Zukunft: Radikale Lösungen für neue Energien
Die Ideen klingen fantastisch - und lassen sich vielleicht nie umsetzen. Falls doch, könnten diese exotischen Verfahren aber unsere Energieversorgung sicherer und besser machen. In einer zweiteiligen Serie stellen wir sieben außergewöhnliche Forschungsvorhaben vor.
Fusionsgetriebene Kernspaltung
Laser gewinnen Elektrizität aus verbrauchtem nuklearem Brennstoff (von Graham P. Collins)
Seit Jahrzehnten arbeiten Physiker und Ingenieure an der Nutzung der Kernfusion – jenem Prozess, der in Wasserstoffbomben und der Sonne Energie freisetzt. Die Forscher können bereits problemlos Fusionsreaktionen erzeugen – sie müssen nur Wasserstoffkerne mit genügend Schwung aufeinanderprallen lassen, damit sie verschmelzen und dabei Neutronen und Energie abgeben. Schwieriger ist es, diesen Prozess so effizient zu machen, dass er mehr Energie erzeugt, als zu seiner Ingangsetzung nötig ist. Erst wenn diese "Zündung" genannte Bedingung erfüllt ist, lässt sich mit Kernfusion Elektrizität erzeugen.
Wissenschaftler der National Ignition Facility (NIF) in Livermore im US-Bundesstaat Kalifornien haben sich deshalb etwas anderes einfallen lassen: Sie wollen die Fusion nutzen, um einen Kernspaltungsprozess anzutreiben. Kernspaltung – englisch: "fission" im Gegensatz zu "fusion" (Verschmelzung) – kommt bereits in konventionellen Kernreaktoren zum Einsatz. Edward Moses von der NIF behauptet nun, dass ihr Prozess in 20 Jahren in ersten Kraftwerkprototypen laufen könnte.
Das Konzept der fusionsgetriebenen Kernspaltung für die friedliche Energiegewinnung geht auf Andrei Sacharow zurück. Der "Vater" der sowjetischen Wasserstoffbombe brachte die Idee bereits in den 1950er Jahren auf. In Livermore erzeugen Laserpulse Fusionsexplosionen im Zentrum einer Reaktionskammer. Die dabei einstehenden Neutronen spalten wiederum Atome in einer dicken Schicht aus Uran oder einem anderen Kernbrennstoff, die das Innere der Kammerwandung bedeckt. Die bei der Kernspaltung entstehende Energie würde die Leistung der Fusionskammer um einen Faktor von vier oder mehr erhöhen.
Wenn aber der größte Teil der Leistung von der Kernspaltung kommt, warum kann man dann nicht gleich bei konventionellen Kernkraftwerken bleiben und auf den Aufwand eines Fusionstriggers verzichten? Ein Kernspaltungsreaktor benötigt eine Kettenreaktion, in der Neutronen von gespaltenen Atomkernen weitere Atomkerne spalten. Um die Kettenreaktion aufrechtzuerhalten, benötigt man Plutonium oder angereichertes Uran – beide Elemente lassen sich aber auch für Nuklearwaffen verwenden. In einem hybriden Fusions-Fissions-Reaktor führen dagegen die Neutronen der Fusionsexplosionen zu den Kernspaltungen: Eine Kettenreaktion ist nicht nötig. Dadurch verbreitert sich auch die Auswahl an möglichen Brennstoffen: nichtangereichertes Uran, abgereichertes Uran (ein umfangreiches Abfallprodukt der Urananreicherung), sogar gebrauchter Brennstoff anderer Kernreaktoren – Abfall, der sonst jahrtausendelang sicher gelagert oder in einem gefährlichen Prozess für den erneuten Einsatz in einem Kernkraftwerk wiederaufbereitet werden müsste.
Ein weiterer Vorteil ist der Anteil des genutzten Kernbrennstoffs. In konventionellen Reaktoren werden nur wenige Prozent der spaltbaren Atomkerne des Brennstoffs tatsächlich gespalten, bevor die Brennelemente ausgetauscht werden müssen. Nach Aussage von Moses könnten Fusions-Fissions-Kraftwerke dagegen einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreichen.
Forscher prüfen außerdem Fusion-Fission-Konzepte auf der Basis magnetischer Fusion – einer Alternative zur Laserfusion, bei der die Fusionsreaktion innerhalb starker Magnetfelder stattfindet. 2009 schlugen Wissenschaftler der University of Texas in Austin einen Hybridreaktor mit einem kompakten Magnetfusionstrigger vor. In China evaluieren Forscher entsprechende Techniken, die für die Energiegewinnung optimiert sind, der Erzeugung von konventionellem Kernbrennstoff dienen oder nuklearen Abfall verbrennen können.
