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Kamo'oalewa: Irdischer Quasisatellit könnte Mondbrocken auf Abwegen sein

Über irdische Quasisatelliten ist so gut wie nichts bekannt. Ein solcher Begleiter der Erde, der kleine Asteroid Kamo'oalewa, könnte ursprünglich vom Mond stammen.
lllustration eines Asteroiden im All

Irgendwelche Brocken, Bröckchen und Klumpen gibt es zuhauf in unserem Sonnensystem, in allerlei Umlaufbahnen und Entfernungen von der Erde. Irdische Quasisatelliten sind darunter schon eher eine Rarität, denn bislang sind nur fünf solcher Objekte bekannt. Dabei handelt es sich um Asteroiden, deren Umlaufbahn der irdischen sehr ähnlich ist, die aber nicht unter dem direkten Einfluss der Schwerkraft der Erde stehen. Darum handelt es sich bei einem irdischen Quasisatelliten nicht um einen zweiten Mond.

Mit dem Mond könnten sie trotzdem zu tun haben, wie die Autorinnen und Autoren eines im Fachmagazin »Communications Earth & Environment« erschienenen Artikels nun vorschlagen. Laut diesem könnte einer der bislang fünf bekannten Quasisatelliten namens Kamo'oalewa ursprünglich vom Mond stammen und von unserem Erdtrabanten irgendwann in der Vergangenheit hinaus ins All befördert worden sein.

Quasisatelliten der Erde sind bislang größtenteils mysteriös – und selten

Dort befindet sich Kamo'oalewa, auch bekannt als 2016 HO3, offensichtlich heute noch. Sehr groß ist er nicht: Sein Durchmesser beträgt wahrscheinlich weniger als 100 Meter. Als Quasisatellit entfernt sich 2016 HO3 nie sehr weit von der Erde, auch seine Umlaufperiode klingt irgendwie vertraut: 366 Tage braucht er für einen Rundlauf um die Sonne. Noch rund 300 Jahre wird der kleine Asteroid in dieser Art Umlaufbahn verbleiben und danach vorerst seinen Status als Quasisatellit verlieren. Das können Forschende zwar alles berechnen. Aber beobachten können sie Kamo'oalewa nur einmal pro Jahr, nämlich im April. Dann erscheint der Brocken so hell, dass Teleskope einen Blick erhaschen können.

Genau das haben Benjamin Sharkey von der University of Arizona und seine Kollegen und Kolleginnen gemacht. Für ihre Beobachtungen haben sie das Large Binocular Telescope sowie das Lowell Discovery Telescope, beide im US-Bundesstaat Arizona, verwendet. Zunächst konnten sie so verzeichnen, dass sich Kamo'oalewa knapp alle 30 Minuten um sich selbst dreht.

Aus der Art und Weise, wie Kamo'oalewa das Licht der Sonne reflektiert, erhofften sie sich Aufschlüsse darüber, wohin der derzeitige Quasisatellit ursprünglich einmal gehört hat. Dafür verglichen sie sein Reflexionsspektrum mit dem anderer Himmelskörper und Asteroiden. Demzufolge unterscheidet sich Kamo'oalewa deutlich von anderen vergleichbaren Asteroiden im inneren Sonnensystem. Tatsächlich passte das vermessene Spektrum am besten zu Proben von silikatischem Mondgestein, das die Astronauten der Apollo-Mission einst zur Erde brachten. Dieses Material war in seiner Vergangenheit Prozessen der Weltraumverwitterung ausgesetzt, was dann auch für Kamo'oalewa der Fall gewesen sein müsste. Gab es also einst einen Einschlag auf dem Mond, infolge dessen dieser ganze Brocken hinaus ins All geschleudert wurde? Auch angesichts der niedrigen relativen Geschwindigkeit von Kamo'oalewa in Bezug auf das System Erde-Mond im Vergleich zu anderen erdnahen Objekten hält das Team um Sharkey diese Hypothese für am wahrscheinlichsten.

Ob sie wirklich richtigliegen, ließe sich am besten durch einen Besuch direkt vor Ort klären. Wie praktisch, dass Kamo'oalewa als Ausflugsziel tatsächlich von Interesse ist: So plant beispielsweise die Volksrepublik China, noch in diesem Jahrzehnt eine Sonde zu unserem kleinen Quasisatelliten zu schicken.

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