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Reparatur aus der Distanz: Raumsonde Voyager 1 ist wieder voll funktionsfähig

Die altehrwürdige NASA-Raumsonde Voyager 1 hat nach sechs Monaten Pause ihren normalen Wissenschaftsbetrieb wieder aufgenommen. Dass die vier verbliebenen Instrumente noch laufen, grenzt an ein Wunder.
Im interstellaren Raum
Inzwischen hat die Sonde unser Sonnensystem verlassen und ist mit einer Distanz zur Erde von 24 Milliarden Kilometer weiter entfernt als jedes andere von Menschenhand geschaffene Objekt.

Die Voyager-1-Mission der NASA hat nach mehr als sechs Monaten zum ersten Mal wieder einen normalen wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen. Das teilte die US-amerikanische Raumfahrtbehörde jetzt in ihrem Blog mit. Die Ankündigung erfolgte, nachdem sichergestellt werden konnte, dass alle vier verbliebenen wissenschaftlichen Instrumente der Raumsonde wieder verwertbare Forschungsdaten zur Erde funken. Zu Betriebsbeginn vor mehr als 40 Jahren waren es mal elf Systeme gewesen.

Zuletzt hatte Voyager 1 ein Kommunikationsproblem. Es begann im November 2023. »Die Einsen und Nullen, die Voyager 1 uns übermittelte, enthielten keine wissenschaftlichen Daten mehr, sondern nur noch einen Piepton«, sagte Linda Spilker, Projektwissenschaftlerin am Jet Propulsion Laboratory (JPL), in einem Interview mit »Scientific American« im März.

Dass die Raumsonde überhaupt noch intakt ist, grenzt an ein Wunder. Als sie 1977 auf die Reise geschickt wurde, war Helmut Schmidt deutscher Bundeskanzler und in den Kinos lief der erste Film der »Star Wars«-Reihe. Inzwischen hat die Sonde unser Sonnensystem verlassen und ist damit weiter von der Erde entfernt als jedes andere von Menschenhand geschaffene Objekt – unvorstellbare 24 Milliarden Kilometer oder die 160-fache Distanz der Erde von der Sonne. Jedes Signal von der Erde bis zu ihr braucht gegenwärtig 22,5 Stunden. Voyager 1 und ihr Zwilling Voyager 2 sind die am längsten laufenden Missionen der NASA. Dabei waren sie ursprünglich nur für eine Betriebsdauer von vier Jahren konzipiert worden. Doch so langsam zeigen sie erste Alterserscheinungen: Ihre nuklearen Energiequellen produzieren immer weniger Saft, etliche Instrumente mussten abgeschaltet werden, Pannen werden häufiger.

Bordtechnik stammt aus den 1970er Jahren

Nach mehr als sechs Monaten der Fehlersuche über enorme Entfernungen haben die Ingenieure es schließlich geschafft: Die Verbindung zu Voyager 1 steht, und in den Daten stecken wieder brauchbare Informationen. Die Behebung des Problems erforderte monatelange Analysen, um das Problem auf einen bestimmten Chip im Flugdaten-Subsystem der Raumsonde zurückzuführen. Da der Chip aus der Ferne natürlich nicht repariert werden konnte, beschloss das Team, den betroffenen Code an anderer Stelle im internen Speicher zu platzieren. Das System stammt jedoch aus den 1970er Jahren. Kein einziger Speicherplatz der Sonde ist groß genug, um den gesamten Code aufzunehmen. Daher musste er in Abschnitte unterteilt und über den gesamten Bordcomputer verteilt werden.

Die NASA begann im April mit der Implementierung der neuen Befehle. Im Mai wies die Behörde die alternde Sonde an, die Sammlung und Übertragung wissenschaftlicher Daten wieder aufzunehmen. Das Plasmawellen-Subsystem und das Magnetometer von Voyager 1 funktionierten sofort wieder. Der Detektor für kosmische Strahlung und das Instrument für hochenergetische geladene Teilchen erforderten eine zusätzliche Fehlersuche, aber beide laufen nach Angaben der NASA jetzt wieder normal. Nun muss das Missionspersonal allerdings noch die Zeitmessungssoftware der drei Computer von Voyager 1 neu synchronisieren, das Gerät warten, das die Daten des Plasmawelleninstrument des Raumfahrzeugs aufzeichnet sowie weitere kleinere Aufgaben erledigen.

Insgesamt bieten die vier Instrumente von Voyager 1 den Wissenschaftlern einen wertvollen Einblick in den interstellaren Raum. Voyager 1 und 2 sind die einzigen beiden in Betrieb befindlichen Raumsonden, welche die Heliosphäre durchquert haben, jene Blase aus geladenen Teilchen, die den Einfluss des Sonnenwinds auf das Sonnensystem markiert. Diese Blase wächst und schrumpft, wenn die Sonne ihren elfjährigen Aktivitätszyklus durchläuft.

Die Wissenschaftler hätten sich zu Missionsbeginn nie träumen lassen, dass Voyager 1 eines Tages in der Lage sein würde, diese exotischen Teilchen zu untersuchen. Ihre primären wissenschaftlichen Ziele waren Jupiter, Saturn, die Ringe des Saturn und Titan, Saturns größter Mond – an allen flog die Sonde innerhalb weniger Jahre nach ihrem Start vorbei. Seitdem hat Voyager 1 alle Herausforderungen überstanden. So ist die Reise der Sonde durch das Sonnensystem und den interstellaren Raum noch lange nicht zu Ende.

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