Direkt zum Inhalt

News: Prionen brauchen keine Hilfe

Sind Prionen an sich infektiös, oder verstecken sich kleinste Spuren von Erbmaterial wie DNA oder RNA im Umfeld der Proteine? Bisher spaltete sich die Fachwelt in zwei Lager, aber nun sind die Forscher dank der Bäcker-Hefe dem Geheimnis auf die Schliche gekommen. Prionen vermehren sich ohne Erbinformation und stellen somit ein bisher einzigartiges System der infektiösen Übertragung dar.
Lange zweifelte die Fachwelt an der Hypothese von Stanley B. Prusiner, dass reine Proteinpartikel – ohne Beteiligung von DNA, RNA oder Viren – Prionen-Erkrankungen auslösen könnten. Prusiner erhielt 1997 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie für diese neue Entdeckung, doch bisher konnten die Forscher keinen direkten Beweis für die Richtigkeit ihrer These liefern. Bei Versuchen, die Artenschranke durch das Füttern von infektiösem Material zu überspringen, konnten Wissenschaftler die Möglichkeit von mitgeführten Nichtprionen-Proteinen, Zuckern und anderen möglicherweise krankheitsauslösenden Molekülen nie ganz ausschließen.

Die bisher bekannten Prionen-Erkrankungen – wie Scrapie beim Schaf, BSE beim Rind und die neue Variante von Creutzfeldt-Jakob beim Menschen – sind alle tödlich. Sie betreffen das Gehirn und können über Jahre, beim Menschen auch über Jahrzehnte, zunächst symptomlos bleiben. Die so genannten Prionproteine können hierbei normale Proteine dazu bringen, ihre Form zu verändern, sich als Aggregate zusammen zu knäulen und somit Ablagerungen im betroffenen Gewebe zu bilden.

Nun haben Jonathan Weissman und Kollegen von der University of California in San Francisco die Hefe als Versuchskaninchen verwendet, um die Theorie von Prusiner zu überprüfen. Anhand des Systems in der Hefe können sie verfolgen, ob ein Protein seine Form in ein Prion verändern und sich dann in dieser infektiösen Form fortpflanzen kann. Sie verpackten die Prione als kleine Pakete in synthetische Kompartimente mit einer doppelten Lipidschicht, die so genannten Liposomen. Die Strategie schauten sie sich von Viren ab, denn diese kapseln ihre RNA oder DNA auf der Reise in die Zielzellen auch in eine doppelte Lipidschicht ein. Aber während Viren Hüllproteine und Rezeptoren verwenden, um ihrer Fracht den richtigen Weg zu weisen, dockten die synthetischen Pakete mit dem Prioneninhalt über das Molekül Biotin an die Hefezelle an (Science vom 28. Juli 2000).

Allerdings schützt die Hefe sich gegen Angriffe von außen durch eine dicke Zellwand, die von Eindringlingen erst überwunden werden muss. Um die Verteidigung der Hefezellen zu durchbrechen, verwendeten die Forscher ein Alkoholmolekül. Am Ziel angelangt, zeigte sich, dass die Prionen in der Lage waren, sich auf unbestimmte Zeit in den fremden Zellen zu vermehren. Die eingeschmuggelten reinen Prionenpartikel konnten Hefeproteine zu einer Formveränderung bewegen und auch ihre Aggregation veranlassen.

Während einige Arbeiten in der letzten Zeit darauf schließen lassen, dass Prionen die Artenschranke mühelos überschreiten, konnten Weissman und seine Kollegen bei der Hefe keinen Hinweis hierauf finden. Denn Prionen von einer Hefe-Spezies konnten nicht auf andere Stämme überspringen. Der Beweis, ob nur Hefeorganismen gegen einen Überschreitung der Artenschranke gewappnet sind, Menschen aber nicht, steht noch aus.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.