Supraleitung: Positiver Untermieter
Enorme Energieeinsparungen winken, ließen sich Transformatoren oder Kabel aus Supraleitern herstellen. Ein Erdalkalimetall könnte den Weg dorthin weisen.
Nach Angaben des Verbands der Elektrizitätswirtschaft verbraucht Deutschland derzeit gut 600 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr. Gut ein Fünftel der Energie benötigen die Erzeuger selbst. Darin fließen Einbußen ein, die bei der Übertragung des Stroms von den Kraftwerken zum Verbraucher entstehen.
Gewaltige Mengen an Energie ließen sich einsparen, verringerten sich diese Verluste. Ein großer Hoffnungsträger ist die Supraleitung. Einige Materialien verlieren unterhalb einer von Substanz zu Substanz unterschiedlichen Temperatur jeglichen elektrischen Widerstand und transportieren Ladungsträger dann verlustfrei. Dieser nur quantenmechanisch erklärbare Effekt wurde bereits 1911 vom Niederländer Heike Kamerlingh Onnes bei Temperaturen unterhalb von 4,2 Kelvin an Quecksilber entdeckt.
Eine Theorie dazu formulierten die drei US-amerikanischen Physiker John Bardeen, Leon N. Cooper und John R. Schrieffer jedoch erst im Jahre 957. Für ihre BCS-Theorie – benannt nach den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen – erhielten sie im Jahr 1972 den Nobelpreis für Physik.
Mittlerweile sind viele derartig supraleitende Substanzen bekannt. Da sie jedoch extrem tiefe Temperaturen benötigen, um den perfekt leitenden Zustand anzunehmen, kamen sie – bis auf einige wenige exotische Anwendungen – für den technischen Gebrauch kaum infrage. Schließlich benötigt die Kühlung ihrerseits Energie, was viele technische Anwendungen ineffizient macht.
Ein Hoffnungsschimmer kam auf, als der deutsche Physiker Johannes Georg Bednorz zusammen mit dem Schweizer Karl Alex Müller im Jahre 1986 in den Züricher Forschungslaboratorien von IBM eine neue Klasse von Supraleitern entdeckten, die bereits bei weit höheren Temperaturen perfekt leiten. Dafür heimsten sie schon ein Jahr später den Physik-Nobelpreis ein. Der Supraleiter, den das deutsch-schweizerische Duo entdeckte, war eine Art Keramik aus den Elementen Lanthan, Barium, Kupfer und Sauerstoff.
Die Entdeckung löste eine wahre Lawine an Erkenntnissen und neuen Materialien aus. Innerhalb kürzester Zeit wurden Substanzen entwickelt, die bereits bei so hohen Temperaturen ideal leitend wurden, dass es ausreichte, sie mit flüssigem Stickstoff zu kühlen. Das ist bei weitem kostengünstiger.
Doch gingen Bednorz und Müller wie alle nachfolgenden Entwickler eher wie Alchemisten vor: Sie hangelten sich von Versuch zu Irrtum. Als sehr aussichtsreich gelten heute YBCO-Verbindungen aus den Elementen Yttrium, Barium, Kupfer und Sauerstoff. Eine alles erklärende Theorie für die Hochtemperatur-Supraleiter gibt es aber bis heute nicht.
Und auch den großen technischen Durchbruch haben die neuen Materialien noch nicht geschafft. Das liegt unter anderem daran, dass sie allesamt spröde Keramiken sind und sich daher kaum zur Herstellung von Kabeln eignen. Zwar gibt es einzelne Versuche, derartige Leitungen zu produzieren, beispielsweise indem man den Hochtemperatur-Supraleiter als dünne Schicht auf ein flexibles Metallband aufdampft. Doch sind deren Qualität stark begrenzt: Bei Stromstärken, die eventuell technisch interessant zu werden beginnen, bricht die Supraleitfähigkeit schnell in sich zusammen.
Unter anderem liegt das daran, dass beim Aufdampfen keine hochwertigen, einkristallinen Schichten entstehen, sondern polykristalline. Diese weisen zwischen den einzelnen Bereichen so genannte Korngrenzen auf. Für den reibungslosen Stromfluss bilden sie eine störende Hürde.
Diesem Problem haben sich nun ein Team um Xueyan Song des Applied Superconductivity Centers der Universität von Wisconsin in Madison [1] sowie ein Team um Robert Klie vom Center for Functional Nanomaterials des Brookhaven National Laboratory in Upton bei New York angenommen [2]. Sie ersetzten einige der Yttrium-Atome – immer noch in alchemistischer Vorausahnung – in der von ihnen untersuchten YBCO-Verbindung durch Kalzium-Atome und maßen deutlich bessere Eigenschaften der Supraleitung.
Im Gegensatz zum Yttrium, das in der YBCO-Verbindung als dreifach positive Ionen vorkommt, ist Kalzium nur zweifach positiv. Dennoch sind die ionischen Radien beider Elemente nahezu identisch. Kalzium scheint aber das Kristallgitter der Keramik zu verändern, wodurch offenbar die Spannungen zwischen den Korngrenzen abnehmen.
Die Gruppe um Klie berichtet in diesem Zusammenhang von einer Erhöhung der (kritischen) Stromdichte um bis zu 35 Prozent. Die Dotierung der Substanz mit Elementen, die ähnliche ionische Radien aufweisen wie Yttrium oder Kalzium – Silber zum Beispiel – könnte noch bessere Werte liefern. Das müssten künftige Versuche aber erst noch beweisen.
