Psychische Erkrankungen: Lachgas gegen schwere Depressionen
Etwa einem Drittel der Menschen mit einer Depression lässt sich mit gängigen Medikamenten nicht helfen. Für die Betroffenen bedarf es dringend neuer Therapieoptionen. Ketamin ist einer der Hoffnungsträger, ein anderer ist Distickstoffmonoxid, bekannt unter dem Namen Lachgas. Das Gas wird schon lange als Narkosemittel eingesetzt, es lindert Schmerzen, entspannt und hebt die Stimmung. Eigentlich gute Voraussetzungen für ein potenzielles Heilmittel, fand der Anästhesist Peter Nagele und führte bereits vor einigen Jahren eine Pilotstudie zum Einsatz von Lachgas bei therapieresistenter schwerer Depression durch.
Mittlerweile forscht der Österreicher an der University of Chicago und hat mit seinem Team die Ergebnisse von damals in einer kleinen klinischen Phase-II-Studie erweitert. Die Forschenden gingen der Frage nach, ob der antidepressive Effekt des Narkotikums von Dauer ist und auch schon bei geringer Dosierung eintritt. Hierzu luden sie 24 austherapierte Patienten mit schwerer Depression zu folgendem Versuch ein: Im Abstand von vier Wochen sollten sie jeweils eine Stunde lang eine Gasmischung inhalieren, die einmal zur Hälfte aus Distickstoffmonoxid, zur Hälfte aus Sauerstoff bestand, ein anderes Mal nur 25 Prozent Lachgas enthielt und einmal lediglich reinen Sauerstoff (Placebo).
Es stellte sich heraus, dass Lachgas auch in niedriger Dosierung eine gute antidepressive Wirkung hatte und zudem mit weniger Nebenwirkungen einherging. Die Symptomlinderung hielt über mehrere Wochen an. Von den 22 Personen, die an allen Etappen des Versuchs teilgenommen hatten, konnten 85 Prozent anschließend eine Diagnosekategorie tiefer eingestuft werden, etwa von schwerer zu moderater Depression. Bei 40 Prozent von ihnen bestand nach der Behandlung sogar gar keine klinische Symptomatik mehr.
Die meisten Antidepressiva zielen auf die Noradrenalin- und Serotoninrezeptoren im Gehirn ab, doch bis die Wirkung eintritt, vergehen bisweilen Wochen. Lachgas hingegen bindet an die NMDA-Rezeptoren und wirkt schnell. Gegenüber Ketamin, das den gleichen Rezeptortyp nutzt, hat es den Vorteil, dass der betäubende Effekt rasch nachlässt. Laut Nagele sollten zu beiden Substanzen zügig größere und multizentrische Studien durchgeführt werden.
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