Jede Art von Fusionsenergie ist ein radikaler Vorschlag. Selbst wenn Moses' Anlage noch in diesem Jahr eine Zündung demonstriert – es blieben große Hürden auf dem Weg zur Realisierung eines solchen Kraftwerks. Winzige Fusions-Pellets, Meisterwerke der Ingenieurskunst, müssten kostengünstig in Massen produziert werden. Alle zehn Sekunden muss eine Zündung erfolgen, was den Einsatz einer ganzen Reihe bislang unausgereifter Verfahren erfordert. Die National Ignition Facility erreicht derzeit jedenfalls nur einige wenige "Zielschüsse" pro Tag.
Hybride Methoden erfordern außerdem Technologien, die bei einer reinen Fusion nicht nötig wären – insbesondere die Fissionsschicht, die spaltbares Material enthält, welches höheren Temperaturen und einem stärkeren Neutronenbeschuss standhalten muss als in einem konventionellen Reaktor. Die Vorschläge dazu reichen von festen, vielschichtigen Kügelchen bis zu Lösungen aus Uran, Thorium oder Plutonium in geschmolzenen Salzen.
Die Herausforderungen sind also gewaltig. Doch Edward Moses hat einen aggressiven Entwicklungsplan entworfen, um sie zu meistern. Zunächst jedoch muss sein Labor beweisen, dass sich die Laserfusion tatsächlich zünden lässt.
Solares Benzin
Gebündeltes Sonnenlicht und Kohlendioxid treiben Fahrzeuge an (von David Biello)
Die Sonne überflutet die Erde pro Stunde mit mehr Energie, als unsere Zivilisation in einem Jahr benötigt. Wenn Wissenschaftler nur einen Bruchteil dieses Überflusses in flüssigen Treibstoff umwandeln könnten, wären alle Probleme gelöst, die unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen für unser Transportwesen verursacht. "Chemische Treibstoffe führten zu einer echten Wende, wenn man sie direkt, nachhaltig und billig aus Sonnenlicht produzieren könnte", bemerkt Nathan Lewis, Direktor des Joint Center for Artificial Photosynthesis am California Institute for Technology.
Ein faszinierendes Projekt der Sandia National Laboratories beispielsweise nutzt einen sechs Meter großen Parabolspiegel in der Wüste von New Mexico, um Sonnenlicht auf einen zylinderförmigen, etwa einen halben Meter großen Apparat zu konzentrieren. Das gebündelte Sonnenlicht fällt durch eine Öffnung in der Wandung der Maschine auf ein Dutzend konzentrischer Ringe, die einmal pro Minute rotieren. Am Rand der Ringe befinden sich Zähne aus Eisen- oder Ceroxid, die sich im Sonnenlicht auf 1500 Grad Celsius aufheizen, bis die Hitze den Sauerstoff aus den Oxiden herausbricht. Laufen die Zähne dann erneut in den dunklen, kühlen Bereich des Reaktors, nehmen sie wieder Sauerstoff aus Wasserdampf oder Kohlendioxid auf, die in die Kammer geleitetet werden, und produzieren dadurch energiereichen Wasserstoff oder Kohlenmonoxid.
Auch an anderen Instituten entwickeln Forscher Maschinen zur Syngas-Produktion, so an der ETH Zürich und an der University of Minnesota. Und eine Reihe von Start-up-Unternehmen verfolgen weitere Strategien: Sun Catalytix in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts taucht einen billigen Katalysator in Wasser und erzeugt so mit Strom aus Solarzellen Wasserstoff und Sauerstoff. Liquid Light in Monmouth Junction in New Jersey leitet Kohlendioxid durch eine elektrochemische Zelle, so dass Methanol entsteht. Und Lewis selbst entwickelt künstliche Blätter aus halbleitenden Nanodrähten, die Sonnenlicht absorbieren und damit Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten.
