Erdmagnetfeld: Polsprung dauerte länger als gedacht
Die letzte Umkehrung des Erdmagnetfelds vor etwa 770 000 Jahren vollzog sich überraschend langsam – sie dauerte mit 22 000 Jahren mehr als doppelt so lang, wie andere Studien darlegen. Wie ein Team um Brad S. Singer von der University of Wisconsin-Madison in »Science Advances« schreibt, dauerte die eigentliche Umkehr zwar nur 4000 Jahre, die Phase der Instabilität zuvor dauerte jedoch 18 000 Jahre. Die Arbeitsgruppe untersuchte für ihre Analyse nicht nur Proben von einem Ort, sondern aus Lavaströmen in Chile, Tahiti, Hawaii, der Karibik und auf den Kanarischen Inseln, und bestimmte sowohl die Magnetisierung als auch hochpräzise das jeweilige Alter. Dabei zeigte sich, dass die Feldumkehr nicht nur sehr lange dauerte, sondern auch chaotisch ablief – so fanden vor dem eigentlichen Ereignis zwei kurzfristige Feldumkehrungen statt, die jedoch nicht von Dauer waren.
Der als Brunhes-Matuyama-Feldumkehr bezeichnete letzte Polsprung ist zwar der bei Weitem am besten erforschte, aber wie lange das Ereignis dauerte, wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Das liegt unter anderem daran, dass die Daten von einzelnen Orten widersprüchlich sind: Wenn das Magnetfeld an einem Ort längst umgekehrt ist, kann es anderswo noch völlig chaotisch sein. Zusätzlich kommen die meisten Daten aus Meeressedimenten, die oft von grabenden Tieren durchmischt werden und eine schlechte zeitliche Auflösung böten, schreibt das Team. Dagegen seien die magnetischen Daten aus Lavaströmen sowohl unempfindlicher als auch definitiv von einem einzelnen, prinzipiell bestimmbaren Zeitpunkt. Deswegen hält die Arbeitsgruppe ihre Analysen für aussagekräftiger. Zusätzlich verweist Singers Team auf Computermodelle des Geodynamos, in denen sich ebenfalls eine sehr lange, komplexe Phase der Instabilität zeigte. Laut den Daten dürfte trotz der aktuellen Unruhe im Erdmagnetfeld die nächste Umkehrung noch sehr lange auf sich warten lassen.
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