Hirnforschung: Ratten träumen von Orten, an denen sie gerne wären
Ratten können von einem Ort träumen, obwohl sie ihn noch nie besucht, sondern nur gesehen haben. Das zeigt jetzt eine Studie von Hirnforschern um Hugo Spiers vom University College London, die das Gehirn der schlafenden Tiere mit Elektroden angezapft haben. Offenbar verfügen die Tiere also über ein gewisses Maß an Vorstellungsvermögen.
Die Träume einer Ratte zu erforschen, ist möglich dank der Aktivität so genannter Ortszellen in ihrem Hippocampus. Jede dieser Zellen spezialisiert sich auf einen bestimmten Punkt in der Umgebung des Tiers und wird immer dann aktiv, wenn die Ratte an diesen Ort gelangt. Schläft das Tier, beginnen die Ortszellen erneut zu feuern, wobei die Reihenfolge, in der sie aktiv werden, nahelegt, dass die Ratte gedanklich durch ihren Käfig läuft.
Dieses Prinzip machten sich jetzt Spiers und Kollegen zu Nutze. Sie setzten ihre Versuchstiere in einen T-förmigen Käfig und vergitterten den Zugang in den "Querbalken", an dessen einen Ende sie gut sichtbar einen Leckerbissen deponierten. Dann ließen sie die Ratten schlafen und beobachteten mit Hilfe implantierter Elektroden das Hirnareal, in dem sich die Ortszellen befinden. Es zeigte sich, dass immer auch Zellen aktiv wurden, die jenseits des besuchten Käfigbereichs lagen – und die dem Seitenarm entsprachen, in dem sich das Futter befunden hatte, wie ein anschließender Test zeigte, in dem die Ratten tatsächlich diesen Bereich betreten durften.
Gewissermaßen scheinen die Nager also davon geträumt zu haben, den gewünschten Ort zu erreichen – zumindest hat ihr Gehirn die komplette Route zum Leckerbissen aktiviert und "durchgespielt", ähnlich wie dies im Schlaf für tatsächlich absolvierte Laufwege geschieht.
Ortszellen und andere Neurone mit verwandten Aufgaben finden sich auch im menschlichen Hippocampus. Die Untersuchung an den Ratten soll den Forschern verstehen helfen, wie das Gehirn mentale Karten der Umgebung anlegt und Orientierungsaufgaben bewältigt. Anscheinend genügten dem Rattenhirn rein visuelle Informationen, um ein grobes Schema anzulegen, das dann durch tatsächliche Besuche weiter verfestigt werde, erklären die Wissenschaftler.
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