wie sie mit Planck beobachtet wurden. Der CMB ist eine Momentaufnahme vom ältesten Licht im Universum, das ausgesandt wurde, als das All erst 380 000 Jahre alt war. Das Bild zeigt winzige Temperaturschwankungen in Regionen mit leicht unterschiedlicher Dichte, aus denen alle Strukturen hervorgegangen sind: die Sterne und Galaxien von heute.

Damals kühlte die heiße Ursuppe aus Protonen, Elektronen und Photonen langsam ab. Neutrale Wasserstoffatome bildeten sich. Das Licht hatte freie Bahn und erlaubt es uns heute, ein Bild des Babyuniversums zu machen. Als sich der Kosmos weiter ausdehnte und abkühlte, wurde diese Strahlung zu längeren Wellenlängen hin verschoben, sodass wir sie heute als kosmischen Mikrowellenhintergrund (CMB von englisch Cosmic Microwave Background) bei einer Temperatur von etwa 2,7 Kelvin, entsprechend minus 270 Grad Celsius, empfangen.

Winzige Temperaturschwankungen in dieser CMB-Karte spiegeln kleinste Dichtefluktuationen im frühen Universum wider. "Die Planck-Karte des CMB liefert uns ein extrem detailliertes Bild des ganz frühen Universums", sagt Simon White, Co-Investigator in der Planck-Kollaboration und Direktor am Garchinger Max-Planck-Institut für Astrophysik.

WMAP-Karte des kosmischen Mikrowellenhintergrunds | Die "Wilkinson Microwave Anisotropy Probe" (WMAP) lieferte 2010 die bis dato präziseste Karte der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung. Die nun vorliegende Karte der europäischen Forschungssonde Planck hat eine deutlich höhere räumliche Auflösung und noch präziser gemessene Temperaturen. Die Farbtöne geben einen Temperaturbereich von plus/minus 200 Mikrokelvin wieder. Rote Farbtöne stehen für höhere Temperaturen, blau für tiefere.

White untersucht, wie sich kosmische Strukturen entwickeln und war maßgeblich daran beteiligt, das Standardmodell der Kosmologie in den 1980er Jahren zu etablieren. "Alle Strukturen, die wir heute sehen, entstanden aus winzigen Dichtefluktuationen kurz nach dem Urknall", so Simon White. Der Planck-Satellit wurde gebaut, um diese Fluktuationen über den gesamten Himmel mit bisher unerreichter Auflösung und Empfindlichkeit zu vermessen – mit dem Ziel, Zusammensetzung und Entwicklung des Universums vom Beginn bis heute zu bestimmen.

"Die Daten von Planck passen extrem gut zum Standardmodell der Kosmologie", bestätigt Torsten Enßlin, der die am Max-Planck-Institut für Astrophysik angesiedelte deutsche Beteiligung an der Mission leitet. "Die kosmologischen Parameter konnten mit Planck jetzt so genau bestimmt werden wie nie zuvor. Und unsere Analyse bestand mit Bravour alle Tests gegenüber diversen anderen astronomischen Beobachtungen."

So zeigen die Planck-Daten, dass die normale Materie, aus der Galaxien, Sterne und auch unsere Erde bestehen, nur mit rund 4,9 Prozent zur Massen- und Energiedichte des Universums beiträgt. Dazu kommen etwa 26,8 Prozent Dunkle Materie, die sich lediglich über ihre Schwerkraftwirkung bemerkbar macht; deutlich mehr, als bisher für diesen mysteriösen Stoff angenommen. Andererseits ist der Anteil der Dunklen Energie – der rätselhaften Komponente, die dafür sorgt, dass sich das Universum beschleunigt ausdehnt – mit 68,3 Prozent geringer als gedacht.

Die erste Karte des kosmischen Mikrowellenhintergrunds | Die erste, noch recht grobe Karte des kosmischen Mikrowellenhintergrunds zeichnete die US-Mission "Cosmic Background Explorer" (COBE) in den Jahren 1990 bis 1992 auf. Schon in dieser frühen Darstellung lassen sich die Temperaturschwankungen des Mikrowellenhintergrunds erkennen.

Auch die Geschwindigkeit, mit der unser Universum heute expandiert, die sogenannte Hubble-Konstante, hat Planck neu bestimmt: mit 67,15 Kilometer pro Sekunde und Megaparsec ist ihr Wert signifikant kleiner als der derzeitige Standardwert (etwa 72 Kilometer pro Sekunde und Megaparsec). Daraus ergibt sich dann auch ein etwas höheres Weltalter von 13,82 Milliarden Jahren (bisher: 13,7 Milliarden Jahre).

