Rarer Fund: Ein Bärtierchen, in Bernstein konserviert
Bärtierchen – winzige Organismen, die im Wasser oder an feuchten Stellen an Land leben – sind als extrem hartnäckig bekannt. Sie überleben es beispielsweise, wenn man sie auf der Außenseite einer Raumsonde eine Zeit lang ungeschützt dem Weltraum aussetzt. Oder wenn man sie über Jahrzehnte in eine Tiefkühltruhe sperrt. Dass die Lebensgeister auch in das Exemplar zurückkehren, das ein Forschungsteam um Phillip Barden vom New Jersey Institute of Technology nun der Fachwelt im Journal »Proceedings of the Royal Society B« vorstellt, ist dagegen eher unwahrscheinlich: Es wurde vor 16 Millionen Jahren von einem Tropfen Harz eingeschlossen, der anschließend versteinerte.
Per Zufall waren die Mitglieder von Bardens Teams darauf gestoßen. Eigentlich waren sie auf die ebenfalls eingeschlossenen Ameisen aus gewesen, als jemand nach Monaten den winzigen Fleck an einer Stelle des Präparats bemerkte. Er entpuppte sich bei (sehr) genauem Hinsehen als ein etwa einen halben Millimeter großes Bärtierchen. Ein Sensationsfund, sagt Barden: »Das gibt es nur einmal in jeder Generation.«
Damit sind jetzt genau drei fossile Bärtierchen (Tardigrada) bekannt. Die zwei bisher gefundenen stammen aus der Kreidezeit und sind so noch einmal deutlich älter. Bärtierchen versteinern kaum, weil sie einen so weichen Körper haben. Und wenn sie doch einmal versteinerten, lassen sie sich selten aufspüren, weil sie so klein sind.
Die Fachleute aus Bardens Gruppe untersuchten ihren Fund mit spezieller Mikroskoptechnik und kamen zu dem Schluss, dass es sich um einen Angehörigen der Eutardigradia handelt, genauer um den ersten bekannten Vertreter der Superfamilie Isohypsibioidea, die durch unterschiedlich große Klauen an allen Stummelbeinen charakterisiert ist. Dem Fossil gaben sie den Artnamen Paradoryphoribius chronocaribbeus. Das -caribbeus spielt dabei auf die karibische Herkunft des Bernsteins an.
Bärtierchen hätten schon »alles gesehen auf dieser Erde«, sagt Barden – von dem Zeitalter, als die Pflanzen das trockene Land eroberten, bis hin zum Niedergang der Saurier und dem Aufstieg der Säugetiere. »Trotzdem sind sie wie eine Art Geisterlinie für Paläontologen, praktisch ohne fossile Belege.« Der Neufund helfe, ihre Entwicklung durch die Erdgeschichte nachzuvollziehen. Allerdings kratzt auch er nur an deren äußerstem Ende, denn die Linie der Bärtierchen spaltete sich wohl schon vor 540 Millionen Jahren im Kambrium von der übrigen Tierwelt ab. Als engste Verwandte gelten heute Gliederfüßer und Stummelfüßer.
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