News: Quantensprung
Normale Halbleiter bestehen beispielsweise aus einer Verbindung des Metalls Indium mit dem Halbmetall Arsen. Dieses Indiumarsenid hat keinerlei magnetische Eigenschaften, doch lässt sich dies durch die Zugabe von Mangan ändern. Jedes einzelne Manganatom ist für sich genommen ein winziger Magnet, indem es die Elektronen der Umgebung an sich zieht. Zurück bleiben Leerstellen, die sich – aufgrund der fehlenden negativen Ladung – wie positiv geladene Teilchen verhalten. Folglich orientieren sich die Miniaturmagneten aller Manganatome in eine Richtung, wodurch der Werkstoff magnetische Eigenschaften erhält.
Wenn es nun gelänge, diese Leerstellen zu neutralisieren, dann müsste man den Dauermagnet an- und abschalten können. Ohno und seine Mitarbeiter stellten daraufhin eine nur fünf Nanometer dicke Schicht aus Indium-Mangan-Arsenid her (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter), platzierten sie auf einem Galliumarsenid-Chip und legten eine hohe positive Spannung an den Halbleiter an. Und tatsächlich verlor das Material mit einem Mal seine magnetischen Eigenschaften. Allerdings nicht dauerhaft, denn sobald die Forscher den Strom abstellten, wurde das Material erneut magnetisch. Was dabei genau passiert, ist noch ungewiss. Ohno vermutet, dass die positive Spannung die gleichfalls "positiv geladenen" Leerstellen aus dem Mangan in das umliegenden Indiumarsenid verdrängt – denn gleiche Ladungen stoßen sich ab. Nach dem Abschalten wandern die Leerstellen dann in ihre ursprüngliche Position zurück (Nature vom 21./28. Dezember 2000).
"Dabei haben Können und Zufall eine Rolle gespielt – ich schätze, es war vor allem das Können", meint Paul Crowell von der School of Physics and Astronomy der University of Minnesota. Die Mangankonzentration muss in dem Material nämlich ganz genau stimmen. Ist sie zu niedrig, kommt es nicht zur Magnetisierung, ist sie indes zu hoch, können die Leerstellen nicht mehr in ihre Ausgangsposition zurückkehren. Dann ließe sich die Magnetisierung durch das Anlegen der Spannung nicht abschalten. Den Forschern gelang es damit zum ersten Mal, einen Permanentmagneten ein- und auszuschalten.
Solche schaltbaren Halbleitermagnente könnten innerhalb von Mikrochips als Speicher wirken. Vielleicht kann man auf diese Weise eines Tages sogar die Elektronen in einem Chip polarisieren, sodass sich die magnetischen Eigenschaften einzelner Elektronen nutzen ließen. Elektronen besitzen nämlich außer ihrer Ladung auch einen Drehimpuls, den Spin. Er vermittelt den Magnetismus im Festkörper. Wenn man erst einmal in der Lage ist, diese Eigenschaften kontrolliert zu steuern, dann hören die völlig neuartigen und leistungsfähigen Quantencomputer auf, bloße Phantasie zu sein.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 20.11.2000
"Quantencomputer an der Grenze zum Chaos"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 30.10.2000
"Einzelne Atome auf Bestellung" - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 4.5.1999
"Magnetspeicher weisen den Weg" - Spektrum der Wissenschaft 8/98, Seite 54
"Flüssige Quantencomputer"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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