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Planetenlauf im Juli: Der Ringplanet beherrscht die Nacht

Am Morgenhimmel treffen sich Jupiter, Mars und Uranus, während die zweite Nachthälfte Saturn gehört. Am Abend machen sich die Planeten hingegen rar. Nur Merkur lässt sich kurz in der Dämmerung blicken, macht es seinen Fans aber schwer, ihn zu erkennen.
Unser Sonnensystem von der Sonne bis zum Neptun
Mit Ausnahme der Venus sind im Juli 2024 alle Planeten sichtbar – aber nicht bei allen ist das Beobachten einfach.

Merkur setzt seine Ende Juni begonnene, grenzwertige Abendsichtbarkeit bis Mitte Juli fort. Am besten ist er in der ersten Juliwoche zu sehen – allerdings erhebt er sich bei Ende der bürgerlichen Dämmerung (Sonnenstand –6 Grad, gegen 22:15 Uhr MESZ) nur 3,5 Grad über den Nordnordwesthorizont. Mit –0,2 mag scheinbarer Helligkeit ist er außer bei sehr klarem Himmel und mit einem Fernglas kaum zu sehen. Eine Aufsuchhilfe bietet die 1,8 Tage alte Mondsichel am Abend des 7. Juli: Sie befindet sich ungefähr zwei Grad nördlich von Merkur. Wenn er am 22. Juli seine größte östliche Elongation erreicht, ist er bereits nicht mehr wahrnehmbar.

Venus hat am 4. Juni ihre obere Konjunktion passiert. Sie steht am Abendhimmel der Sonne nochmals näher als Merkur. Bis Ende Juni kann sie sich wegen der flach stehenden Ekliptik nicht aus der Dämmerung befreien und bleibt praktisch unsichtbar.

Mars wandert am Morgenhimmel vom Sternbild Widder in den Stier. Am 1. Juli geht er um 02:14 Uhr auf, am 31. bereits eine Stunde früher. Er ist zur Morgendämmerung immer besser zu sehen, auch weil seine scheinbare Helligkeit im Monatslauf von 1,1 auf 0,8 mag leicht zunimmt. Am Monatsende finden wir ihn zu Dämmerungsbeginn gegen 05:00 Uhr bereits in 35 Grad Höhe über dem Osthorizont. Am Morgen des 15. Juli kommt Mars im Goldenen Tor der Ekliptik, also der gedachten Verbindungslinie zwischen den offenen Sternhaufen Plejaden und Hyaden, dem 5,8 mag hellen Uranus bis auf knapp 40 Bogenminuten nahe, was etwas mehr als ein Vollmonddurchmesser ist. Bis zum Ende des Monats nähert er sich ebenfalls dem hellen Jupiter immer mehr an. Im Teleskop hat der Ende Juli weniger als sechs Bogensekunden große Planet noch nicht viel zu bieten. Der Mond passiert Mars vom 30. auf den 31. Juli nördlich.

Jupiter ist im Juli mit –2,1 mag heller Morgenplanet. Er steht im Sternbild Stier, zirka 4,5 Grad nördlich des 0,8 mag hellen Riesensterns Aldebaran (Alpha Tauri). Seine Aufgangszeiten verfrühen sich von 03:15 Uhr am Monatsersten auf 01:37 Uhr am 31. Juli. Ab der zweiten Monatshälfte erreicht er zum Ende der Nacht wieder eine Höhe von mehr als 15 Grad, so dass man einen kurzen teleskopischen Blick auf seine am Äquator 35 Bogensekunden große Planetenscheibe werfen kann. Eine Gelegenheit zum Auftakt der Jupitersaison bietet der Morgen des 24. Juli: Ab etwa 05:00 Uhr kann man während der einsetzenden Dämmerung die Schatten von Io und Europa gemeinsam vor der Jupiterscheibe sehen. Die abnehmende Mondsichel besucht Jupiter am 31. Juli.

Saturn wandert rückläufig durch das Sternbild Wassermann und dominiert die zweite Nachthälfte. Der 0,8 mag helle Planet bietet im Teleskop mit seinem nur zwei Grad geöffneten Ringsystem ein ungewöhnliches Bild: Seine Monde sind entlang der Äquatorlinie aufgereiht und ähneln damit dem Mondsystem Jupiters. Daher kommt es in diesem Jahr auch bei Saturns Monden zu Durchgängen, Schattenwürfen, Verfinsterungen und Bedeckungen. Visuell beobachtbar sind vor allem die Erscheinungen des größten Saturnmonds Titan. Ab Ende Oktober wird man eine Serie von Verfinsterungen und Schattenwürfen dieses Mondes von Europa aus beobachten können – wir werden an dieser Stelle berichten. Zwei Ereignisse sind in diesem Monat für visuelle Beobachter interessant: Am 9. Juli um 01:22 Uhr sowie am 20. Juli um 00:08 Uhr tritt der Mond Dione in den Saturnschatten: Er verschwindet innerhalb von drei Minuten, wobei er sich knapp westlich der Saturnscheibe befindet. Diese selbst misst ungefähr 18 Bogensekunden. Saturn geht am 1. Juli um 00:32 Uhr auf. Am 31. erscheint er bereits um 22:33 Uhr und kulminiert gegen 04:00 Uhr, kurz vor Beginn der Dämmerung in 33 Grad Höhe. Der abnehmende Mond begegnet Saturn am 25. Juli.

