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Exoplaneten-Premieren: Planet gefunden! Thema verfehlt?

Kalt, klein, weit weg - wenn Derartiges irgendwo da draußen um einen nicht einmal sichtbaren Stern kreist, was sollte uns das kümmern? Einiges, schließlich ändert es unser Weltenbild.
Eine Exoplanetenfantasie - ob er so aussieht?
Kennen Sie noch Sergej Bubka? Irgendwann hat der ukrainische Leichtathlet und berühmteste aller Stabhochspringer, trotz außergewöhnlicher Leistungen und Begabung, nur noch eins: genervt. Und zwar, auch irgendwo eine Leistung, wegen seiner ständigen Weltrekorde. Bubka hatte seit den 1980er Jahren insgesamt 35 Mal neue Bestmarken aufgestellt – fast immer strikt scheibchen- und zentimeterweise, um beim nächsten vorhersehbaren Anlauf die nächste vom jeweiligen Wettkampfveranstalter ausgelobte Siegprämie möglichst leicht kassieren zu können. Das war einträglich, legitim und langweilig. Es reduziert Weltrekorde zu ordinär planbaren Massenprodukten. Irgendwann hat sich für Stabhochsprung-Weltrekorde dann keiner mehr interessiert.

Womit wir in die Gegenwart und zum aktuellsten Exoplaneten-Außerweltrekord kommen, den das Wettkampfgericht von Nature am Mittwoch offiziell verlautbarte: Der wieder einmal neueste, kleinste und erdähnlichste aller jemals nachgewiesenen Planeten außerhalb des Sonnensystems heißt OGLE-2005-BLG-390Lb. Er wiegt etwa fünfeinhalb Erden, kreist in zehn Jahren einmal um einen M-Klasse-Stern von wahrscheinlich einem Fünftel Sonnenmasse und ist auf der Oberfläche mit wohl rund minus 220 Grad Celsius recht kalt.

Die Lichtkurve von OGLE-2005-BLG-390Lb | Die Lichtkurve des Microlensing-Ereignisses OGLE-2005-BLG-390 im Vergleich zu einer Modell-Lichtkurve. Auf der abfallenden Flanke ist die durch den Exoplaneten verursachte Abweichung auszumachen. Die Daten der beteiligten Teleskope sind unterschiedlich farbig dargestellt: Eingeflossen sind die Messungen des Danish-1.54-Meter-Spiegels der ESO in La Silla, dem Perth-0,6-Meter in Bickley, West-Australien, dem Canopus 1-Meter in Hobart auf Tasmanien, dem Faulkes-North-2-Meter in Haleakela, Hawaii, dem OGLE-1,3-Meter von Las Campanas in Chile und des MOA-1,8-Meter am Mount-John-Observatorium in Neuseeland.
Das zumindest erwarten die Wissenschaftler, ist er doch von seinem ohnehin nur schwach wärmenden Zentralstern im Sternbild Schütze gut zweieinhalb Mal so weit entfernt wie die Erde von der Sonne. Der Planet könnte überdies aus Eis und Stein bestehen – er ähnelte dann einem unter neptungroßen Riesenpluto –, ist vielleicht aber auch ein tiefgefrorener, gasplanetarer Nachwuchsneptun. Jedenfalls aber unterscheidet sich der neue, grob gemittelt 21 529 Lichtjahre von uns entfernte Rekordhalter deutlich von den anderen rund 170 bislang gefundenen Exoplaneten, die zumeist eher heiße, große, jupiterähnliche Gasriesen sind.

Nicht schlecht. Aber dies werden Sie vielleicht schon so oder so ähnlich gestern oder heute irgendwo gelesen haben: An der Arbeit waren genauso viele universitäre Institute, Sternwarten und astronomische Abteilungen beteiligt wie Sergej Bubka Weltrekorde aufstellte, und alle haben ihren Anteil an der Arbeit mehr oder weniger lautstark an die Öffentlichkeit tragen lassen. Die eigentliche Bedeutung der Veröffentlichung ist dabei allerdings ein wenig in Gefahr geraten, übersehen zu werden – nämlich die Art und Weise, mit der in internationaler Koproduktion der Neufund gelang. Die erfolgreiche Methode der Forscher ist so etwas wie ein verbesserter astronomischer Stabhochsprungstab, mit dem in Zukunft weitere Exoplaneten-Größenrekorde möglich werden könnten.