Allerdings gibt es aufgrund der extrem hohen Qualität der Planck-Daten auch einige Ungereimtheiten, die sich nur schwer mit dem Standardmodell in Einklang bringen lassen. So sind die CMB-Fluktuationen auf großen Skalen geringer, als man das von den auf kleineren Skalen gemessenen Strukturen erwarten würde. Außerdem scheint eine Himmelshälfte etwas stärkere Strukturen aufzuweisen als die andere. Dazu passt vielleicht ein weiteres auffälliges Element: ein kalter Fleck, der sich über eine viel größere Region erstreckt, als man annehmen dürfte.

Diese Daten könnten somit eine Erweiterung des Standardmodells oder sogar eine neue Theorie nötig machen. "Auch wenn wir diese Anomalien heute noch nicht verstehen, so können wir doch ausschließen, dass es sich um einen Vordergrundeffekt handelt", sagt Torsten Enßlin. "Insbesondere der cold spot ist schon länger bekannt; hierbei könnte es sich aber auch um eine statistische Fluktuation handeln."

Ein Spektrum des Kosmos | Diese Grafik zeigt Temperaturschwankungen in der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung, die Planck bei verschiedenen Winkelskalen am Himmel gemessen hat. Diese Kurve wird als Leistungsspektrum bezeichnet. Die größten Winkelskalen, beginnend mit einem Winkel von 90 Grad, sind auf der linken Seite des Diagramms gezeigt, kleinere Skalen rechts. (Als Vergleich: der Durchmesser des Vollmonds am Himmel beträgt etwa ein halbes Grad.) Die roten Punkte zeigen die Messungen von Planck; die Fehlerbalken beinhalten sowohl Messfehler als auch eine Abschätzung der Unsicherheit auf Grund der begrenzten Anzahl von Messpunkten am Himmel. Diese so genannte kosmische Varianz ist ein unvermeidbarer Effekt, der bei größeren Winkelskalen zunimmt. Die grüne Kurve ist die beste Anpassung des Standardmodells der Kosmologie an die Daten von Planck; dieses Szenario für den Ursprung und die Evolution des Universums wird derzeit von den meisten Forschern akzeptiert. Der hellgrüne Bereich um die Kurve zeigt Vorhersagen von allen Varianten des Standardmodells, die mit den Daten am besten übereinstimmen.

Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik sind bereits seit Beginn der Mission an der Software-Entwicklung für die Datenreduktion beteiligt, um die Vordergrundstrahlung von Objekten wie Galaxienhaufen, Quasaren und auch unserer eigenen Milchstraße zu entfernen. Inzwischen konzentriert sich die Arbeit aber darauf, die Informationen aus der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung zu analysieren und dadurch unser Universum besser zu verstehen.

Ein Aspekt, der dabei unter anderem untersucht wurde, ist die Entdeckung und Vermessung von Galaxienhaufen durch den Sunjajew-Seldowitsch-Effekt. Dieser SZ-Effekt ist eine charakteristische Signatur von Galaxienhaufen im kosmischen Mikrowellenhintergrund. Sie entsteht, wenn das Licht des CMB auf seinem Weg zu uns einen Galaxienhaufen passiert. Durch die verschiedenen Frequenzbänder von Planck lässt sich der SZ-Effekt sehr gut darstellen.

Rashid Sunjajew, heute Direktor am Max-Planck-Institut für Astrophysik und Co-Investigator in der Planck-Kollaboration, sagte gemeinsam mit Jakow Seldowitsch nicht nur den Effekt der Galaxienhaufen auf den CMB vorher, sondern auch die akustischen Fluktuationen im CMB selbst, die Planck jetzt so detailliert vermessen hat.

Die Planck-Ergebnisse sind für Sunjajew sehr aufregend: "Als wir vor mehr als 40 Jahren unsere Modelle für den CMB entwickelt haben, war das für uns eher ein rein theoretisches Gedankenexperiment. Wir hätten uns nie träumen lassen, dass die Messungen tatsächlich irgendwann so genau werden, dass sie nun sogar zur Entdeckung von Hunderten bisher unbekannter Galaxienhaufen eingesetzt werden können. Ein großartiger Erfolg für Planck."

Die Planck-Wissenschaftler nutzen diese Galaxienhaufen sogar dazu, um die wichtigsten Parameter des Universums zu bestimmen – ein Methode, die so zum ersten Mal auf Daten des CMB angewendet wurde. Das Verfahren ist vollkommen unabhängig von der Bestimmung der kosmologischen Parameter anhand der Form und der Höhe der akustischen Fluktuationen.

MPA / Red.

  • Quellen
Max-Planck-Institut für Astrophysik, 21. März 2013

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