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Quantentechnologie: Qubits aus ultrakalten Atomen erreichen nächsten Meilenstein

Quantenrechner können auf vielerlei Weise realisiert werden. Nun ist es gelungen, mehr als zwei ultrakalte Atome miteinander zu verschränken – ein entscheidender Meilenstein.
Illustration eines optischen Quantengitters
Ein Forschungsteam aus China hat es geschafft, mehr als nur zwei ultrakalte Atome miteinander zu verschränken.

Es ist und bleibt ein spannendes Rennen. Auf welcher Technologie wird eines Tages der erste richtige Quantencomputer basieren? Werden es Lichtteilchen sein? Quantenpunkte in Halbleitermaterialien? Oder vielleicht ultrakalte Atome? Aktuell haben noch immer die supraleitenden Schaltkreise die Nase vorn, mit denen beispielsweise Google und IBM experimentieren. Doch andere Technologien beginnen aufzuholen. Jian-Wei Pan von der University of Science and Technology of China und sein Team sind jetzt einem Quantenprozessor auf Basis von ultrakalten Atomen einen Schritt näher gekommen. Wie sie im Fachmagazin »Physical Review Letters« berichten, haben sie es geschafft, mehr als nur zwei davon miteinander zu verschränken. Das ist wichtig, um überhaupt all die Rechenvorteile nutzen zu können, die ein Quantencomputer verspricht.

Fachleute erwarten, dass die Maschinen eines Tages Aufgaben bewältigen können, an denen klassische Rechner scheitern. Sie sollen etwa chemische Reaktionen simulieren können, gängige Verschlüsselungscodes knacken oder Optimierungsprobleme schneller lösen. Dazu nutzen sie vor allem zwei Besonderheiten der Quantenwelt aus: die Überlagerung und die Verschränkung von Quantenzuständen. Denn zum einen können Quantenobjekte mehrere Zustände gleichzeitig einnehmen (Überlagerung), und zum anderen lassen sie sich so miteinander verbinden, dass der Zustand des einen Objekts den Zustand eines anderen beeinflusst, selbst über große Entfernungen hinweg (Verschränkung). Die Quanteneffekte sind jedoch extrem empfindlich. Vibrationen, Kollisionen mit Luftmolekülen und andere Störungen aus der Umwelt können die gespeicherte Information verändern.

Träger dieser Information sind die Qubits, die quantenphysikalischen Pendants zum klassischen Bit. Die Forschungsgruppe um Jian-Wei Pan nutzt als Qubits ultrakalte Rubidiumatome, die in optischen Gittern – einer periodischen Anordnung von Einfangstellen, in die die Atome quasi »hineinfallen« – mit Hilfe von Lasern gekühlt und festgehalten werden. Lokale Laserpulse wiederum können die einzelnen Qubits steuern und die Informationen auslesen. Um mit den Qubits rechnen zu können, müssen mehrere davon zusammengeschaltet werden. Bisher war es jedoch noch nicht gelungen, diesen kritischen Schritt zu vollziehen: die quantenmechanische Verschränkung von mehr als zwei Atomen zur gleichen Zeit. In ihrem Artikel schreiben die Autoren, dass sie eindimensionale Ketten von zehn Atomen und zweidimensionale Gruppen von acht Atomen mit hoher Zuverlässigkeit verschränkt hätten. Außerdem konnte das Team demnach auch demonstrieren, dass es die Zustände kontrollieren und mit einer Auflösung von einem einzelnen Atom abbilden kann.

Die Quantenphysiker verwendeten dazu ein zweidimensionales Gitter mit zwei Einfangstellen an jeder Gitterstelle – ein so genanntes Supergitter. Außerdem setzten sie zusätzliche Technologien ein: ein Quantengasmikroskop und drei digitale Mikrospiegelgeräte, das sind räumliche Lichtmodulatoren mit hoher räumlicher Präzision. Diese Instrumente ermöglichten es dem Team, die Auflösung von einzelnen Atomen zu erreichen, die erforderlich ist, um die gleichzeitige Verschränkung von Gruppen von bis zu zehn Atomen zu erzeugen und anschließend zu überprüfen, ob die Verschränkung erfolgreich war.

»Unser Experiment beweist, dass wir in der Lage sind, skalierbare Verschränkung in optischen Gittern zu erzeugen und nachzuweisen«, schreibt das Team um Pan im Fazit des Artikels. »Die Fähigkeit, Atomanordnungen mit geringer Entropie zu realisieren, kann zusammen mit der hochpräzisen Manipulation einzelner Atome den Weg zur Demonstration praktischer Quantenvorteile eröffnen.« Das revolutionäre Potenzial dieser Qubits liege vor allem darin, dass sie sich leichter hochskalieren lassen, ohne ihre Kohärenz zu verlieren. Der Weg hin zu einem echten Quantenprozessor ist allerdings immer noch weit.

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