Private Mondmission: Auf erfolgreichen Raketenstart folgen technische Probleme
Der Start der neuen US-amerikanischen Trägerrakete Vulcan am 8. Januar 2024 war ein strahlender Erfolg. Um 8.18 Uhr mitteleuropäischer Zeit hob die Rakete vom Raumfahrtstartplatz Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida zu ihrem Jungfernflug ab, pünktlich auf die Sekunde. Der erste Teil der Reise in eine Parkbahn um die Erde verlief einwandfrei, dort verblieb die zweite Stufe mit ihrer Nutzlast für rund eine halbe Stunde. Dann zündeten die beiden Triebwerke der Centaur-Oberstufe erneut und brachten den rund 1,3 Tonnen schweren Mondlander Peregrine auf eine Transferbahn zum Erdtrabanten. Gelänge die Landung am 23. Februar wie geplant, wäre dies die erste kommerzielle Mondlandung der Geschichte. Bisher ist das Kunststück ausschließlich staatlichen Raumfahrtbehörden gelungen. Doch nun gibt es technische Probleme: Die Solarpanele von Peregrine ließen sich nach Aussage des Herstellers Astrobotic nicht wie geplant in Richtung Sonne ausrichten.
Beim Flugverlauf der neuen Trägerrakete traten zunächst keinerlei Probleme auf: Der Abwurf der beiden Feststoffbooster, der Brennschluss und die Abtrennung der ersten Stufe verliefen exakt nach Plan. Auch die erste Zündung der zweiten Stufe und der Abwurf der Nutzlastschutzhülle erfolgten wie gewünscht. Allerdings hatte sich der Erstflug der Vulcan gegenüber den ersten Planungen um rund sechs Jahre verzögert. Die Vulcan-Trägerrakete, die je nach Nutzlast und Zielorbit mit bis zu sechs Feststoffboostern ausgestattet werden kann, ersetzt die in die Jahre gekommenen Trägerraketenfamilien Delta-IV und Atlas-V und soll auch billiger sein als diese. Die Vulcan-Trägerraketen werden vor allem Nutzlasten des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums sowie gelegentlich der Raumfahrtbehörde NASA ins All transportieren. Sie soll auch kommerziell für Satellitentransporte angeboten werden, ist aber kostspieliger als die Trägerraketen des Mitbewerbers SpaceX. SpaceX ist derzeit jedoch bis zum Anschlag ausgelastet und kann kaum neue Aufträge annehmen.
Die Haupttriebwerke der ersten Stufe mit der Bezeichnung BE-4 stammen von der Firma Blue Origin des Amazon-Gründers Jeff Bezos und verbrennen flüssigen Sauerstoff und Methan. Für die zweite Stufe griffen die Entwickler der United Launch Alliance, eines Zusammenschlusses der Raumfahrtfirmen Boeing und Lockheed-Martin, auf die bewährte Centaur-Oberstufe zurück, deren Ursprünge in der Apollo-Zeit in den 1960er Jahren liegen. Die beiden RL-10C-Triebwerke verbrennen flüssigen Sauerstoff und Wasserstoff und gelten als sehr zuverlässig.
Mit dem erfolgreichen Absetzen des Peregrine-Landers auf eine Transferbahn zum Mond beginnt die US-Raumfahrtbehörde NASA einen neuen Abschnitt in der Monderkundung. Der Mondlander wurde von der privaten Raumfahrtfirma Astrobotic in Pittsburgh, Pennsylvania, entwickelt und gebaut. Die Sonde fliegt im Rahmen des NASA-Programms CLPS (Commercial Lunar Payload Services) ins All. Hier bezahlt die NASA dafür, dass ihre wissenschaftlichen Geräte von Astrobotic wie von einer Spedition zum Mond transportiert werden.
Astrobotic gibt sogar konkrete Preise dafür an: Ein Kilogramm Nutzlast auf den Erdtrabanten zu befördern, kostet 1,2 Millionen US-Dollar, ein Flug in die Mondumlaufbahn 300 000 US-Dollar pro Kilogramm. Im Prinzip kann damit jeder, der über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, Geräte oder andere Dinge zum Mond transportieren lassen. An Bord des Landers befinden sich diesmal mehrere Messgeräte, die etwa Wassermoleküle auf dem Mond aufspüren, Strahlung und Gase in der Umgebung des Landers messen und die lunare Exosphäre (die dünne Gasschicht auf der Mondoberfläche) untersuchen sollen. Ohne wissenschaftliche Bedeutung ist die DHL MoonBox, die private Erinnerungsstücke zum Mond transportiert.
Nun allerdings teilte die Firma auf der Plattform »X« mit, dass eine »Anomalie« aufgetreten sei, die den Mondlander daran hindert, seine Solarpaneele auszufahren und zur Sonne auszurichten. Ohne die Möglichkeit, die Batterien aufzuladen und die Stromversorgung aufrechtzuerhalten, kann die Mission jedoch nicht fortgesetzt werden. Astrobotic erklärte, dass die Ingenieure an dem Problem arbeiteten und weitere Einzelheiten veröffentlicht würden, sobald es neue Informationen gebe.
An Update on Peregrine Mission One: pic.twitter.com/Q20dGVOMml
— Astrobotic (@astrobotic) January 8, 2024
Peregrine (englisch für: Wanderfalke) ist ein Prototyp und kann bis zu 100 Kilogramm wissenschaftlicher Geräte zur Mondoberfläche transportieren. Der Lander soll auf der Oberfläche nur rund einen Mondtag durchhalten, dann wird er als solarbetriebenes Gerät der Dunkelheit und der Kälte zum Opfer fallen, ähnlich wie die indische Landesonde Vikram im August 2023. Astrobotic plant schon einen leistungsfähigeren Mondlander namens Griffin, der bis zu 625 Kilogramm Nutzlast auf die Mondoberfläche transportieren kann. Die Landung von Peregrine ist in der Nähe der vulkanischen Gruithuisen-Dome im Mare Imbrium auf der Mondvorderseite vorgesehen. Das Mare Imbrium ist das linke »Auge des Mondgesichts«.
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