Jupitermond: Raumsonde Juno blickt in die Vulkanschlünde auf Io
Am 3. Februar 2024 ist die Raumsonde Juno dem innersten der vier großen Jupitermonde Io sehr nahe gekommen. Im Minimum trennten nur rund 1500 Kilometer die Raumsonde von der Oberfläche des vulkanisch aktiven Monds. Somit gelangen mit der Bordkamera JunoCam detaillierte Bilder, die derzeit zur Erde übermittelt werden. Einige Aufnahmen sind schon eingetroffen und liegen als Rohbilder vor, sie dürfen von der allgemeinen Öffentlichkeit ausgewertet werden. Juno wird von der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA betrieben.
Schon die unbearbeiteten Rohbilder des faszinierenden Jupitermonds zeigen viele Einzelheiten auf der von bunten Schwefelverbindungen geprägten Oberfläche. Da Io noch viel stärker als unsere Erde vulkanisch aktiv ist, gibt es auf ihm keine großen Einschlagkrater wie auf unserem Mond. Alle runden dunklen Flecken sind vulkanische Strukturen – überwiegend Einbruchkrater, so genannte Calderen. Aus ihnen quillt zeitweise glühende Silikatlava hervor, die bis 1400 Grad Celsius heiß sein kann; sie ist somit heißer als die meisten irdischen Laven.
Neben Silikatlava treten aus den Io-Vulkanen Unmengen an Schwefel aus, der sich auf der Oberfläche ablagert und sie je nach Temperatur bunt einfärbt. Im Allgemeinen überwiegen gelbe Farbtöne, aber auch rote Flecken sind an manchen Orten sichtbar. Durch den schrägen Lichteinfall auf den Bildern tritt das erstaunlich intensive Relief der Oberfläche hervor. Auf Io befinden sich zahlreiche hohe Berge, die steil in den Himmel ragen. Die größten gemessenen Höhen betragen bis zu 17 Kilometer relativ zur Umgebung. Schaut man sich den beleuchteten Rand der Io-Kugel an, so ist die Kurve an manchen Stellen durch Berge unterbrochen.
Interessant ist auch, warum man auf der Nachtseite von Io Strukturen erkennen kann: Diese Seite des Monds wird von der hellen Oberfläche des Mutterplaneten Jupiter so stark ausgeleuchtet, dass es mit der JunoCam möglich ist, auch die Nachtseite sichtbar zu machen, die im Jupiterschein liegt. Unterhalb der Mitte der direkt von der Sonne beleuchteten Sichel befindet sich der Vulkan Ra Patera, der schon von den beiden Voyager-Raumsonden im Jahr 1979 im Vorbeiflug fotografiert wurde. Er ist von zahlreichen hellen Lavaflüssen umgeben, die sich annähernd in alle Himmelsrichtungen über mehrere hundert Kilometer ausbreiten. Unmittelbar daneben ragt ein hoher Gebirgszug auf.
Schräg oberhalb von Ra Patera lässt sich eine D-förmige Struktur erkennen. Es ist der Vulkan Loki Patera mit einem erstarrten Lavasee. Er erscheint auf den meisten Bildern pechschwarz, hier jedoch wirkt er glänzend. Offenbar hat er eine sehr glatte Oberfläche, die das Sonnenlicht gut reflektiert. Auch Loki Patera wurde von den Voyager-Raumsonden entdeckt, zu dieser Zeit stieß er Gas und Lava aus. Derzeit scheint er zu ruhen, er kann aber jederzeit wieder aktiv werden.
Die extreme vulkanische Aktivität auf Io, der mit 3643 Kilometer Durchmesser nur geringfügig größer ist als unser Mond, geht auf die enormen Gezeiten zurück, die durch Jupiter hervorgerufen werden. Io rotiert wie die meisten großen Monde gebunden, das heißt, er weist Jupiter stets die gleiche Seite zu. Somit sollten die Gezeitenberge auf Io, die bis zu 500 Meter hoch sind, längst erstarrt sein. Aber die Nachbarmonde Europa und Ganymed, die Jupiter mit einem ganzzahligen Vielfachen der Umlaufdauer von Io umrunden, lenken den Mond periodisch immer wieder aus der Ruhelage ab, so dass die Gezeitenberge auf Io etwas hin und her wandern. Somit kommt es zu extrem starker Reibung im silikatischen Mantel von Io, der dadurch zu einem großen Teil aufgeschmolzen ist. Im Fall von Io stimmt also die Vorstellung eines glutflüssigen Inneren, während der Gesteinsmantel unserer Erde zu rund 98 Prozent aus festem Gestein besteht.
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