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Sexuelle Selektion: Promiske Primaten haben schnellere Spermien

Spermien auf Wanderschaft
Rhesusaffen (Macaca mulatta) | Rhesusaffen (Macaca mulatta) leben – wie auch Schimpansen ( Pan troglodytes) – in polygamen Gruppen. Die hohe Spermienkonkurrenz hat dazu geführt, dass die Keimzellen dieser Arten besonders schnell und kräftig sind.
Die männlichen Keimzellen sind bei Primaten umso flinker und kraftvoller, je stärker die Fortpflanzungskonkurrenz innerhalb einer Art ist. Diesen bereits seit längerem vermuteten Zusammenhang konnten Jaclyn Nascimento und ihre Kollegen an der Universität von Kalifornien in San Diego nun mit Hilfe eines videobasierten Computeralgorithmus und einer speziellen Lasertechnologie nachweisen. Insgesamt untersuchten die Forscher Spermien von vier Primatenarten: Rhesusaffe (Macaca mulatta), Gorilla (Gorilla gorilla), Schimpanse (Pan troglodytes) und Mensch (Homo sapiens).

Zunächst wurde die Geschwindigkeit der Spermien verglichen. Dazu wurden ihre Bewegungen gefilmt und anschließend mit Hilfe eines speziell entwickelten Computerprogrammes ausgewertet. Die Gorillasamen brachten es auf 0,1 Kilometer pro Stunde, knapp überholt von den menschlichen mit 0,2. Die Spermien von Rhesusaffen und Schimpansen legten hingegen mit 0,7 Kilometern pro Stunde ein mehr als dreimal so hohes Tempo vor.

Mit Hilfe einer so genannten optischen Pinzette analysierten die Wissenschaftler die Bewegungskraft der schwimmenden Zellen. Der Begriff optische Pinzette bezeichnet einen Laser, mit dem die zappelnden Spermien an Ort und Stelle gehalten werden. Die dafür aufzubringende Energie ist ein Maß für die Stärke der Keimzellenbewegung. Wieder bildeten die Gorillas das Schlusslicht – mit zwei Piconewton, was zwei Billionstel Newton entspricht. Doch auch Homo sapiens fiel mit fünf Piconewton weit hinter die Spitzengruppe aus Rhesusaffen und Schimpansen (je etwa fünfzig Piconewton) zurück.

Die Befunde korrelieren mit den unterschiedlichen Paarungssystemen der Primatenarten: Rhesusaffen und Schimpansen leben in stark polygamen Gruppen, das heißt ein Weibchen verpaart sich mit vielen Männchen und umgekehrt. Daher kommt es zu Spermienkonkurrenz, und die schnellste und kraftvollste Keimzelle hat die besten Chancen, das Rennen zur Eizelle zu gewinnen. Bei Gorillas kontrolliert hingegen ein Männchen, der Silberrücken, einen ganzen Harem von Weibchen. Normalerweise ist er der einzige Paarungspartner der Gorilladamen, daher müssen sich seine Spermien nicht sonderlich beeilen. Eine Zwischenstellung nimmt der Mensch ein, denn bemessen an der Geschwindigkeit seiner Spermien erscheint sein biologisches Fortpflanzungssystem zumindest nicht rein monogam.

Der evolutive Einfluss der sexuellen Selektion wurde bereits an zahlreichen anderen Merkmalen nachgewiesen. So verfügen Männchen promisker Arten beispielsweise über größere Hoden, produzieren mehr Spermien und haben eine höhere Keimzelldichte im Ejakulat. (lp)

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