Das schon 1991 erstmals auch zur entfernten Kleinplaneten-Suche vorgeschlagene Werkzeug, das sich nun als überaus erfolgreich entpuppt, heißt Mikrogravitationslinseneffekt oder kurz Microlensing-Effekt. Hierbei wird eine schon von Einstein veröffentlichte Idee genutzt: Er spekulierte, dass ein Stern, der direkt vor einem anderen auf der Sichtlinie zur Erde steht, das Licht des hinteren bündelt und diesen so heller erscheinen lässt.

Anders als bei durch massereiche Objekte wie ganze Galaxien hervorgerufenen Gravitationslinseneffekten, bewirken einzelne leichtgewichtige Mikrolinsen – wie etwa der Zentralstern von OGLE-2005-BLG-390Lb – nur eine kaum messbare Helligkeitsänderung – ein schwacher Effekt, der den Astronomen um Jean-Philippe Beaulieu vom Institut für Astrophysik in Paris nun dennoch die Berechnung der Bahndaten und Größe des Planeten erlaubte. Der Begleiter des Sterns, der das Hauptmaximum der Lichtkurve beim Microlensing-Ereignis hervorgerufen hatte, verriet sich durch mehrmalige kurze und schwächere Helligkeitsmaxima.

Der Mikrogravitationslinseneffekt verrät auch Planeten | OGLE-2005-BLG-390 heißt eigentlich nur das Mikrolensing-Ereignis – der Planet um den schwachen, vor der Sichtlinie zur Erde Lichtwellen brechenden Stern nennt sich dementsprechend OGLE-2005-BLG-390Lb.
Schon ein Microlensing-Ereignis, das allein durch einen Stern im Vordergrund hervorgerufen wird, ist sehr selten, da die beiden Himmelsköper nicht mehr als eine Millibogensekunde voneinander entfernt sein dürfen. Dass zudem noch ein Planet seinen gravitativen Einfluss geltend macht, macht das endgültig zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen – und so nicht die Messgenauigkeit zur Hauptschwierigkeit bei der Planetenjagd, sondern die Koordination der internationalen Forschergemeinde. Und natürlich ist eine nachträgliche Bestätigung oder Reproduktion der Ergebnisse nicht möglich – die Wahrscheinlichkeit von zwei Mikrolinsenereignissen an ein und demselben Linsenstern innerhalb kurzer Zeiträume geht gegen Null. Alle Astronomen müssen nach dem Einsetzen eines von irgendeiner Stelle bekannt gewordenen Microlensing-Ereignisses ihre Instrumente in die richtige Richtung drehen – bevor der Linsenspuk wieder vorbei ist.

Dies gelang schon zweimal, zuerst vor zwei Jahren – und nun wieder, mit dem bekannten Rekordresultat. Und es wird wieder gelingen und neue Rekorde produzieren, freuen sich die Wissenschaftler. Der Fund von deutlich geringer als jupitergroßen Planeten sollte sich zudem als ziemlich typisch herausstellen, auch in eher zentrumsentfernten Umlaufbahnen. Denn wenn die gängigen Theorien zur Planetenbildung stimmen, dann müssten im Universum mehr kleine Planeten als große Gasriesen existieren.

Bislang aber konnten die Exoplanetenjäger vor allem letztere mit der gängigen auf starke Schwerkrafteffekte abzielenden Doppler-Suchtechnik entdecken. Eine Reihe von sonnennahen und riesigen heißen Jupitern ist mithin bekannt – die Vielzahl der übrigen Planeten war bislang aber nicht nachweisbar. Und: Ein kleiner Planet von irdischer Größe, der in rund 150 Millionen Kilometern um einen sonnenähnlichen Stern kreist – also ein echter Erdzwilling –, kann mit Doppler-Technik nicht, mit der Mikrolinse und etwas Glück vielleicht schon gefunden werden. Bis dahin sind zunächst noch viele neue Rekorde in der Disziplin "kleinster Exoplanet" scheibchenweise zu erwarten. Hoffentlich wird das Warten auf den echten Treffer nicht langweilig.

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