Zoologie: Reifezeit im Riff
Männchen oder Weibchen – das ist für die meisten Wirbeltiere keine Frage, denn die Rollenverteilung ist strikt in den Genen festgeschrieben. Meergrundeln im Korallenriff erweisen sich hinsichtlich ihres Geschlechts aber als erstaunlich flexibel, selbst im jungen Erwachsenenalter.
Als Unterschlupf haben die farbenfrohen Meergrundeln der Art Gobiodon erythrospilus die Korallenriffe auserkoren. Allerdings ist dieser Wohnraum unter Wasser eine begrenzte Ressource. So beanspruchen brütende Fischpärchen die großen Korallen für sich – schließlich vermögen nur sie die Ansprüche der werdenden Eltern zu erfüllen. Die Alleinstehenden müssen sich zwangsläufig mit den kleineren Korallen begnügen. Erfolgreich fortpflanzen können sich diese Jungtiere erst, wenn sie einen erwachsenen Artgenossen mit komfortabler Unterkunft aufspüren, dessen Partner verstorben ist. Aber solche Gelegenheiten sind rar gesät, zumal Zweierformationen bereits die meisten großen Korallenstöcke besetzen.
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, führten Jean-Paul Hobbs und seine Kollegen von der James-Cook-Universität neben Beobachtungen im Feld eigene Experimente durch. Zunächst ermittelten sie die Gesamtlänge und den Reifegrad von 54 Singles und 96 verpaarten Fischen aus natürlichen Populationen im Großen Barriereriff. Die Werte zeigten eine bemerkenswerte Plastizität der Körpergröße bei der Reife auf: So maß das kleinste reife Individuum gerade 25,2 Millimeter, das größte unreife hingegen 44 Millimeter. Demnach tritt die Reifung innerhalb eines 19 Millimeter umfassenden Größenbereichs ein.
Fische aus einem Zweierverbund waren mit weitaus höherer Wahrscheinlichkeit voll entwickelt als Singles, nämlich 91 Prozent gegenüber 52 Prozent. Zudem reiften sie bei geringerer Körpergröße als allein stehende Artgenossen. Während die meisten Individuen mit Brutpartner aus den kleineren Größenklassen ihr Geschlecht ausgeprägt hatten, waren die meisten einsamen Fische aus denselben Klassen noch unreif. Der Anteil von reifen Singles stieg jedoch mit zunehmender Körpergröße an. Aufgrund der unbekannten Lebensgeschichte der Individuen vor dem Fang mutmaßen die Forscher, dass sich einige der schon reifen, aber allein stehenden Tiere gerade ihren Partner verloren haben; einige unreife, verpaarte Fische hingegen erst kürzlich dem Artgenossen begegnet waren.
Doch was löst den Übergang von unreifem Jungfisch zu erwachsenem Elternteil in spe aus? Die Forscher platzierten 43 junge Individuen allein auf sich gestellt in angemessenen Korallenkolonien. Weitere 28 Exemplare setzten sie zusammen mit einem Weibchen in vergleichbar großen Unterkünften aus, und 24 mit einem Männchen. Zuvor hatten sie die Versuchstiere jeweils gekennzeichnet und ihr Geschlecht anhand der charakteristischen Gestalt ihrer Genitalpapillen bestimmt. Nach sechs Wochen untersuchten sie den Reifegrad und das Geschlecht all jener Jungtiere, die in der ursprünglichen experimentellen Anordnung – also allein oder mit dem markierten Partner – verblieben waren.
Und die Ergebnisse fielen eindeutig aus: Alle neun noch immer einsamen Individuen zeigten auch am Ende des Experiments keine Reife. Im Gegensatz dazu waren 21 von 22 verpaarten Jungtieren herangereift – und zwar in das entgegengesetzte Geschlecht ihres Partners: Elf von zwölf mit einem Männchen vergesellschafteten Fischen entwickelten sich zu erwachsenen Weibchen, nur ein Exemplar blieb ein unreifes Weibchen. Von zehn Jungtieren mit weiblichem Partner hatten sich sechs in Männchen verwandelt. In den anderen vier Fällen wechselte das Weibchen sein Geschlecht zum Männchen, und das junge Individuum entwickelte sich zum weiblichen Gegenpart.
Demnach bestimmt offensichtlich die Nähe und der Kontakt zu einem erwachsenen Artgenossen sowohl den Zeitpunkt der Reifung als auch das Geschlecht der Meergrundeln. Eine äußerst sinnvolle Strategie, denn sie ermöglicht den Jungtieren, mit jedem Individuum unabhängig von dessen Geschlecht ein Paar zu bilden – und folglich die meisten der ja begrenzten sowie unvorhersehbaren Brutgelegenheiten zu nutzen. Solange sie Single sind, investieren die Tiere ihre Energie verstärkt ins Wachstum und erhöhen den späteren Fortpflanzungserfolg, der von der Körpergröße beider Partner abhängt. Möglicherweise, spekulieren die Forscher um Hobbs, ist eine solche Flexibilität in der sexuellen Entwicklung von Jungtieren als Antwort auf variable soziale Bedingungen bei Rifffischen weit verbreitet.