Natürlich müssen auch hier in der Praxis Schwierigkeiten überwunden werden. In den Sandia-Labors bekommen die Zähne Risse, was die chemischen Reaktionen behindert. "Die Temperaturen schwanken ständig zwischen 900 und 1500 Grad Celsius, das verlangt dem Material viel ab", bemerkt der Chemiker Gary Dirks, Direktor von LightWorks an der Arizona State University, der selbst nicht an dem Sandia-Projekt beteiligt ist. Im nächsten Schritt soll deshalb entweder die Struktur der Oxid-Zähne auf der Nanoebene widerstandsfähiger gemacht oder neue Materialien entwickelt werden, die dies besser aushalten. Und auch die hohen Kosten für den Spiegel gilt es noch zu senken. Die Sandia-Forscher schätzen, dass sich mit ihrer Syngas-Maschine Treibstoff für zehn Dollar pro Gallone – umgerechnet 1,83 Euro pro Liter – herstellen ließe. "Noch haben wir nichts gefunden, was unseren Ansatz unmöglich machen würde", sagt der Chemieingenieur und Miterfinder James E. Miller, "aber wir sind noch weit davon entfernt, ihn auch wirklich betriebsreif zu machen."
Quantenvoltaik
Heiße Elektronen verdoppeln die Effizienz von Solarzellen (von J.R. Minkel)
Heutige Solarzellen wandeln lediglich 10 bis 15 Prozent des empfangenen Lichts in Strom um – deshalb ist Sonnenenergie so teuer. Ein Grund dafür ist, dass eine einzelne Schicht Licht absorbierenden Siliziums einen theoretisch maximalen Wirkungsgrad von 31 Prozent besitzt – im Labor erreichen die besten Zellen momentan einen Wirkungsgrad von 26 Prozent. Neue Entwicklungen im Bereich von Halbleiterkristallen oder Quantenpunkten könnten dieses theoretische Maximum auf über 60 Prozent erhöhen und damit die Produktion von Solarzellen ermöglichen, die Strom zu einem wettbewerbsfähigen Preis liefern.
In einer konventionellen Zelle schlagen Photonen Elektronen aus dem Silizium heraus. Die Elektronen können sich dann frei in einen Leitungsdraht hineinbewegen und so einen Strom erzeugen. Leider weisen viele Photonen der Sonnenstrahlung eine zu hohe Energie auf: Wenn sie auf das Silizium treffen, setzen sie "heiße" Elektronen frei, die ihre Energie rasch in Form von Wärme wieder abgeben und in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren, bevor sie den leitenden Draht erreichen. Wenn sich die heißen Elektronen vor ihrer Abkühlung abgreifen ließen, könnte man den maximalen Wirkungsgrad verdoppeln.
Dies gelänge beispielsweise, wenn man die Abkühlung verlangsamt und so die Zeit verlängert, in der die Elektronen über den Leitungsdraht abfließen können. Im vergangenen Jahr verwendeten der Chemiker Xiaoyang Zhu von der University of Texas in Austin und seine Kollegen Quantenpunkte aus einigen tausend Atomen für diesen Zweck. Zhu brachte Blei-Selenid-Punkte auf einer leitenden Schicht aus Titandioxid auf: Als er diese Schicht bestrahlte, brauchten die Elektronen 1000-mal länger für ihre Abkühlung. Zhu "hat wirklich gezeigt, dass diese Idee machbar ist", sagt Prashant Kamat von der University of Notre Dame, der an den Forschungen nicht beteiligt war. Zhu sucht nun außerdem nach einem Weg, um möglichst viele der heißen Elektronen in Strom zu verwandeln, damit der Leiter selbst nicht zu viel Wärme absorbiert.
Bis daraus eine funktionierende Solarzelle entsteht, vergeht noch viel Zeit. "Wir müssen die gesamte Physik verstehen – wie die Elektronen abkühlen, wie sie in den Leiter wandern", sagt Zhu. "Wenn wir all das herausgefunden haben, können wir sagen, woraus das beste Material besteht, das man dafür benutzen sollte. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir es schaffen. Ich möchte diese Solarzellen auf meinem Dach sehen."
Wärmekraftmaschinen
Legierungen mit Formgedächtnis erzeugen zusätzliche Energie für Autos, Haushaltsgeräte und andere Maschinen (von Bijal P. Trivedi)
Bis zu 60 Prozent der in den USA erzeugten Energie werden verschwendet – ein großer Teil davon als Wärme in Millionen von Fahrzeugen und Kraftwerken. Wissenschaftler von General Motors in Warren im US-Bundesstaat Michigan versuchen deshalb, diese vergeudete Energie mit exotischen Materialien einzufangen. Sie nutzen dazu Legierungen mit Formgedächtnis, die Wärme in mechanische Energie umwandeln und daraus dann Elektrizität gewinnen können. Erstes Ziel von Teamleiter Alan Browne ist das Recycling von Wärme aus dem Auspuffsystem, um damit Klimaanlagen oder Autoradios zu betreiben und den Motor von diesen Verbrauchern zu entlasten.
