Adipositas: Pünktlicher Babyspeck
Im Säugling passiert weit mehr, als ständiges Schlafen und Schlemmen vermuten lassen - viele Stellschrauben justieren schon jetzt, wie der Körper im späteren Leben funktionieren wird. Sehr früh fallen offenbar auch die Würfel über eine Veranlagung zu krankhafter Fettleibigkeit.
Die Vokabel "satt" der inneren Körpersprache konnten Forscher schon vor mehr als zehn Jahren ins Menschenlesbar-Biochemische übersetzen: "satt" heißt "Leptin". Dieses Hormon produzieren die Zellen des weißen Fettgewebes: Je mehr Fettzellen, desto mehr Leptin im Blutkreislauf; und je höher die Leptinkonzentration, desto kräftiger drückt das Hormon auf bestimmte Rezeptorknöpfe im Hypothalamus des Gehirns. Dadurch schüttet dieser weitere Stoffe aus, die dem fettspeicherreichen Körper höheren Energieverbrauch und gesteigerte Aktivität verordnen und ihm ein wohliges Sättigungsgefühl vermitteln.
Leptin ist somit auch das Schlankheitshormon des Körpers – wo es hoch dosiert vorkommt, sollten weder Heißhunger noch Trägheit herrschen und die Zivilisations-Gefahr, überflüssige Pfunde durch überflüssige Nahrungsaufnahme zu sammeln, nicht zum gesundheitsbedrohlichen Thema werden.
Dies funktioniert nicht immer, und leider immer häufiger nicht: Die Fettsucht oder Adipositas ist in den reichen Ländern der Erde ein wachsendes Gesundheitsproblem. Daran Schuld haben Überfluss, Fehlernährung, der Mangel an Bewegung und Stoffwechselstörungen – nicht aber ein Mangel an Leptin im Blut der Betroffenen, wie zunächst vermutet wurde. Tatsächlich produziert das überreichliche Fettgewebe von Erkrankten das Sättigungshormon meist durchaus. Seine Botschaft aber kommt nicht oder nur abgeschwächt bei den zuständigen Gehirnrezeptoren an. Simple Leptin-Gaben zur medizinischen Therapie sind also unbrauchbar.
Offenbar ist bei Adipositas-Kranken der Hunger-Satt-Regulationsmechanismus völlig aus dem Tritt gekommen. Und viel deutet darauf hin, dass der Stoffwechsel bereits in früher Jugend ins Stolpern gerät – schon kurz nach der Geburt entscheidet sich, wie gut der Hypothalamus-Regelkreis auf Leptin reagieren wird. Dabei wirkt das Hormon selbst wohl als wichtige Kenngröße, die ihre Rezeptoren im Gehirn sensibilisiert, eicht und fest mit der nachgeschalteten Signalausschüttung verdrahtet.
Geht dabei etwas schief, ist dies im späteren Leben nicht rückgängig zu machen. Für Menschen (und Mäuse, denn bei Nagern funktionieren die Mechanismen ganz ähnlich) mit solchermaßen falsch verlegtem Stoffwechsel ist Ab- sowie nicht Zunehmen ein steter harter Kampf gegen das eigene Körpergefühl.
Noch bedenklicher ein zweiter Ansatz der Wissenschaftler, bei dem sie Nager untersuchten, die während der Schwangerschaft mäßig unterernährt wurden. Deren Nachwuchs kam mit geringerem Gewicht und kleiner zur Welt, holte dann aber schnell auf – was allerdings damit einherging, den Leptin-Schub um etwa sechs bis acht Tage nach vorne zu verlegen. Dies führte offenbar dazu, dass die Tiere ihre frühe Mangeldiät im Mutterleib im späteren Erwachsenenalter überkompensierten, als die Mäuse dann ebenfalls eine erhöhte Neigung zu Fettsucht zeigten.
Hier zeigt sich wohl ein gut gemeinter Trick der Natur, die ein früh schlecht ernährtes Tier präventiv mit einem Stoffwechsel ausstattet, der auf sehr effiziente Energieaufnahme spezialisiert ist. Viel weniger Wert wird bei der Grundausstattung dieser Individuen offensichtlich auf hochsensible Rückkopplungsmechanismen bei erfolgter Sättigung gelegt, nachdem derlei in der entscheidenden Prägephase ja nicht, oder zu selten, nötig war.
Leptin ist bei sich gerade entwickelnden Organismen also nicht nur Sattsignal, sondern Sensor für die allgemeine Ernährungslage – und damit Stellschraube für das Stoffwechseltuning. Ob dies bei Menschen ebenso zutrifft wie bei Nagern ist nicht sicher, aber wahrscheinlich. Dann müssten gut genährte, propere Babys weniger fürchten, eine Veranlagung zur Fettleibigkeit zu entwickeln, als schlechter versorgte, deren Leptin-Schaltstelle im frühen Lebensalter unpassende Lebenswege vorzeichnet.
