Sprache: Plappernder Roboter
Wie schaffen es Kleinkinder, Wörter zu lernen, ohne überhaupt zu wissen, was ein Wort ist? Dieser Frage gehen jetzt Forscher um Caroline Lyon mit der Hilfe eines humanoiden Roboters nach. Dazu instruierten sie Versuchsteilnehmer, so mit ihrem Roboter DeeChee zu reden, wie sie sich mit einem plappernden Kleinkind unterhalten würden.
Dabei zeigte sich, dass der Roboter durchaus innerhalb weniger Minuten auffällige Einsilbenwörter aufschnappen und wiedergeben kann. Nach der Bedeutung dieser Wörter zu suchen, war allerdings nicht Teil seiner Programmierung.
Bei der Entwicklung der Robotersoftware versuchten die Wissenschaftler der University of Hertfordshire, so wenige Vorannahmen wie möglich zu machen. Lediglich die aufgezeichneten Äußerungen der Versuchspersonen wurden von einem Spracherkennungsprogramm in Lauteinheiten (Phoneme) zerlegt und dem Computer als Abfolge solcher Einheiten vorgelegt. Diese segmentierte DeeChee in alle theoretisch möglichen Silbenkombinationen – genau wie ein Kind, das nicht weiß, wo ein Wort aufhört und das andere anfängt. Gleichzeitig erfasste der Computer die Häufigkeitsverteilung dieser Silben.
Nach jedem Durchgang plapperte DeeChee Auszüge aus seiner Silbenliste vor, wobei er sich an deren Häufigkeiten orientierte. Dadurch, dass ihm besonders informationsreiche Wörter wie "blue", "red", "green", "box" oder "circle" häufiger unterkamen, eine geringe Varianzbreite in der Aussprache aufwiesen und noch dazu tendenziell deutlicher ausgesprochen wurden, wiederholte er bevorzugt diese Wörter.
Nun kam ein weiterer Mechanismus zum Tragen: Die Versuchsteilnehmer wurden angewiesen, den Roboter zu loben, sobald sie eins der einsilbigen Wörter wiedererkannten. Das wiederum verstärkte die Abspeicherung der betreffenden Silbe in DeeChees internem Wörterbuch. In den knapp fünfminütigen Sitzungen lernte er auf diese Weise ein bis zwei Wörter.
Forscher gehen davon aus, dass das Erkennen solcher statistischen Regelmäßigkeiten ein wesentlicher Faktor im Spracherwerb ist. Allerdings dürften Kinder noch deutlich mehr Anhaltspunkte nutzen, um den Lautstrom eines Erwachsenen in sinnvolle Einheiten zu zerlegen – der so genannte Baby Talk, also die eigenartige, an Kinder gerichtete Sprechweise, ist mit ihren übertriebenen Intonationskurven und vielen Wiederholungen geradezu dafür gemacht, dem Kleinkind subtile Hinweise auf wichtige Satzteile zu geben.
Das Experiment mit DeeChee simuliert immerhin die oft sehr chaotische Interaktion zwischen Kind und Erwachsenem realistischer als die meisten seiner Vorgänger. Wie Lyon und Kollegen berichten, hätten fast alle Versuchsteilnehmer das Gefühl gehabt, tatsächlich mit dem Roboter zu kommunizieren.
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