Browne plant, die Wärmeenergie mit einem Riemen aus dünnen, parallelen Drähten aus einer Nickel-Titan-Legierung zu "ernten", der sich an eine bestimmte Form "erinnert", das heißt, die Legierung springt stets zwischen zwei Zuständen hin und her. In diesem Fall handelt es sich um einen steifen Grundzustand bei höheren Temperaturen und einen biegsamen Zustand bei niedrigeren Temperaturen. Im GM-Entwurf läuft der Riemen über drei Rollen, die ein Dreieck bilden. Eine Ecke des Dreiecks liegt nahe am heißen Auspuffsystem, eine andere Ecke ist möglichst weit davon entfernt an einer kühleren Stelle. Da sich der Riemen in der heißen Ecke zusammenzieht und in der kühlen Ecke ausdehnt, zieht er sich selbst herum und treibt die Rollen an. Diese Rollen kurbeln wiederum eine Achse an, die an einen Generator gekoppelt ist: Je größer die Temperaturdifferenz, desto schneller dreht sich der Riemen und desto mehr Strom entsteht.
Der Prototyp von GM zeigt zwar, dass das Verfahren im Prinzip funktioniert, es ist aber noch weit vom Alltagsgebrauch entfernt: Ein kleiner, zehn Gramm schwerer Draht produziert moderate zwei Watt, die ausreichen, um eine Nachtleuchte zu betreiben. Browne behauptet, dass die Technik sich innerhalb von einem Jahrzehnt vergrößern und zur Marktreife entwickeln ließe. Es gäbe zudem keinerlei technische Hindernisse, Legierungen mit Formgedächtnis auch nachträglich in Haushaltsgeräten oder in Kühltürmen von Kraftwerken zu installieren. Sie ermöglichen jedenfalls eine Vielzahl von Anwendungen, die bislang als nicht praktikabel angesehen wurden, weil sie im Gegensatz zu anderen Materialien selbst bei Temperaturunterschieden von nur zehn Grad funktionieren, erläutert Geoff McKnight, ein mit Browne zusammenarbeitender Materialwissenschaftler von HRL Laboratories.
Der GM-Entwurf ist zwar gradlinig, aber trotzdem spekulativ. Legierungen mit Formgedächtnis leiden an Ermüdung, sie werden brüchig. Sie müssen drei Monate lang kontinuierlich bearbeitet werden, damit sich der Grundzustand einprägt. Es ist schwierig, die Drähte zu einem Riemen zu verbinden. Und es ist eine Herausforderung, einen Weg zu finden, wie man dieses Band dann mit Luft effizient erhitzen und abkühlen kann. Browne gibt keine genauen Auskünfte darüber, wie sein Team diese Probleme lösen will. Er erläutert lediglich, dass sein Team die Breite des Riemens, seine Geometrie und die Methoden der Erhitzung und Abkühlung variiert – jede Variable, "die der Wissenschaft und den Menschen einfällt", wird verändert.
GM ist nicht das einzige Unternehmen, das sich an der Wiederverwendung von Wärmeenergie versucht. Sanjiv Sinha von der University of Illinois entwickelt flexible Festkörpermaterialien, die Wärme in Elektrizität umwandeln können. Wenn sich Wärmekraftmaschinen in vorhandene und neue Geräte einbauen lassen, dann gibt es dafür unzählige Anwendungsmöglichkeiten: Tausende von Kühltürmen, Heizkessel in Fabriken, Millionen von Heizkörpern in Wohnungen, Kühlschränke und Kamine, Traktoren, Lastkraftwagen, Züge und Flugzeuge. So ließen sich weltweit Milliarden von Kilowattstunden erzeugen, und der Verbrauch an fossilen Brennstoffen würde reduziert.
