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Mitteldeutschland: Reitergräber der Thüringer

Bei Grabungen, die durch Straßenbauarbeiten veranlasst wurden, entdeckten Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt zwischen Freyburg und Naumburg ein großes Gräberfeld aus dem frühen Mittelalter vom 5./6. bis zum 8./9. Jahrhundert. Neben Überresten von 98 Menschen – darunter einige Säuglinge und Kleinkinder – kamen auch 13 Pferdebestattungen zum Vorschein. Die Tiere wurden den Verstorbenen als Beigaben mit ins Grab gelegt.

Besonders auffällig ist das Grab eines etwa 60 Jahre alten Mannes. Er trug eine komplette Tracht und wurde nicht nur von zwei Pferden ins Totenreich begleitet sondern vermutlich auch von einem Diener, denn neben ihm fanden die Ausgräber die Leiche eines wahrscheinlich enthaupteten Mannes. Ähnlich wie im Alten Ägypten scheint in dieser Region in der Zeit zwischen Spätantike und Mittelalter ein Totenkult geherrscht zu haben, der verlangte, dass höhergestellten Persönlichkeiten auch die Dienerschaft ins Grab folgen musste.

Die Toten waren alle bestens auf das Jenseits vorbereitet. Männer neben den Pferden trugen eiserne Sporen, sogar ein Steigbügel ist unter den Beigaben. Außerdem lagen neben den Männerbestattungen Lanzenspitzen, Messer und Gürtelzubehör; den Frauen gab man ebenfalls Messer aber auch Schmuck, zum Beispiel Ketten aus Glasperlen, mit. Die Pferde waren ursprünglich mit komplettem Zaumzeug ausgestattet. Auch für das leibliche Wohl auf der Reise ins Jenseits war gesorgt: Sowohl Hühner wurden gefunden als auch Holzeimer, in denen sich vermutlich Getränke, eventuell Honigwein, befanden.

Die Archäologen nehmen an, dass sie hier eine Begräbnisstätte des Stammes der Thüringer freigelegt haben. Dabei handelt es sich um einen westgermanischen Stamm, der im Gebiet zwischen dem Thüringer Wald, der Werra, dem Harz und der Elbe siedelte. Nach dem Abzug der Hunnen im 5. Jahrhundert gründeten die Thüringer ein eigenes Königreich, das die Franken aber bereits 100 Jahre später eroberten.

Sebastian Hollstein

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