Radioastronomie: Rätselhafte Radioblitze leuchten am Himmel
Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dan Thornton von der University of Manchester stieß in Archivdaten des 64-Meter-Radioteleskops von Parkes in Australien auf vier ultrakurze Radioblitze, die uns offenbar aus großen Entfernungen erreichten. Die Blitze leuchteten nur wenige Millisekunden am Himmel auf und wiederholten sich nicht, als die Forscher die betreffenden Himmelsregionen erneut mit dem Radioteleskop untersuchten. Derart kurze Radiosignale wurden noch nie beobachtet; normalerweise registrieren die Radioastronomen bei Signalen von außerhalb unseres Milchstraßensystems Änderungen über Stunden, Tage oder Monate hinweg. Die Messdaten wurden im Rahmen eines Forschungsprogramms gesammelt, das Ausschau nach kurzzeitigen Signalen von näher gelegenen galaktischen Radioquellen hielt.
Die geringe Dauer der vier bislang registrierten Ausbrüche und die aus den Signalen abgeleiteten großen Entfernungen weisen auf sehr energiereiche Vorgänge als Ursache hin. Sie ereigneten sich zu Zeiten, als unser Universum zwischen sechs und neun Milliarden Jahren alt war, was etwa 44 bis 66 Prozent des heutigen Alters von 13,7 Milliarden Jahren entspricht.
Bei den Ausbrüchen sind große Mengen an Energie und auch Materie im Spiel. Daher vermuten die Forscher, dass beispielsweise zwei miteinander verschmelzende Neutronensterne oder ein Kollaps eines sterbenden massereichen Sterns die Ursache sein könnten. Eine andere Möglichkeit ist ein Magnetar, ein Neutronenstern mit extrem starkem Magnetfeld. In diesem sind große Mengen an Energie gespeichert, die unter besonderen Umständen schlagartig freigesetzt werden können. Matthew Bailes von der australischen Swinbourne University und Koautor der Studie meint dazu: "Magnetare können in einer Millisekunde mehr Energie abstrahlen als unsere Sonne in 300 000 Jahren." Aber der Ursprung der Radioblitze bleibt weiterhin ein Rätsel, da die Astronomen bislang nur grob ihre Ursprungsorte am Himmel lokalisieren konnten.
Die Forscher wollen nun die Suche nach weiteren Radioblitzen intensivieren und diese auch dazu nutzen, mehr über die Eigenschaften des intergalaktischen Raums zu erfahren, der die Galaxien voneinander trennt. Wenn es gelingt, die Ursprünge der Blitze genau festzustellen, dann lässt sich unter anderem die Elektronendichte in den Weiten des Kosmos bestimmen, welche die Signale durchlaufen haben. Radiowellen wechselwirken mit den Elektronen und verändern dabei ihre Frequenz. Je stärker diese Veränderungen sind, desto höher ist die Elektronendichte. Aus dieser kann dann auf die Menge an gewöhnlicher Materie zwischen den Galaxien geschlossen werden.
Auf jeden Fall haben die Beobachtungen von Dan Thornton große Beachtung bei den Radioastronomen und Kosmologen gefunden. So sagte Scott Ransom, ein Astronom am US-amerikanischen National Radio Astronomy Observatory, der nicht an den Untersuchungen beteiligt war, gegenüber "Nature": "Dies ist eine der bedeutendsten Entdeckungen im Radiowellenbereich der letzten Jahrzehnte."
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