Laser gewinnen Elektrizität aus verbrauchtem nuklearem Brennstoff (von Graham P. Collins)
Seit Jahrzehnten arbeiten Physiker und Ingenieure an der Nutzung der Kernfusion – jenem Prozess, der in Wasserstoffbomben und der Sonne Energie freisetzt. Die Forscher können bereits problemlos Fusionsreaktionen erzeugen – sie müssen nur Wasserstoffkerne mit genügend Schwung aufeinanderprallen lassen, damit sie verschmelzen und dabei Neutronen und Energie abgeben. Schwieriger ist es, diesen Prozess so effizient zu machen, dass er mehr Energie erzeugt, als zu seiner Ingangsetzung nötig ist. Erst wenn diese "Zündung" genannte Bedingung erfüllt ist, lässt sich mit Kernfusion Elektrizität erzeugen.
Wissenschaftler der National Ignition Facility (NIF) in Livermore im US-Bundesstaat Kalifornien haben sich deshalb etwas anderes einfallen lassen: Sie wollen die Fusion nutzen, um einen Kernspaltungsprozess anzutreiben. Kernspaltung – englisch: "fission" im Gegensatz zu "fusion" (Verschmelzung) – kommt bereits in konventionellen Kernreaktoren zum Einsatz. Edward Moses von der NIF behauptet nun, dass ihr Prozess in 20 Jahren in ersten Kraftwerkprototypen laufen könnte.
Das Konzept der fusionsgetriebenen Kernspaltung für die friedliche Energiegewinnung geht auf Andrei Sacharow zurück. Der "Vater" der sowjetischen Wasserstoffbombe brachte die Idee bereits in den 1950er Jahren auf. In Livermore erzeugen Laserpulse Fusionsexplosionen im Zentrum einer Reaktionskammer. Die dabei einstehenden Neutronen spalten wiederum Atome in einer dicken Schicht aus Uran oder einem anderen Kernbrennstoff, die das Innere der Kammerwandung bedeckt. Die bei der Kernspaltung entstehende Energie würde die Leistung der Fusionskammer um einen Faktor von vier oder mehr erhöhen.
Wenn aber der größte Teil der Leistung von der Kernspaltung kommt, warum kann man dann nicht gleich bei konventionellen Kernkraftwerken bleiben und auf den Aufwand eines Fusionstriggers verzichten? Ein Kernspaltungsreaktor benötigt eine Kettenreaktion, in der Neutronen von gespaltenen Atomkernen weitere Atomkerne spalten. Um die Kettenreaktion aufrechtzuerhalten, benötigt man Plutonium oder angereichertes Uran – beide Elemente lassen sich aber auch für Nuklearwaffen verwenden. In einem hybriden Fusions-Fissions-Reaktor führen dagegen die Neutronen der Fusionsexplosionen zu den Kernspaltungen: Eine Kettenreaktion ist nicht nötig. Dadurch verbreitert sich auch die Auswahl an möglichen Brennstoffen: nichtangereichertes Uran, abgereichertes Uran (ein umfangreiches Abfallprodukt der Urananreicherung), sogar gebrauchter Brennstoff anderer Kernreaktoren – Abfall, der sonst jahrtausendelang sicher gelagert oder in einem gefährlichen Prozess für den erneuten Einsatz in einem Kernkraftwerk wiederaufbereitet werden müsste.
Ein weiterer Vorteil ist der Anteil des genutzten Kernbrennstoffs. In konventionellen Reaktoren werden nur wenige Prozent der spaltbaren Atomkerne des Brennstoffs tatsächlich gespalten, bevor die Brennelemente ausgetauscht werden müssen. Nach Aussage von Moses könnten Fusions-Fissions-Kraftwerke dagegen einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreichen.
Weitere revolutionäre Ideen für die Energieversorgung von morgen finden Sie hier.
Sie würden damit nur ein 20. des Kernbrennstoffs von typischen Spaltungsreaktoren benötigen. Eine "Abfallverbrennungsphase" im letzten Jahrzehnt der rund 50-jährigen Lebensdauer des Kraftwerks würde den langlebigen Abfall von einigen Tonnen auf rund 100 Kilogramm reduzieren, wobei allerdings die Leistung in diesen Jahren zurückgeht. Forscher prüfen außerdem Fusion-Fission-Konzepte auf der Basis magnetischer Fusion – einer Alternative zur Laserfusion, bei der die Fusionsreaktion innerhalb starker Magnetfelder stattfindet. 2009 schlugen Wissenschaftler der University of Texas in Austin einen Hybridreaktor mit einem kompakten Magnetfusionstrigger vor. In China evaluieren Forscher entsprechende Techniken, die für die Energiegewinnung optimiert sind, der Erzeugung von konventionellem Kernbrennstoff dienen oder nuklearen Abfall verbrennen können.