Wann ein Fisch also den Gefährten fürs Leben trifft, ist folglich genauso ungewiss wie das Geschlecht des angetroffenen zukünftigen Partners. Von erwachsenen Meergrundeln ist bereits bekannt, dass sie in beide Richtungen einen Geschlechtswechsel vollziehen und sich so mit jedem beliebigen Individuum paaren können. Diese Flexibilität ist bei einer geringen Dichte an verfügbaren Partnern und dem Risiko, auf der Suche nach einem solchen Räubern zum Opfer zu fallen, sicher von Vorteil, nehmen Forscher an. Doch wie sieht es bei Jungtieren aus? Beherrschen auch sie diesen Rollentausch perfekt, oder verharren sie zunächst im unreifen Zustand, bis sie einst auf einen Artgenossen mit der angemessen großen Wohnung treffen?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, führten Jean-Paul Hobbs und seine Kollegen von der James-Cook-Universität neben Beobachtungen im Feld eigene Experimente durch. Zunächst ermittelten sie die Gesamtlänge und den Reifegrad von 54 Singles und 96 verpaarten Fischen aus natürlichen Populationen im Großen Barriereriff. Die Werte zeigten eine bemerkenswerte Plastizität der Körpergröße bei der Reife auf: So maß das kleinste reife Individuum gerade 25,2 Millimeter, das größte unreife hingegen 44 Millimeter. Demnach tritt die Reifung innerhalb eines 19 Millimeter umfassenden Größenbereichs ein.
Fische aus einem Zweierverbund waren mit weitaus höherer Wahrscheinlichkeit voll entwickelt als Singles, nämlich 91 Prozent gegenüber 52 Prozent. Zudem reiften sie bei geringerer Körpergröße als allein stehende Artgenossen. Während die meisten Individuen mit Brutpartner aus den kleineren Größenklassen ihr Geschlecht ausgeprägt hatten, waren die meisten einsamen Fische aus denselben Klassen noch unreif. Der Anteil von reifen Singles stieg jedoch mit zunehmender Körpergröße an. Aufgrund der unbekannten Lebensgeschichte der Individuen vor dem Fang mutmaßen die Forscher, dass sich einige der schon reifen, aber allein stehenden Tiere gerade ihren Partner verloren haben; einige unreife, verpaarte Fische hingegen erst kürzlich dem Artgenossen begegnet waren.
Doch was löst den Übergang von unreifem Jungfisch zu erwachsenem Elternteil in spe aus? Die Forscher platzierten 43 junge Individuen allein auf sich gestellt in angemessenen Korallenkolonien. Weitere 28 Exemplare setzten sie zusammen mit einem Weibchen in vergleichbar großen Unterkünften aus, und 24 mit einem Männchen. Zuvor hatten sie die Versuchstiere jeweils gekennzeichnet und ihr Geschlecht anhand der charakteristischen Gestalt ihrer Genitalpapillen bestimmt. Nach sechs Wochen untersuchten sie den Reifegrad und das Geschlecht all jener Jungtiere, die in der ursprünglichen experimentellen Anordnung – also allein oder mit dem markierten Partner – verblieben waren.
Und die Ergebnisse fielen eindeutig aus: Alle neun noch immer einsamen Individuen zeigten auch am Ende des Experiments keine Reife. Im Gegensatz dazu waren 21 von 22 verpaarten Jungtieren herangereift – und zwar in das entgegengesetzte Geschlecht ihres Partners: Elf von zwölf mit einem Männchen vergesellschafteten Fischen entwickelten sich zu erwachsenen Weibchen, nur ein Exemplar blieb ein unreifes Weibchen. Von zehn Jungtieren mit weiblichem Partner hatten sich sechs in Männchen verwandelt. In den anderen vier Fällen wechselte das Weibchen sein Geschlecht zum Männchen, und das junge Individuum entwickelte sich zum weiblichen Gegenpart.
Demnach bestimmt offensichtlich die Nähe und der Kontakt zu einem erwachsenen Artgenossen sowohl den Zeitpunkt der Reifung als auch das Geschlecht der Meergrundeln. Eine äußerst sinnvolle Strategie, denn sie ermöglicht den Jungtieren, mit jedem Individuum unabhängig von dessen Geschlecht ein Paar zu bilden – und folglich die meisten der ja begrenzten sowie unvorhersehbaren Brutgelegenheiten zu nutzen. Solange sie Single sind, investieren die Tiere ihre Energie verstärkt ins Wachstum und erhöhen den späteren Fortpflanzungserfolg, der von der Körpergröße beider Partner abhängt. Möglicherweise, spekulieren die Forscher um Hobbs, ist eine solche Flexibilität in der sexuellen Entwicklung von Jungtieren als Antwort auf variable soziale Bedingungen bei Rifffischen weit verbreitet.
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