Wann der alchemistische Prozess der Herstellung von Hochtemperatur-Supraleitern abgeschlossen ist, lässt sich nur schwer sagen. Doch Schritt für Schritt nähern sich die Forscher dem Ziel, technisch brauchbare Materialien zu entwickeln. Wenn es dereinst gelänge, Strom verlustfrei zu transportieren, könnten wir zumindest einen Teil unserer Energiesorgen vergessen.
Gewaltige Mengen an Energie ließen sich einsparen, verringerten sich diese Verluste. Ein großer Hoffnungsträger ist die Supraleitung. Einige Materialien verlieren unterhalb einer von Substanz zu Substanz unterschiedlichen Temperatur jeglichen elektrischen Widerstand und transportieren Ladungsträger dann verlustfrei. Dieser nur quantenmechanisch erklärbare Effekt wurde bereits 1911 vom Niederländer Heike Kamerlingh Onnes bei Temperaturen unterhalb von 4,2 Kelvin an Quecksilber entdeckt.
Eine Theorie dazu formulierten die drei US-amerikanischen Physiker John Bardeen, Leon N. Cooper und John R. Schrieffer jedoch erst im Jahre 957. Für ihre BCS-Theorie – benannt nach den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen – erhielten sie im Jahr 1972 den Nobelpreis für Physik.
Mittlerweile sind viele derartig supraleitende Substanzen bekannt. Da sie jedoch extrem tiefe Temperaturen benötigen, um den perfekt leitenden Zustand anzunehmen, kamen sie – bis auf einige wenige exotische Anwendungen – für den technischen Gebrauch kaum infrage. Schließlich benötigt die Kühlung ihrerseits Energie, was viele technische Anwendungen ineffizient macht.
Ein Hoffnungsschimmer kam auf, als der deutsche Physiker Johannes Georg Bednorz zusammen mit dem Schweizer Karl Alex Müller im Jahre 1986 in den Züricher Forschungslaboratorien von IBM eine neue Klasse von Supraleitern entdeckten, die bereits bei weit höheren Temperaturen perfekt leiten. Dafür heimsten sie schon ein Jahr später den Physik-Nobelpreis ein. Der Supraleiter, den das deutsch-schweizerische Duo entdeckte, war eine Art Keramik aus den Elementen Lanthan, Barium, Kupfer und Sauerstoff.
Die Entdeckung löste eine wahre Lawine an Erkenntnissen und neuen Materialien aus. Innerhalb kürzester Zeit wurden Substanzen entwickelt, die bereits bei so hohen Temperaturen ideal leitend wurden, dass es ausreichte, sie mit flüssigem Stickstoff zu kühlen. Das ist bei weitem kostengünstiger.
Doch gingen Bednorz und Müller wie alle nachfolgenden Entwickler eher wie Alchemisten vor: Sie hangelten sich von Versuch zu Irrtum. Als sehr aussichtsreich gelten heute YBCO-Verbindungen aus den Elementen Yttrium, Barium, Kupfer und Sauerstoff. Eine alles erklärende Theorie für die Hochtemperatur-Supraleiter gibt es aber bis heute nicht.
Und auch den großen technischen Durchbruch haben die neuen Materialien noch nicht geschafft. Das liegt unter anderem daran, dass sie allesamt spröde Keramiken sind und sich daher kaum zur Herstellung von Kabeln eignen. Zwar gibt es einzelne Versuche, derartige Leitungen zu produzieren, beispielsweise indem man den Hochtemperatur-Supraleiter als dünne Schicht auf ein flexibles Metallband aufdampft. Doch sind deren Qualität stark begrenzt: Bei Stromstärken, die eventuell technisch interessant zu werden beginnen, bricht die Supraleitfähigkeit schnell in sich zusammen.
Unter anderem liegt das daran, dass beim Aufdampfen keine hochwertigen, einkristallinen Schichten entstehen, sondern polykristalline. Diese weisen zwischen den einzelnen Bereichen so genannte Korngrenzen auf. Für den reibungslosen Stromfluss bilden sie eine störende Hürde.
Diesem Problem haben sich nun ein Team um Xueyan Song des Applied Superconductivity Centers der Universität von Wisconsin in Madison [1] sowie ein Team um Robert Klie vom Center for Functional Nanomaterials des Brookhaven National Laboratory in Upton bei New York angenommen [2]. Sie ersetzten einige der Yttrium-Atome – immer noch in alchemistischer Vorausahnung – in der von ihnen untersuchten YBCO-Verbindung durch Kalzium-Atome und maßen deutlich bessere Eigenschaften der Supraleitung.
Im Gegensatz zum Yttrium, das in der YBCO-Verbindung als dreifach positive Ionen vorkommt, ist Kalzium nur zweifach positiv. Dennoch sind die ionischen Radien beider Elemente nahezu identisch. Kalzium scheint aber das Kristallgitter der Keramik zu verändern, wodurch offenbar die Spannungen zwischen den Korngrenzen abnehmen.
Die Gruppe um Klie berichtet in diesem Zusammenhang von einer Erhöhung der (kritischen) Stromdichte um bis zu 35 Prozent. Die Dotierung der Substanz mit Elementen, die ähnliche ionische Radien aufweisen wie Yttrium oder Kalzium – Silber zum Beispiel – könnte noch bessere Werte liefern. Das müssten künftige Versuche aber erst noch beweisen.
Wann der alchemistische Prozess der Herstellung von Hochtemperatur-Supraleitern abgeschlossen ist, lässt sich nur schwer sagen. Doch Schritt für Schritt nähern sich die Forscher dem Ziel, technisch brauchbare Materialien zu entwickeln. Wenn es dereinst gelänge, Strom verlustfrei zu transportieren, könnten wir zumindest einen Teil unserer Energiesorgen vergessen.
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