Jede Art von Fusionsenergie ist ein radikaler Vorschlag. Selbst wenn Moses' Anlage noch in diesem Jahr eine Zündung demonstriert – es blieben große Hürden auf dem Weg zur Realisierung eines solchen Kraftwerks. Winzige Fusions-Pellets, Meisterwerke der Ingenieurskunst, müssten kostengünstig in Massen produziert werden. Alle zehn Sekunden muss eine Zündung erfolgen, was den Einsatz einer ganzen Reihe bislang unausgereifter Verfahren erfordert. Die National Ignition Facility erreicht derzeit jedenfalls nur einige wenige "Zielschüsse" pro Tag.
Hybride Methoden erfordern außerdem Technologien, die bei einer reinen Fusion nicht nötig wären – insbesondere die Fissionsschicht, die spaltbares Material enthält, welches höheren Temperaturen und einem stärkeren Neutronenbeschuss standhalten muss als in einem konventionellen Reaktor. Die Vorschläge dazu reichen von festen, vielschichtigen Kügelchen bis zu Lösungen aus Uran, Thorium oder Plutonium in geschmolzenen Salzen.
Die Herausforderungen sind also gewaltig. Doch Edward Moses hat einen aggressiven Entwicklungsplan entworfen, um sie zu meistern. Zunächst jedoch muss sein Labor beweisen, dass sich die Laserfusion tatsächlich zünden lässt.
Solares Benzin
Gebündeltes Sonnenlicht und Kohlendioxid treiben Fahrzeuge an (von David Biello)
Die Sonne überflutet die Erde pro Stunde mit mehr Energie, als unsere Zivilisation in einem Jahr benötigt. Wenn Wissenschaftler nur einen Bruchteil dieses Überflusses in flüssigen Treibstoff umwandeln könnten, wären alle Probleme gelöst, die unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen für unser Transportwesen verursacht. "Chemische Treibstoffe führten zu einer echten Wende, wenn man sie direkt, nachhaltig und billig aus Sonnenlicht produzieren könnte", bemerkt Nathan Lewis, Direktor des Joint Center for Artificial Photosynthesis am California Institute for Technology.
Ein faszinierendes Projekt der Sandia National Laboratories beispielsweise nutzt einen sechs Meter großen Parabolspiegel in der Wüste von New Mexico, um Sonnenlicht auf einen zylinderförmigen, etwa einen halben Meter großen Apparat zu konzentrieren. Das gebündelte Sonnenlicht fällt durch eine Öffnung in der Wandung der Maschine auf ein Dutzend konzentrischer Ringe, die einmal pro Minute rotieren. Am Rand der Ringe befinden sich Zähne aus Eisen- oder Ceroxid, die sich im Sonnenlicht auf 1500 Grad Celsius aufheizen, bis die Hitze den Sauerstoff aus den Oxiden herausbricht. Laufen die Zähne dann erneut in den dunklen, kühlen Bereich des Reaktors, nehmen sie wieder Sauerstoff aus Wasserdampf oder Kohlendioxid auf, die in die Kammer geleitetet werden, und produzieren dadurch energiereichen Wasserstoff oder Kohlenmonoxid.
Die erzeugte Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid wird als Synthesegas – kurz Syngas – bezeichnet; es handelt sich um die Grundbausteine fossiler Brennstoffe und vieler Chemikalien bis hin zu Kunststoffen. Der Prozess kann sogar so viel Kohlendioxid absorbieren, wie bei der Verbrennung des Kraftstoffs frei wird. Ein solches System solarer Brennstoffe "ist wie drei Fliegen mit einer Klappe schlagen", sagt Arun Majumdar, Direktor der Advanced Research Projects Agency for Energy: saubere Treibstoffproduktion, größere Energiesicherheit, verringerte Kohlendioxidemissionen.
Auch an anderen Instituten entwickeln Forscher Maschinen zur Syngas-Produktion, so an der ETH Zürich und an der University of Minnesota. Und eine Reihe von Start-up-Unternehmen verfolgen weitere Strategien: Sun Catalytix in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts taucht einen billigen Katalysator in Wasser und erzeugt so mit Strom aus Solarzellen Wasserstoff und Sauerstoff. Liquid Light in Monmouth Junction in New Jersey leitet Kohlendioxid durch eine elektrochemische Zelle, so dass Methanol entsteht. Und Lewis selbst entwickelt künstliche Blätter aus halbleitenden Nanodrähten, die Sonnenlicht absorbieren und damit Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten.