Mond trifft Saturn | Gegen Ende des Monats treffen der abnehmende Mond und Saturn aufeinander. Letzterer bietet mit seinem aus unserem Blickwinkel kaum geöffneten Ringsystem einen interessanten Anblick.

Uranus finden wir im Sternbild Stier, zirka 5,5 Grad südwestlich des Sternhaufens der Plejaden (Messier 45). Der 5,8 mag helle Planet steht damit am Morgenhimmel, wo er am 15. Juli dem hellen Mars begegnet. Unter dunklem Himmel ist Uranus gerade eben mit bloßem Auge als »Stern« zu sehen, und zwar nach einem Drittel der Verbindungslinie von den Plejaden zu Zeta und Omikron Tauri (3,7 beziehungsweise 3,6 mag). Im Teleskop erscheint Uranus bei hoher Vergrößerung und ruhiger Luft als 3,5 Bogensekunden großes Scheibchen mit deutlich grüner Farbe. Zum Monatsende erreicht der Planet vor Dämmerungsbeginn bereits eine Höhe von über 30 Grad.

Neptun kehrt am 2. Juli im Sternbild Fische seine Bewegungsrichtung auf rückläufig, also westwärts um. Er ist Planet der zweiten Nachthälfte: Der nur 7,8 mag helle Planet geht am Monatsanfang um 00:46 Uhr, am 31. Juli um 22:44 Uhr auf. Man findet ihn beziehungsweise sein 2,3 Bogensekunden großes Planetenscheibchen mit dem Teleskop etwa auf der Hälfte der Verbindungslinie zwischen Lambda Piscium (4,6 mag) und Iota Ceti (3,6 mag, Deneb Kaitos) im Sternbild Walfisch.

  • Kurz erklärt
    Was ist eine Bogenminute? Wann spricht man von einer Konjunktion? Und wie gibt man die Helligkeit von Sternen an? Ein kleiner Überblick über die wichtigsten astronomischen Begriffe.
  • Bogenminute
    Die Bogenminute ist eine Einheit, um die Größe von Winkeln im Gradmaß anzugeben. Ein Winkelgrad hat 60 Bogenminuten und die Bogenminute 60 Bogensekunden. Entsprechend ergeben 3600 Bogensekunden genau ein Grad.
  • Ekliptik
    Die scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel. Sie ist der Schnitt der Erdbahnebene, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelssphäre. Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene, den Schnitt des Erdäquators mit der Himmelssphäre, um 23,5 Grad geneigt.
  • Elongation
    Winkelabstand zwischen der Sonne und einem Planeten oder dem Mond. Befindet sich ein Planet in östlicher Elongation, geht er abends nach der Sonne unter, bei westlicher Elongation geht er morgens vor der Sonne auf. Eine Elongation von 0 Grad heißt Konjunktion und von 180 Grad Opposition.
  • Helligkeit (mag)
    Historisch bedingt unterschied man die Helligkeiten zunächst in sechs Größenklassen. Der erste Detektor war das menschliche Auge, das für astronomische Beobachtungen sicherlich nicht voll ausgereift ist. Die hellsten Sterne definierte man als Sterne 1. Größe (1 mag), die lichtschwächsten, gerade noch mit dem Auge sichtbaren als Sterne 6. Größe (6 mag).
  • Konjunktion
    Gleichschein, Stellung eines Planeten, bei der die Sonne in der Verbindungslinie Erde–Planet steht. Bei den Planeten Merkur und Venus kommt es zu einer oberen Konjunktion, wenn die Sonne zwischen der Erde und dem Planeten steht, und zu einer unteren Konjunktion¸ wenn der Planet zwischen Erde und Sonne steht.
  • Kulmination
    Durchgang eines Gestirns durch den Meridian. Man unterscheidet zwischen der oberen Kulmination (größte Höhe über dem Horizont) und der unteren Kulmination (größte Höhe unter dem Horizont). Nur bei den Zirkumpolarsternen befinden sich oberer und unterer Kulminationspunkt über dem Horizont.
  • Meridian
    Mittagskreis, im horizontalen Koordinatensystem der Großkreis an der Himmelssphäre, der sowohl durch Zenit und Nadir als auch durch die beiden Himmelspole verläuft und den Horizont im Süd- und im Nordpunkt schneidet.
  • Opposition
    Gegenschein, Winkelstellung zweier Planeten zueinander oder auch zu Sonne und Mond, bei der sich die ekliptikale Länge der beiden Gestirne um 180 Grad unterscheidet. Am häufigsten für den Fall gebraucht, dass Sonne–Erde und einer der äußeren Planeten auf einer Linie liegen.
  • Seeing
    Das durch die Luftunruhe der Atmosphäre hervorgerufene Flackern der Sterne.

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