Umweltverschmutzung: Plastikstrudel im Pazifik wird noch größer
Im großen Müllstrudel des Pazifiks, dem "Great Pacific Garbage Patch" zwischen Kalifornien und Hawaii, treiben bekanntermaßen Unmengen von Plastikpartikeln herum. Tatsächlich ist das Problem aber womöglich rund 16-mal größer als gedacht, rechnen Ozeanforscher nun nach Langzeitauswertungen vor. In ihrer in "Scientific Reports" veröffentlichten Studie kommen Laurent Lebreton von der Ocean Cleanup Foundation in Delft und seine Kollegen auf eine Gesamtmenge von etwa 79 000 Tonnen Plastikmüll allein im nördlichen Pazifikstrudel. Dabei ist dieser nur der bekannteste der verschiedenen Plastikmüllstrudel in allen Weltmeeren.
Insgesamt besteht der Müll im Pazifikstrudel zu rund 99,9 Prozent aus Plastik, so Lebreton und Kollegen nach ihrer Auswertung, für die sie auf Daten von 18 Schiffen zurückgriffen, die insgesamt 652 Probensammelaktionen durchgeführt hatten. Dabei bewerteten die Forscher mit Luftaufnahmen der Fahrzeuge in Aktion auch die größeren, sichtbaren Müllansammlungen in der Umgebung der Probensammler und ließen dies in die Gesamtanalyse einfließen, was die Bewertung genauer macht – und die berechnete Gesamtmenge nach oben korrigiert. Vielleicht stieg die Plastikmenge aber seit den Messungen vergangener Jahre aber durch Einzelereignisse wie den Tohoku-Tsunami 2011 auch tatsächlich deutlich an, spekulieren die Forscher.
Eine halbwegs exakte Berechnung der Plastikmenge im Meer ist notorisch schwierig – allein schon, weil nicht genug Proben aus unterschiedlichen Regionen und Wassertiefen oder dem Meeresboden vorliegen. Daher ist es noch problematischer abzuschätzen, wie die Plastikflut im Meer sich über die Zeit hinweg entwickelt hat. Nach den neuen Auswertungen von Plastikfunden unterschiedlicher Größe vermuten die Wissenschaftler allerdings, dass gerade die weniger auffälligen Mikroplastikabfälle noch weit unterschätzt wurden: Die Gesamtmenge dieser unter fünf Millimeter großen Partikel steigt seit Jahrzehnten demnach "dramatisch schnell an", so die Forscher. 1970 fanden sich rund 0,4 kg unter einem Quadratkilometer Wasserfläche, 2015 waren es 1,23 Kilogramm. Große Stücke – etwa Reste von Bojen, Seilen, Netzen, Eimern, Flaschen und Tüten – machen zwar rund 92 Prozent des Gewichts aus, sie zerfallen jedoch in der Dünung und UV-Einstrahlung nach und nach. Daher gehören etwa 94 Prozent aller gezählten Plastikteile und -teilchen zur Masse der fein verteilten kleineren Mikro- und Nanoplastikpartikel, die nicht nur aus Zersetzungsprozessen stammen, sondern sich in großer Zahl etwa als Mikrokügelchenzusatz in Kosmetikprodukten, Kleidung und allerlei anderen Industrieprodukten finden, die vom Land über Flüsse ins Meer geschwemmt werden.
Tatsächlich scheint auch die Kunststoffsorte darüber mitzubestimmen, ob und in welcher Menge der Müll im Strudel landet, vermuten die Forscher: Gerade typische Verpackungsmaterialien aus Polypropylen oder Polyethylen sorgen für genug Auftrieb um lange mit den Meeresströmungen zu wandern, die am Ende in den Strudel münden. Größere Objekte können dabei auch Jahrzehnte herumtreiben. Bei 50 aus dem Strudel gefischten Objekten mit einem ermittelbaren Herstellungsdatum stammten eines aus den 1970er Jahren, sieben aus den 1980ern, 17 aus den 1990ern und 24 aus den 2000er Jahren.
Neben dem vergleichsweise gut erforschten großen Müllstrudel im Nordpazifik existieren auch im Atlantik, Südpazifik und Indischen Ozean Meeresströmungsfallen, in denen Plastikabfälle von den Küsten und aus der Schifffahrt jahrelang kreisen können – wenn sie nicht zwischenzeitlich an ungünstig in den Strömungen gelegenen Inseln wie der Henderson-Insel anlanden. Große Mengen des globalen Plastikmülls verschwinden allerdings auch zerrieben in der Tiefsee, wo sie schließlich in die Nahrungskette gelangen. Bisher existieren nur allerlei schwer umsetzbare Zukunftsszenarien darüber, wie man die Abfälle aus dem Meer fischen und sicher entsorgen könnte.
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