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Raumsonden: Merkursonde BepiColombo muss länger fliegen

Wegen Problemen mit der Energieversorgung wird die europäische Merkursonde BepiColombo erst im November 2026 in eine Umlaufbahn einschwenken, geplant war bislang Dezember 2025. Am 4. September passierte die Sonde zunächst zum vierten Mal ihren Zielplaneten.
BepiColombo
Wird hoffentlich im November 2026 Wirklichkeit: Die beiden Teilsonden von BepiColombo sind in Umlaufbahnen um Merkur unterwegs.

Seit rund sechs Jahren umrundet die europäische Raumsonde BepiColombo die Sonne auf ihrem langen Weg zum sonnennächsten Planeten Merkur. Um bei dieser aus bahnenergetischen Gründen schwierig zu erreichenden Welt anzukommen, fliegt die Sonde neunmal dicht an Planeten vorbei. Sechs solcher Vorbeiflüge wurden in den vergangenen Jahren absolviert: einmal an der Venus, zweimal an der Erde und bereits dreimal an Merkur. Nun liegt die vierte von sechs vorgesehenen Passagen an Merkur hinter uns. Am 4. September 2024 um 23:48 Uhr MESZ erreichte BepiColombo einen minimalen Abstand von 165 Kilometern zur Oberfläche.

Wie die vorangegangenen Swing-bys diente diese Annäherung der Anpassung der Umlaufbahn von BepiColombo um die Sonne an diejenige von Merkur. Nur so lässt sich eine Umlaufbahn um den innersten Planeten erreichen. Aber die Planetenvorbeiflüge allein reichen nicht aus. Die Sonde ist daher mit Ionenantrieben ausgerüstet, deren Schub zwar sehr gering ist, dafür jedoch über Monate hinweg aufrechterhalten werden kann. Die Schubmanöver sorgen dafür, dass sich zumindest nach Plan die Umlaufbahn um Merkur nach sieben Jahren Flugzeit erreichen ließe.

Impressionen vom vierten Merkurvorbeiflug von BepiColombo | In der Nacht vom 4. auf den 5. September 2024 nahm die europäische Raumsonde BepiColombo zahlreiche Bilder des Planeten Merkur auf. Sie zeigen die kraterübersäte Oberfläche des kleinsten Planeten des Sonnensystems.

Aber wie der Betreiber der Sonde, die Europäische Weltraumagentur ESA, mitteilte, gibt es beim Antrieb Probleme. Seit mehreren Jahren sinkt langsam die elektrische Leistung der Solarzellenausleger, welche die Sonde mit Strom versorgen. Und das geschieht deutlich schneller, als im Vorfeld der Mission erwartet wurde. Schuld daran sind möglicherweise thermische Probleme in den Solargeneratoren.

Die Ionentriebwerke von BepiColombo benötigen zwar nur wenig Xenongas für ihren Schub, dafür große Mengen an elektrischer Leistung. Mittlerweile ist die Leistung der Solargeneratoren auf unter 90 Prozent des Anfangswerts gefallen. Somit erzeugen die Ionentriebwerke nicht mehr genügend Schub, um die Mission wie geplant durchzuführen. Daher musste die ESA den Ablauf des restlichen Fluges zu Merkur deutlich modifizieren.

Statt wie bislang geplant im Dezember 2025 in eine Umlaufbahn um Merkur einzutreten, muss die Sonde rund ein Jahr länger um die Sonne fliegen, um dann im November 2026 endlich beim innersten Planeten anzukommen. Und auch der jüngste Merkurvorbeiflug musste geändert werden. Schon im Vorfeld des Vorbeiflugs wurde ein großes und zuvor ungeplantes Schubmanöver mit dem chemischen Antrieb des Triebwerkmoduls durchgeführt, das die Geschwindigkeit von BepiColombo um 65 Meter pro Sekunde veränderte. Das verbrauchte einen signifikanten Anteil des Gesamttreibstoffvorrats. Zudem wurde die geplante Überflughöhe von 200 auf 165 Kilometer abgesenkt, um einen größeren Effekt auf die Flugbahn der Sonde zu erzielen.

Diesmal flog die Sonde über die Pole des Planeten, um ihren Orbit um die Sonne in die Ebene der Merkurumlaufbahn zu kippen. Die Bahn von Merkur ist gegenüber der Erdbahn um etwa sieben Grad geneigt. Am 1. Dezember 2024 und am 8. Januar 2025 wird BepiColombo erneut dicht an Merkur herankommen. Zwischen dem jetzigen vierten und dem kommenden fünften Vorbeiflug an Merkur im Dezember muss der Ionenantrieb mit der derzeit verfügbaren Leistung arbeiten, damit die Sonde dann wirklich im November 2026 in eine Umlaufbahn einschwenken kann. Allerdings ist völlig unklar, ob die Solargeneratoren der Sonde bis dahin nicht noch mehr an Leistung verloren haben, so dass die ganze Mission in Frage steht. Auf jeden Fall beobachten die Verantwortlichen bei der ESA die Situation mit großer Sorge und es wird über Notfallszenarien nachgedacht.

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