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Plattentektonik: Der Atlantik könnte »bald« wieder schrumpfen

Noch wächst der Atlantik und entfernt sich Amerika von Europa und Afrika. Doch eine Subduktionszone unter der Straße von Gibraltar kehrt diesen Prozess in wenigen Millionen Jahren womöglich um.
Satellitenbild der Erde, das den Atlantik in tiefem Blau zwischen den Kontinenten Nord- und Südamerika sowie Afrika und Europa zeigt
Noch wächst der Atlantik und entfernen sich die Kontinente an seinen Rändern voneinander.

Vor etwa 180 Millionen Jahren begann die Geburt des Atlantiks, als der Superkontinent Pangäa anfing zu zerbrechen. Seit dem weitet sich der Ozean dank seines mittelozeanischen Rückens auf, der vom Gakkelrücken im Arktischen Ozean bis zur Bouvetinsel im Südpolarmeer reicht und Amerika jedes Jahr um durchschnittlich 2,5 Zentimeter von Eurasien und Afrika entfernt. Die längste Phase seines Wachstums hat der Atlantik aber womöglich schon hinter sich, deutet eine Studie von João Duarte von der Universität Lissabon und seinem Team in »Geology« an: In der geologisch nahen Zukunft von 20 Millionen Jahren könnte das Meeresbecken bereits wieder schrumpfen, so die Wissenschaftler.

Duarte hatte schon 2019 beschrieben, dass sich vor der Küste Portugals eine neue Subduktionszone bilden könnte – die Voraussetzung dafür, dass der Atlantik wieder schrumpft, da hier ozeanische Kruste in die Tiefe gezogen würde. Begünstigt würde diese Entwicklung durch eine vorhandene Subduktionszone, die sich gegenwärtig unterhalb der Straße von Gibraltar befindet und die aus dem Mittelmeer in den Atlantik übergreifen werde: ein Prozess, der als Subduktionszoneninvasion bezeichnet wird.

Zwar gehen bislang nur wenige Geologen davon aus, dass die Subduktionszone von Gibraltar noch aktiv ist, weil sie sich in den letzten Millionen Jahren deutlich verlangsamt hat. Doch die neue Studie von Duarte und Co zeigt, wie sie wieder aktiviert werden kann und wie eine solche direkte Invasion stattfindet. Dazu setzte die Arbeitsgruppe auf ein schwerkraftgetriebenes geodynamisches Modell, das die Entwicklung des westlichen Mittelmeers nachbildet: von der Bildung des Gibraltar-Tiefseebogens bis zu seiner Zukunft, in der er sich nach einer Phase der Ruhe in den Atlantik ausweitet. Dort wird er zur Bildung eines atlantischen Subduktionssystems beitragen, das die Forscher als atlantischen Feuerring bezeichnen – in Anlehnung an das Pendant im Pazifik, an dessen Rändern sehr aktive Subduktion mit all ihren Folgen stattfindet. Mit dem Tiefseegraben vor der portugiesischen Küste begänne dort das Recycling ozeanischer Kruste im Erdinnern.

Zwei weitere kleine Subduktionszonen im Atlantik befinden sich auf dessen Westseite: bei den Kleinen Antillen in der Karibik und beim Scotia Arc in der Nähe der Antarktis. Diese Subduktionszonen sind jedoch schon vor mehreren Millionen Jahren im Atlantik entstanden, während die Beobachtung des Gibraltar-Bogens zeigen kann, wie die Frühphase eines derartigen Prozesses aussieht. Es handelt sich dabei um einen wichtigen Teil des so genannten Wilson-Zyklus, der die Entwicklungen von Ozeanen von ihrem Beginn bis zum Ende beschreibt.

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