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News: Plattwürmer für Froschmißbildung verantwortlich

Frösche mit drei Beinen und anderen Entstellungen wurden in den letzten Jahren immer häufiger entdeckt. Viele sahen in ihnen Vorboten einer größeren Umweltkatastrophe. Doch nicht immer sind Umweltgifte oder Ozonlöcher verantwortlich zu machen. Es liegen nun Beweise vor, daß zumindest einige der bizarren Mißbildungen das Werk des Parasiten Riberoria trematodes ist, der die Frösche auf ganz natürliche Weise infiziert.
Mitte der neunziger Jahre entdeckte eine Gruppe Schulkinder in Minnesota eine verblüffend große Zahl an Fröschen mit mißgebildeten Gliedmaßen. Die Bilder der Amphibien gingen um die Welt und entfachten Spekulationen über die Ursache. Zu den prominentesten zählten zum einen durch UV-Licht verursachte DNA-Schäden an Froschembryos. Damit wäre das Ozonloch verantwortlich gewesen für die Mißbildungen. Als weitere Kandidaten galten Pestizide – insbesonders sogenannte Retinoide. Diese sorgen in Amphibien, die verlorene Gliedmaßen neu bilden können, für einiges Durcheinander. Die nachwachsenden Extremitäten enstehen in den Tieren aus einer sogenannten Arm- oder Beinknopse. Retinoide sind nun in der Lage, die genetische Information an der Stelle der Knospe durcheinanderbringen. Dann kann sich schon einmal ein Bein mehr bilden, als ursprünglich geplant. Jetzt liefern jedoch zwei Studien in der Science-Ausgabe vom 30. April 1999 Hinweise dafür, daß die Ursache für die Mißbildungen im Befall mit parasitären Plattwürmern zu sehen ist.

1987 stellte Stanley Sessions mit seinen Kollegen den kleinen Parasiten Riberoria trematodes vor. Das Kleintier gräbt sich in die Hinterläufe von Kaulquappen, ordnet dort die Knospenzellen neu und stört dadurch die Entwicklung der Gliedmaßen. "Als wenn man die Knospenzellen mit einem Schneebesen verrührt", sagte Sessions. Damit gab es einen weiteren Kandidaten für die Froschmißbildungen. Jetzt hieß es zu entscheiden: Trematoden oder Renitoide? Frühere Laborergebnisse zeigten, daß sich die Art der Mißbildung, die durch Parasiten verursacht ist, von derjenigen unterscheidet, die auf der Wirkung von Chemikalien beruht.

Retinoide stellen eine Extremitätenknospe förmlich auf den Kopf. Dann wachsen Zellen, die sich normalerweise am Ende der Gliedmaßen entwickeln, plötzlich in Rumpfnähe. Und Zellen, die eigentlich am Ansatz wachsen sollten, bilden sich an der Spitze. Dies führt zu einem charakteristischen Muster, das sich von dem unterscheidet, welches bei einer Trematoden-Infektionen entsteht. In diesem Fall sprießen zwei oder drei richtig angeordnete Gliedmaßen aus einer Extremitätenknospe – jede eine Kopie der neben ihr liegenden.

Mit diesen Laborergebnissen im Gepäck untersuchte Sessions nun fünf Froscharten aus zwölf unterschiedlichen Orten in Kalifornien, Oregon, Arizona und New York. Seine Gruppe fand keine der Mißbildungsformen, die das eindeutige Merkmal von Retinoiden sind. Dagegen wurden viele Entstellungen entdeckt, die charakteristisch für eine Parasiten-Infektion sind.

Während Sessions Team Frösche aus Teichen im ganzen Land sammelte, stützte eine weitere Gruppe von Wissenschaftlern die Trematoden-Theorie zu Hause im Labor. Pieter Johnson und seine Kollegen von der Stanford University setzten Kaulquappen unter sorgfältig kontrollierten Bedingungen den Parasiten aus. Die Kaulquappen entwickelten sich zu Fröschen mit mißgebildeten Hinterbeinen, die den mißgebildeten Fröschen aus der freien Natur stark ähnelten. Im Gegensatz dazu zeigten die Kaulquappen, die den Parasiten nicht ausgesetzt waren, keine Mißbildungen. "Es funktionierte viel besser, als ich erwartet habe", sagte Johnson. "Wir fanden sehr viele Mißbildungen – sogar unter Bedingungen mit geringer Parasitendichte."

Die beiden Berichte legen die Sorge der Wissenschaftler über Amphibien allerdings nicht bei. Andere Arten von Froschmißbildungen werden gemeldet, einschließlich mißgebildeter Augen, die von etwas anderem als Parasiten verursacht sein könnten. Tatsächlich sind mehrfache Gliedmaßen nicht einmal die häufigste Art der Mißbildung – obwohl sicherlich die auffälligste.

Johnson und Sessions sind beide überzeugt, daß die Parasiten die Mißbildungen der Frösche als Teil ihres eigenen Fortpflanzungszyklus nutzen könnten. Nachdem sie in Teichwasser geschlüpft sind, infizieren die noch nicht ausgewachsenen Trematoden Wasserschnecken. Die Parasiten vermehren sich ungeschlechtlich in ihren Wirten, wobei ihre Anzahl oftmals so stark ansteigt, daß die Schnecke stirbt. Zurück im Wasser graben sich die Trematodenlarven dann in die Hinterläufe von Kaulquappen ein. Werden die ausgewachsenen Frösche dann Opfer von Wasservögeln, haben die Parasiten einen dritten Wirt gefunden, in dem sie sich nun geschlechtlich vermehren. Schließlich gelangen die Trematoden-Eier über den Kot der Vögel erneut in einen Teich und der Zyklus beginnt von vorne. Weil nun mißgebildete Frösche viel öfter von Vögeln gefressen werden als normale, könnte die Entstellung eine entscheidende Rolle in der Fortpflanzungsstrategie der Parasiten spielen.

Also ein Freispruch für den Menschen und seine Eingriffe in die Natur? Bevor die Wissenschaftler Schlußfolgerungen über die Einflüsse von Menschen ziehen können, ist weitere Forschung erforderlich. Dabei wird man sich den Schwankungen in der Trematoden-Populationen widmen. Zum Beispiel könnten Düngemittel Teiche mit zusätzlichen Nährstoffen versorgen, welche die Populationen der Wasserschnecken ansteigen läßt.

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