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Quantencomputer: IBM vergrößert seinen Quantenchip auf mehr als 100 Qubits

IBM will einen weiteren Meilenstein beim Bau leistungsfähiger Quantencomputer geschafft haben: Mit 127 Qubits ist der neueste Chip deutlich größer als der bisherige Rekordhalter.
Der 127-Qubit-»Eagle«-Chip von IBM

So genannte Quantencomputer sollen sich die Eigenschaften der Quantenphysik zu Nutze machen, um eines Tages Aufgaben zu lösen, an denen klassische Computer zwangsläufig scheitern. Ein entscheidendes Bauelement dieser Systeme sind die Qubits – Quantenbits –, benannt in Analogie zu den Bits in der herkömmlichen Digitaltechnik. Noch aber befinden sich Quantencomputer in einem frühen Experimentalstatus, unter anderem deshalb, weil die Zahl der Qubits, die sie für ihre Berechnungen nutzen können, viel zu gering ist.

Dass IBM nun seinen »Eagle«-Quantenchip auf 127 Qubits erweitert hat, feiert die Firma folgerichtig als wichtigen psychologischen Meilenstein. Bisherige Chips, die nach dem gleichen Konstruktionsprinzip aus supraleitenden Elementen gebaut wurden, beinhalteten lediglich 54 Qubits (Google Sycamore) und 60 Qubits (Zuchongzhi-Prozessor der USTC Hefei).

In einer Roadmap skizziert IBM den Fahrplan für weitere Entwicklungen. Demnach soll im Jahr 2022 ein Quantenchip mit 400 Qubits die Arbeit im Testlabor aufnehmen, im Jahr darauf sollen es dann 1000 Qubits sein. Die reine Anzahl der Qubits verrät allerdings noch nicht viel über die Leistungsfähigkeit der Maschine. »Es ist gut, dass sie etwas mit mehr Qubits bauen«, sagt Quantencomputerexperte Peter Leek von der University of Oxford dem Magazin »New Scientist«, »aber am Ende bringt das nur dann etwas, wenn der Prozessor auch gute Leistung bringt.«

Wie es um die Leistung des Chips genau bestellt ist, darüber hüllt sich IBM zum Ärger der Fachwelt in Stillschweigen. Dem Magazin »Ars Technica« sagte IBM-Forschungsdirektor Darío Gil, die Fehleranfälligkeit des neuen Chips sei geringer als die der Vorgänger. Tatsächlich ist die Empfindlichkeit gegenüber Störungen die derzeit größte Hürde beim Bau nützlicher Quantenchips. Würde sie nicht weiter sinken, würden mehr Qubits einfach nur mehr Fehler bedeuten, die dann durch noch aufwändigere Fehlerkorrekturmechanismen ausgemerzt werden müssten. Die Fehleranfälligkeit des 1000-Qubit-Chips solle dann laut Gil sogar noch einmal um den Faktor zehn sinken.

Die Roadmap sieht außerdem vor, mittelfristig die grundlegende Architektur des Systems zu verändern. Durch größere Kühlanlagen könne die Zahl der Qubits laut Gil zwar noch auf »hunderttausende, vielleicht eine Million« erhöht werden. Doch es führe kein Weg daran vorbei, dass Chips auch über die Grenzen der Kryostat genannten Kühlvorrichtungen hinweg miteinander kommunizieren, ohne dass dabei die hochempfindlichen Quantenzustände verloren gehen. Wie sich ein solches – in IBM-Terminologie – »Quantum System 2« überhaupt technisch realisieren lässt, ist allerdings offen.

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