Natürlich müssen auch hier in der Praxis Schwierigkeiten überwunden werden. In den Sandia-Labors bekommen die Zähne Risse, was die chemischen Reaktionen behindert. "Die Temperaturen schwanken ständig zwischen 900 und 1500 Grad Celsius, das verlangt dem Material viel ab", bemerkt der Chemiker Gary Dirks, Direktor von LightWorks an der Arizona State University, der selbst nicht an dem Sandia-Projekt beteiligt ist. Im nächsten Schritt soll deshalb entweder die Struktur der Oxid-Zähne auf der Nanoebene widerstandsfähiger gemacht oder neue Materialien entwickelt werden, die dies besser aushalten. Und auch die hohen Kosten für den Spiegel gilt es noch zu senken. Die Sandia-Forscher schätzen, dass sich mit ihrer Syngas-Maschine Treibstoff für zehn Dollar pro Gallone – umgerechnet 1,83 Euro pro Liter – herstellen ließe. "Noch haben wir nichts gefunden, was unseren Ansatz unmöglich machen würde", sagt der Chemieingenieur und Miterfinder James E. Miller, "aber wir sind noch weit davon entfernt, ihn auch wirklich betriebsreif zu machen."
Quantenvoltaik
Heiße Elektronen verdoppeln die Effizienz von Solarzellen (von J.R. Minkel)
Heutige Solarzellen wandeln lediglich 10 bis 15 Prozent des empfangenen Lichts in Strom um – deshalb ist Sonnenenergie so teuer. Ein Grund dafür ist, dass eine einzelne Schicht Licht absorbierenden Siliziums einen theoretisch maximalen Wirkungsgrad von 31 Prozent besitzt – im Labor erreichen die besten Zellen momentan einen Wirkungsgrad von 26 Prozent. Neue Entwicklungen im Bereich von Halbleiterkristallen oder Quantenpunkten könnten dieses theoretische Maximum auf über 60 Prozent erhöhen und damit die Produktion von Solarzellen ermöglichen, die Strom zu einem wettbewerbsfähigen Preis liefern.
In einer konventionellen Zelle schlagen Photonen Elektronen aus dem Silizium heraus. Die Elektronen können sich dann frei in einen Leitungsdraht hineinbewegen und so einen Strom erzeugen. Leider weisen viele Photonen der Sonnenstrahlung eine zu hohe Energie auf: Wenn sie auf das Silizium treffen, setzen sie "heiße" Elektronen frei, die ihre Energie rasch in Form von Wärme wieder abgeben und in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren, bevor sie den leitenden Draht erreichen. Wenn sich die heißen Elektronen vor ihrer Abkühlung abgreifen ließen, könnte man den maximalen Wirkungsgrad verdoppeln.
Dies gelänge beispielsweise, wenn man die Abkühlung verlangsamt und so die Zeit verlängert, in der die Elektronen über den Leitungsdraht abfließen können. Im vergangenen Jahr verwendeten der Chemiker Xiaoyang Zhu von der University of Texas in Austin und seine Kollegen Quantenpunkte aus einigen tausend Atomen für diesen Zweck. Zhu brachte Blei-Selenid-Punkte auf einer leitenden Schicht aus Titandioxid auf: Als er diese Schicht bestrahlte, brauchten die Elektronen 1000-mal länger für ihre Abkühlung. Zhu "hat wirklich gezeigt, dass diese Idee machbar ist", sagt Prashant Kamat von der University of Notre Dame, der an den Forschungen nicht beteiligt war. Zhu sucht nun außerdem nach einem Weg, um möglichst viele der heißen Elektronen in Strom zu verwandeln, damit der Leiter selbst nicht zu viel Wärme absorbiert.
Bis daraus eine funktionierende Solarzelle entsteht, vergeht noch viel Zeit. "Wir müssen die gesamte Physik verstehen – wie die Elektronen abkühlen, wie sie in den Leiter wandern", sagt Zhu. "Wenn wir all das herausgefunden haben, können wir sagen, woraus das beste Material besteht, das man dafür benutzen sollte. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir es schaffen. Ich möchte diese Solarzellen auf meinem Dach sehen."
