Brände: Regenwaldzerstörung in Amazonien auf Zehnjahreshoch
Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hatte es bezweifelt und Ricardo Galvão vom Nationalen Institut für Weltraumforschung (Inpe) deswegen entlassen. Doch die offiziellen Daten der Instituts bestätigen nun erneut, was viele Experten befürchtet hatten: Die Abholzung am Amazonas nahm dieses Jahr deutlich zu und erreichte den höchsten Wert seit 2008. Knapp 10 000 Quadratkilometer Wald wurden im Zeitraum zwischen dem 1. August 2018 und dem 31. Juli 2019 zerstört – ein Anstieg um 30 Prozent zum Vergleichszeitraum davor. Damit wurde doppelt so viel Wald abgeholzt wie im Jahr 2012 mit dem niedrigsten Wert seit Jahrzehnten.
Diese Zahlen sind zwar noch deutlich von den Werten entfernt, die 1995 oder 2003 erreicht wurden, als jeweils mehr als 25 000 Quadratkilometer Axt und Feuer zum Opfer fielen. Sie berücksichtigen allerdings auch noch nicht die Flächen, die im August und September 2019 brannten. Sie rückten die Umweltkrise in Amazonien international ins Blickfeld und verdunkelten mit ihren Rauschschwaden den Himmel über der Millionenmetropole São Paulo. Erst außergewöhnlich starker Regen im Oktober dämmte die Brände ein.
Die aktuelle Politik der Regierung Bolsonaro verspricht zudem keine Trendwende. Erst Anfang November unterzeichnete der Präsident ein Dekret, das den Anbau für Zuckerrohr zur Ethanolgewinnung in Amazonien und dem Pantanal erlaubt. Bereits im Wahlkampf versprach er, das Amazonasgebiet weiter für den Bergbau, die Landwirtschaft und große Infrastrukturprojekte zu öffnen. Auf der anderen Seite wurden Bundesbehörden wie jene für Umwelt oder Indigene geschwächt und ihre Etats gekürzt, so dass Gesetzesverstöße seltener oder gar nicht mehr geahndet werden.
Der zunehmend lückenhafte Wald könnte dadurch wichtige geoökologische Funktionen verlieren. Er schafft sich beispielsweise sein eigenes Klima und sorgt über den kleinen Wasserkreislauf für ausreichend Niederschläge, die den Regenwald selbst erhalten. NASA-Daten deuten darauf hin, dass die Abholzung bereits heute die Atmosphäre über der Region trockener macht, weshalb Dürren wahrscheinlicher und intensiver werden. Diese Entwicklung könnte dazu führen, dass sich der südliche Teil des Amazonas-Regenwalds in eine Savanne verwandeln könnte – mit entsprechenden Folgen für die Biodiversität und das Weltklima. Und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Landwirtschaft im Süden Brasiliens leidet: Sie profitiert vermutlich ebenfalls vom Ferntransport von Feuchtigkeit, die ihren Ausgang in Amazonien nimmt.
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