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News: Plutonium auf Schleichfahrt

Bei der Herstellung von Nuklearwaffen, bei Atombombentests sowie bei Störfällen in Kernkraftwerken wurden in der Vergangenheit deutlich nachweisbare Mengen des Elementes Plutonium in die Umwelt abgegeben. Und gegenwärtig erforschen viele Länder die Möglichkeiten einer unterirdischen Lagerung ihres Atommülls. Doch die langgehegte Annahme, daß das Risiko einer Verunreinigung der Umwelt mit Plutonium aufgrund der schlechten Löslichkeit des Metalls gering sei, scheint sich nicht zu bestätigen. Im Huckepackverfahren transportieren Bodenteilchen die tödliche Fracht über weit größere Strecken als bislang angenommen.
Über 800 unterirdische Kernwaffentests hat das amerikanische Militär zwischen 1956 und 1992 in Nevada durchgeführt und dabei große Mengen radioaktiven Materials freigesetzt. Annie Kersting und ihre Kollegen vom Lawrence Livermore National Laboratory haben sich auf die Suche nach den Spuren der Versuche gemacht. Mit modernster Technik gruben sie mehrere Hundert Meter tiefe Brunnen aus und pumpten das Grundwasser zur Analyse in riesige Wassertanks. Ihren Ergebnissen zufolge läßt sich das Schicksal des Plutoniums und anderer radioaktiver Elemente nicht so einfach vorhersagen, wie bei den gängigen Verteilungsmodellen vorausgesetzt wird (Nature vom 7. Januar 1999).

Dank einer umfassenden Auflistung darüber, wo auf dem Gelände welche Stoffe abgeladen wurden, konnte Kerstings Team den Herkunftsort einer jeden Verunreinigung bestimmen. An Plutonium fanden sie etwa eine Picocurie pro Liter Wasser. Die größte Aktivität war dabei an Teilchen mit mehr als einem Mikrometer Durchmesser gebunden. Unter dem Elektronenmikroskop entpuppten diese sich als Klümpchen aus Ton und winzigen Steinen. Das Verhältnis der Isotope entsprach in einem Fall exakt der Zusammenstellung, die bei einer Explosion freigesetzt wurde, die in 1,3 Kilometern Entfernung stattgefunden hatte. Das Plutonium war offensichtlich eingeschlossen in die Tonkügelchen über eine so weite Strecke gelangt.

Den Transport als Kolloid haben Wissenschaftler bei der Planung von atomaren Endlagern in den USA aber nicht berücksichtigt, sagt Kersting. "Modelle, die entweder einen begrenzten Transport vorhersagen oder denen zufolge kein durch Kolloide ermöglichter Transport stattfindet, könnten demnach das Ausmaß der Wanderungen von Radionukliden deutlich unterschätzen."

Bruce Honeyman von der Colorado School of Mines ist dagegen zurückhaltender. Seiner Meinung nach sind die Eigenschaften der Kolloidmaterialien selbst – ihre geringe Löslichkeit in Wasser und ihre ausgesprochene Reaktionsfreude – dafür verantwortlich, daß nur geringe Mengen der kontaminierenden Stoffe transportiert werden. Die Kolloide sind also nicht nur das Mittel, sondern zugleich auch die Beschränkung.

Dennoch besteht kein Zweifel darüber, daß die Erkenntnisse von Kerstings Gruppe in der Diskussion um die Lagerung von atomaren Abfällen eine wichtige Rolle spielen werden.

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