Wärmekraftmaschinen
Legierungen mit Formgedächtnis erzeugen zusätzliche Energie für Autos, Haushaltsgeräte und andere Maschinen (von Bijal P. Trivedi)
Bis zu 60 Prozent der in den USA erzeugten Energie werden verschwendet – ein großer Teil davon als Wärme in Millionen von Fahrzeugen und Kraftwerken. Wissenschaftler von General Motors in Warren im US-Bundesstaat Michigan versuchen deshalb, diese vergeudete Energie mit exotischen Materialien einzufangen. Sie nutzen dazu Legierungen mit Formgedächtnis, die Wärme in mechanische Energie umwandeln und daraus dann Elektrizität gewinnen können. Erstes Ziel von Teamleiter Alan Browne ist das Recycling von Wärme aus dem Auspuffsystem, um damit Klimaanlagen oder Autoradios zu betreiben und den Motor von diesen Verbrauchern zu entlasten.
Browne plant, die Wärmeenergie mit einem Riemen aus dünnen, parallelen Drähten aus einer Nickel-Titan-Legierung zu "ernten", der sich an eine bestimmte Form "erinnert", das heißt, die Legierung springt stets zwischen zwei Zuständen hin und her. In diesem Fall handelt es sich um einen steifen Grundzustand bei höheren Temperaturen und einen biegsamen Zustand bei niedrigeren Temperaturen. Im GM-Entwurf läuft der Riemen über drei Rollen, die ein Dreieck bilden. Eine Ecke des Dreiecks liegt nahe am heißen Auspuffsystem, eine andere Ecke ist möglichst weit davon entfernt an einer kühleren Stelle. Da sich der Riemen in der heißen Ecke zusammenzieht und in der kühlen Ecke ausdehnt, zieht er sich selbst herum und treibt die Rollen an. Diese Rollen kurbeln wiederum eine Achse an, die an einen Generator gekoppelt ist: Je größer die Temperaturdifferenz, desto schneller dreht sich der Riemen und desto mehr Strom entsteht.
Der Prototyp von GM zeigt zwar, dass das Verfahren im Prinzip funktioniert, es ist aber noch weit vom Alltagsgebrauch entfernt: Ein kleiner, zehn Gramm schwerer Draht produziert moderate zwei Watt, die ausreichen, um eine Nachtleuchte zu betreiben. Browne behauptet, dass die Technik sich innerhalb von einem Jahrzehnt vergrößern und zur Marktreife entwickeln ließe. Es gäbe zudem keinerlei technische Hindernisse, Legierungen mit Formgedächtnis auch nachträglich in Haushaltsgeräten oder in Kühltürmen von Kraftwerken zu installieren. Sie ermöglichen jedenfalls eine Vielzahl von Anwendungen, die bislang als nicht praktikabel angesehen wurden, weil sie im Gegensatz zu anderen Materialien selbst bei Temperaturunterschieden von nur zehn Grad funktionieren, erläutert Geoff McKnight, ein mit Browne zusammenarbeitender Materialwissenschaftler von HRL Laboratories.
Der GM-Entwurf ist zwar gradlinig, aber trotzdem spekulativ. Legierungen mit Formgedächtnis leiden an Ermüdung, sie werden brüchig. Sie müssen drei Monate lang kontinuierlich bearbeitet werden, damit sich der Grundzustand einprägt. Es ist schwierig, die Drähte zu einem Riemen zu verbinden. Und es ist eine Herausforderung, einen Weg zu finden, wie man dieses Band dann mit Luft effizient erhitzen und abkühlen kann. Browne gibt keine genauen Auskünfte darüber, wie sein Team diese Probleme lösen will. Er erläutert lediglich, dass sein Team die Breite des Riemens, seine Geometrie und die Methoden der Erhitzung und Abkühlung variiert – jede Variable, "die der Wissenschaft und den Menschen einfällt", wird verändert.
GM ist nicht das einzige Unternehmen, das sich an der Wiederverwendung von Wärmeenergie versucht. Sanjiv Sinha von der University of Illinois entwickelt flexible Festkörpermaterialien, die Wärme in Elektrizität umwandeln können. Wenn sich Wärmekraftmaschinen in vorhandene und neue Geräte einbauen lassen, dann gibt es dafür unzählige Anwendungsmöglichkeiten: Tausende von Kühltürmen, Heizkessel in Fabriken, Millionen von Heizkörpern in Wohnungen, Kühlschränke und Kamine, Traktoren, Lastkraftwagen, Züge und Flugzeuge. So ließen sich weltweit Milliarden von Kilowattstunden erzeugen, und der Verbrauch an fossilen Brennstoffen würde reduziert.
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