Niob Bergbau: Politik bedroht unberührte Amazonasgebiete
Es ist in Flugzeugteilen und Autos, Satelliten, Atombomben und Piercings – doch weltweit kommt das Metall Niob nur in wenigen ausbeutbaren Lagerstätten vor. Und etwa 90 Prozent des Metalls kommen aus Brasilien. Dort bedroht eine ökonomische Nutzung des begehrten Veredelungsstoffs jetzt nahezu ungeschädigte Wälder im Nordwesten des Landes, berichten Juliana Siqueira-Gay und Luis Sánchez von der University of São Paulo. Die Gefahr ist ihrer Ansicht nach vor allem, dass die brasilianische Regierung um Präsident Jair Bolsonaro den Bergbau im unberührten Wald als Symbol für die wirtschaftliche Erschließung des Amazonasgebiets vorantreibt.
Wie sie in »Environmental Science & Policy« berichten, haben brasilianische Politiker bereits zwei Lagerstätten nahe dem Rio Negro als zukünftige Minen benannt. Beide liegen im Becken des Rio Negro, in dem 23 indigene Völker leben, eins der Vorkommen sogar im Naturschutzgebiet Seis Lagos. Die Vorkommen auszubeuten, würde erheblichen Waldverlust bedeuten, mit weiteren Folgen für Bevölkerung und Ökosysteme, schreiben Siqueira-Gay und Sánchez in der Veröffentlichung.
Der entlegene Nordwesten des brasilianischen Amazonas ist von Entwaldung bisher noch relativ wenig betroffen. Mehrere Nationalparks und indigene Schutzgebiete liegen in der Region um Brasiliens höchsten Berg, den 2995 Meter hohen Pico da Neblina. Siqueira-Gay und Sánchez untersuchten für ihre Studie verschiedene Szenarien, um die Folgen eines Abbaus in der Region zu erfassen. Da das Niob in einem offenen Tagebau gefördert würde, wären demnach erhebliche Waldverluste nicht nur am Bergwerk selbst, sondern auch durch Erschließungsmaßnahmen und neue Ansiedlungen kaum zu vermeiden. Ein weiteres Problem derartiger Projekte sind giftige Schwermetalle und sogar Sturzfluten durch Bergbauschlämme. Dabei sei es aus wirtschaftlicher Sicht nicht einmal sinnvoll, die Vorkommen zu erschließen, da Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt für Niob im Gleichgewicht seien. Die Gefahr kommt nach Ansicht von Siqueira-Gay und Sánchez vor allem von der Symbolpolitik der Regierung Bolsonaro.
»Es ist vorstellbar, dass aus politischem Wollen heraus eine Erzählung konstruiert wird, nach der es im nationalen Interesse sei, die Region für den Bergbau zu öffnen«, schreiben sie in der Veröffentlichung. Das könnte Subventionen und Infrastruktur-Investitionen den Weg ebnen, warnen sie. Die brasilianische Regierung um Präsident Jair Bolsonaro beabsichtigt, das Amazonasbecken zu erschließen und zu industrialisieren. Die ungewöhnlich schweren Brände im Jahr 2019 waren eine Folge dieser Politik.
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