Unterwasserantrieb: Plesiosaurier paddelten anders als alle anderen
Die Plesiosaurier waren eine bis zum Ende der Kreidezeit ungemein erfolgreiche Reptiliengruppe im Süß- und Meerwasser, unterschieden sich dabei untereinander aber recht deutlich: Es gab langhalsige, bis zu zwölf Meter lange Meermonster wie Elasmosaurus sowie die eher kurzhalsigen und kleineren Pliosauria. Eines aber hatten alle gemeinsam: Sie verfügten über vier gleichförmige, paddelartig gestaltete Extremitäten, die sich offensichtlich zur Fortbewegung unter Wasser derart bewährt hatten, dass sie sich über mindestens 100 Millionen Jahre Evolution der Gruppe kaum veränderten. Seit vielen Jahrzehnten fragen sich Zoologen allerdings, wie die Tiere diese bei keiner anderen Tiergruppe so gestalteten Paddelbeine eigentlich eingesetzt haben. Nun liefert ein Forscherteam mit der Hilfe von versenkten Plesiosauriermodellen hoffentlich endgültige Antworten.
Das Team um Bharathram Ganapathisubramani von der University of Southampton beschreibt in den "Proceedings of the Royal Society B" zunächst die seit Expertengenerationen diskutierten Eckpunkte der Kontroverse: Sie drehte sich zunächst vor allem um die Frage, ob die Tiere mit den Extremitäten voranruderten (etwa wie Enten) oder auf ihnen eher wie auf Tragflächen eine Art Unterwasserflug praktizierten (etwa wie Pinguine und Meeresschildkröten). Beides kann aber nicht ganz stimmen: So benutzen Pinguine die vorderen Extremitäten im Wasser als Flügel und die hinteren als antreibende Ruder, und auch Schildkröten verteilen Navigations- und Antriebsaufgaben auf ihre Vorder- und Hinterextremitäten. Bei den Plesiosauriern waren dagegen eben alle vier Paddel gleichförmig tragflügeloid gestaltet – und eine auf Vortrieb spezialisierte Antriebseinheit fehlt scheinbar. Als typische Ruderflossen hätten die vier Paddel aber in ihrer Gestalt auch nicht dienen können; zudem waren die Muskelpartien nicht so gestaltet, dass Plesiosaurier wirklich effizient hätten voranrudern können.
Die Modellsimulation von Ganapathisubramani und Co – bei der sie Nachbildungen fossiler Plesiosaurierpaddel in einer Laborschwimmarena analysierten – macht nun deutlicher, dass die vier Paddel stets gemeinsam und wohl auf eine sehr eigene, aber koordinierte Art zusammengewirkt haben. Tatsächlich erhöhte ein wohlkoordinierter Beinschlag die Effizienz deutlich: Die Hinterextremitäten produzierten 60 Prozent mehr Schub, wenn sie sich nicht allein, sondern mit den vorderen Pendants gemeinsam bewegten.
Dabei kommt es jedoch sehr auf den Abstand der Flossen und ihren relativen räumlichen Bezug zueinander an: Ein falscher Schlag lässt das hydrodynamische System sofort zusammenbrechen. Die Tiere waren aber wohl in der Lage, die koordinierte Wirkung in allen möglichen Lagen und Schwimmsituationen aufrechtzuerhalten – doch wahrscheinlich immer nur für eine begrenzte Anzahl harmonischer Zyklen, nach denen die Tiere dann wohl zunächst nur voranglitten, ohne die Flossen zu bewegen. Zudem hat sich das Muster der Paddelschläge vermutlich von Art zu Art unterschieden, weil die harmonische Koordination vom Abstand zwischen Hinter- und Vorderflossen abhing. Insgesamt, so die Wissenschaftler abschließend, gab es demnach weder nur ein typisches optimales Bewegungsmuster für alle Plesiosaurier – und auch nicht eines, das für eine einzelne Flosse eines einzelnen Tiers stets monoton gleich blieb. Diese Komplexität dürfte dazu geführt haben, dass sich die Gemeinde der Plesiosaurierforscher bislang nie über die Art der Fortbewegung einig werden konnte.
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