Leptin ist somit auch das Schlankheitshormon des Körpers – wo es hoch dosiert vorkommt, sollten weder Heißhunger noch Trägheit herrschen und die Zivilisations-Gefahr, überflüssige Pfunde durch überflüssige Nahrungsaufnahme zu sammeln, nicht zum gesundheitsbedrohlichen Thema werden.
Dies funktioniert nicht immer, und leider immer häufiger nicht: Die Fettsucht oder Adipositas ist in den reichen Ländern der Erde ein wachsendes Gesundheitsproblem. Daran Schuld haben Überfluss, Fehlernährung, der Mangel an Bewegung und Stoffwechselstörungen – nicht aber ein Mangel an Leptin im Blut der Betroffenen, wie zunächst vermutet wurde. Tatsächlich produziert das überreichliche Fettgewebe von Erkrankten das Sättigungshormon meist durchaus. Seine Botschaft aber kommt nicht oder nur abgeschwächt bei den zuständigen Gehirnrezeptoren an. Simple Leptin-Gaben zur medizinischen Therapie sind also unbrauchbar.
Offenbar ist bei Adipositas-Kranken der Hunger-Satt-Regulationsmechanismus völlig aus dem Tritt gekommen. Und viel deutet darauf hin, dass der Stoffwechsel bereits in früher Jugend ins Stolpern gerät – schon kurz nach der Geburt entscheidet sich, wie gut der Hypothalamus-Regelkreis auf Leptin reagieren wird. Dabei wirkt das Hormon selbst wohl als wichtige Kenngröße, die ihre Rezeptoren im Gehirn sensibilisiert, eicht und fest mit der nachgeschalteten Signalausschüttung verdrahtet.
Geht dabei etwas schief, ist dies im späteren Leben nicht rückgängig zu machen. Für Menschen (und Mäuse, denn bei Nagern funktionieren die Mechanismen ganz ähnlich) mit solchermaßen falsch verlegtem Stoffwechsel ist Ab- sowie nicht Zunehmen ein steter harter Kampf gegen das eigene Körpergefühl.
Wie Leptin bei Neugeborenen – und noch früher – wirkt, untersuchten nun Shigeo Yura und ein Team von Forschern der Universität Kyoto an Mäusen noch genauer. Bekanntermaßen steigt die Leptinkonzentration im Blut Neugeborener plötzlich an (der so genannte frühkindliche Leptin-Schub) und folgt dabei einem ausgeklügelten Zeitplan. Diesen störten die Wissenschaftler massiv, indem sie ihren jungen Versuchsmäusen bereits fünf bis zehn Tage nach der Geburt größere Leptinmengen spritzten. Was schwer wiegende Folgen für das spätere Leben der Tiere zeitigte: Sie nahmen schneller zu und neigten deutlich vermehrt zu Fettleibigkeit im Erwachsenenalter.
Noch bedenklicher ein zweiter Ansatz der Wissenschaftler, bei dem sie Nager untersuchten, die während der Schwangerschaft mäßig unterernährt wurden. Deren Nachwuchs kam mit geringerem Gewicht und kleiner zur Welt, holte dann aber schnell auf – was allerdings damit einherging, den Leptin-Schub um etwa sechs bis acht Tage nach vorne zu verlegen. Dies führte offenbar dazu, dass die Tiere ihre frühe Mangeldiät im Mutterleib im späteren Erwachsenenalter überkompensierten, als die Mäuse dann ebenfalls eine erhöhte Neigung zu Fettsucht zeigten.
Hier zeigt sich wohl ein gut gemeinter Trick der Natur, die ein früh schlecht ernährtes Tier präventiv mit einem Stoffwechsel ausstattet, der auf sehr effiziente Energieaufnahme spezialisiert ist. Viel weniger Wert wird bei der Grundausstattung dieser Individuen offensichtlich auf hochsensible Rückkopplungsmechanismen bei erfolgter Sättigung gelegt, nachdem derlei in der entscheidenden Prägephase ja nicht, oder zu selten, nötig war.
Leptin ist bei sich gerade entwickelnden Organismen also nicht nur Sattsignal, sondern Sensor für die allgemeine Ernährungslage – und damit Stellschraube für das Stoffwechseltuning. Ob dies bei Menschen ebenso zutrifft wie bei Nagern ist nicht sicher, aber wahrscheinlich. Dann müssten gut genährte, propere Babys weniger fürchten, eine Veranlagung zur Fettleibigkeit zu entwickeln, als schlechter versorgte, deren Leptin-Schaltstelle im frühen Lebensalter unpassende Lebenswege vorzeichnet.
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