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Quanten-Thermodynamik: Ein Thermometer für die »Quantenhaftigkeit« eines Teilchens

Ob ein Teilchen quantenphysikalische Eigenschaften hat oder nicht, zeigt sich an seinem thermodynamischen Verhalten: Quantensysteme können Wärme viel schneller übertragen.
Zwei leuchtende abstrakte, im Kosmos schwebende Objekte
Woran erkennt man, ob Teilchen Quanteneigenschaften haben?

Es ist die zentrale Herausforderung beim Bau von Quantencomputern: Die Recheneinheiten, so genannte Qubits, müssen ihre »Quantenhaftigkeit« behalten. Damit ist gemeint, dass die Objekte ein quantenmechanisches Verhalten an den Tag legen – also mal Welle und mal Teilchen sind. Sie können gleichzeitig verschiedene Zustände einnehmen oder scheinen über weite Distanzen auf fast magische Weise untrennbar miteinander verbunden zu sein. Allerdings sind diese quantenartigen Eigenschaften äußerst zerbrechlich. Sobald ein Qubit mit seiner Umgebung wechselwirkt, verliert es seine besonderen Merkmale und wird zu einem fast schon langweiligen Objekt; keine Überlagerungen oder Verschränkungen sind mehr sichtbar.

Aber wie stellt man fest, ob ein Teilchen Quanteneigenschaften besitzt oder nicht? Physiker um Patryk Lipka-Bartosik von der Université de Genève haben nun eine außergewöhnliche Methode dafür beschrieben. Ihren Berechnungen zufolge hinterlassen die quantenphysikalischen Eigenschaften eines Objekts Spuren in seinem thermodynamischen Verhalten. So kann ein Quantensystem beispielsweise Wärme deutlich schneller leiten als ein klassisches. »Dies ist ein neuartiger Ansatz zum Nachweis von Quantenmerkmalen durch Wärmeaustausch während eines thermodynamischen Prozesses«, schreiben die Forscher in ihrer im August 2024 erschienenen, noch nicht begutachteten Arbeit.

Dafür untersuchten die Physiker zunächst ein Teilchenpaar, das miteinander verschränkt ist, sowie ein gewöhnliches Teilchenpaar. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass sich das verschränkte Paar bloß durch eine gemeinsame Wellenfunktion beschreiben lässt – und nicht durch zwei einzelne. Wenn man diese beiden Systeme jeweils mit einer wärmeren oder kälteren Umgebung in Kontakt bringt, kommt es zum Wärmeaustausch. Wie sich herausstellt, kann das verschränkte Quantensystem »überraschenderweise Wärmeströme erzeugen, welche die Grenzen des klassischen Wärmeaustauschs überschreiten«, schreiben die Fachleute. Falls ein System also Wärme besonders schnell überträgt, besitzt es Quanteneigenschaften.

»Das könnte zu einem Thermometer führen, das nicht nur die Temperatur misst, sondern auch Informationen über das Quantensystem preisgibt«Gerardo Adesso, Physiker

Als Nächstes haben die Forscher untersucht, wie sich eine zweite fundamentale Quanteneigenschaft von Teilchen bei thermodynamischen Prozessen bemerkbar macht: die so genannte Kohärenz. Diese gibt gewissermaßen an, wie stark der wellenartige Charakter eines Teilchens ausgeprägt ist. Lipka-Bartosik und sein Team verglichen dafür ein kohärentes Quantenteilchen mit einem kaum kohärenten Teilchen, das sich also wie ein punktförmiges Objekt verhält. Auch hierbei zeigten sich deutliche Unterschiede beim Wärmeaustausch: Wieder war das Quantenteilchen in der Lage, Wärme viel schneller zu übertragen.

Auch wenn die Forscher sehr spezifische Situationen untersucht haben, betonen sie, dass ihre Methoden allgemein sind und sich daher auf andere, komplexere Systeme übertragen lassen. »Das könnte zu konkreten Anwendungen führen, etwa eine Art intelligentes Thermometer, das nicht nur die Temperatur oder die abgegebene Wärme misst, sondern zudem strukturelle Informationen über das Quantensystem preisgibt«, sagte der Physiker Gerardo Adesso von der University of Nottingham, der nicht an der Arbeit beteiligt war, gegenüber »New Scientist«.

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  • Quellen
ArXiv 10.48550/arXiv.2408.06418, 2024

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