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News: Reine Ansichtssache

Das scharfe Adlerauge ist sprichwörtlich. Doch die beste Auflösung erreichen viele Greife beim Blick zur Seite und nicht nach vorn. Um ihre Beute beim Sturzflug im Auge behalten zu können, müssten sie daher den Kopf drehen. Das würde jedoch ihren Luftwiderstand stark erhöhen und sie außerdem ins Trudeln bringen. Aber es geht auch anders: Die Greife stoßen in einer logarithmischen Spirale herab.
Hoch oben in den Lüften kreist ein Falke. Plötzlich erregt etwas seine Aufmerksamkeit: Eine kleine Maus am Boden hat sich aus ihrem Versteck gewagt. Der Vogel beginnt zu rütteln, dann ein letztes Sichern – und er stößt im Sturzflug herab, greift sich sein Abendessen und verschwindet.

Ein recht alltägliches Bild. Und doch haben Vance Tucker und seine Mitarbeiter von der Duke University unzählige dieser Sturzflüge mit dem Fernglas und Spektiven verfolgt, denn sie wunderten sich über eine besondere Eigenheit der Flugkünstler: Die Tiere stießen nicht senkrecht herab, sondern in einer Spiralkurve, ein Verhalten, das die Wissenschaftler auch bei Adlern und Habichten beobachten konnten. Warum nur, fragte sich Tucker.

Um die Frage zu klären, untersuchten seine Kollegen und er zunächst das Sehvermögen der Greife. Falken, Habichte und Adler besitzen in ihrer Netzhaut zwei grubenartige Bereiche, so genannte Foveae, die für ihren scharfen Blick verantwortlich sind. Die nasale Fovea sitzt zentral hinter der Linse und ist für den Rundumblick der Tiere entscheidend, denn die Sehstrahlen weisen einen Winkel von etwa 45 Grad zur Körperachse auf. Die temporale Fovea liegt dagegen so, dass sie die von vorn kommenden Sehstrahlen bündelt und ermöglicht damit ein dreidimensionales Sehen. Der Aufbau der Sehgruben lässt darauf schließen, dass die nasale Fovea die größere Schärfe bietet.

Die Forscher ließen verschiedene Falken, Habichte und Adler einen Gegenstand betrachten. Die Vögel drehten dabei beständig ihren Kopf: Entweder besahen sie sich das Objekt direkt von vorne, oder sie nahmen ihn nur mit einem der beiden Augen unter die Lupe – dafür drehten sie den Kopf um etwa 40 Grad und benutzten so offenbar die Fovea nasalis. Adler wechselten die Blickrichtung etwa alle fünf Sekunden, während Habichte und Falken schon alle zwei Sekunden tauschten. Dabei spielte es allerdings eine Rolle, wie weit das Objekt entfernt war. Bei Distanzen unter acht Metern konzentrierten sich die Tiere mehr auf den Blick von vorn, mit wachsender Entfernung riskierten sie dagegen bevorzugt nur ein Blick von der Seite, bei mehr als 40 Metern verließen sie sich sogar zu über 80 Prozent und mehr darauf.

Damit jedoch haben sie ein Problem. Denn wenn sie sich nun bei der Jagd mehr auf ihren scharfen Seitenblick verlassen, müssten sie beim Sturzflug ihren Kopf drehen. Das allerdings wäre aerodynamisch gesehen äußerst unsinnig. Wie die Forscher mit flügellosen Modellen im Windkanal herausfanden, würde sich damit der Luftwiderstand beim Sturzflug um über 50 Prozent erhöhen und den Vogel somit stark abbremsen. Außerdem entsteht durch den gedrehten Kopf ein starkes Drehmoment, welches das Tier ins Trudeln bringen würde (The Journal of Experimental Biology vom 14. November 2000).

Wie also können sich die Greife möglichst schnell auf ihre Beute herabstürzen, sie dabei im ständig im Auge behalten und treffsicher zuschlagen? Sie fliegen die beobachtete logarithmische Spirale. Und den Mäusen am Boden bleibt kaum eine Chance.

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