Quantenkommunikation: Rekordverdächtige Teleportation gelungen
Per Quantenteleportation lässt sich ein Quantenzustand von einem Ort zu einem anderen übertragen, ohne dass dafür ein physikalisches Medium nötig wäre. Seit der ersten experimentellen Demonstration im Jahr 1997 sind Forscher bemüht, die dabei überbrückte Strecke auszudehnen. 2010 ließen sich schon 16 Kilometer überwinden, Anfang Mai 2012 waren es in einem chinesischen Experiment bereits rund 100 [1]. Nun legen Xiaosong Ma vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation in Wien und seine Kollegen nach: Sie haben den Quantenzustand eines Photons über nahezu 150 Kilometer teleportiert [2]. Damit kommen sie dem Ziel näher, Quanteninformationen künftig zu Satelliten in der Erdumlaufbahn zu übermitteln und somit eine globale und abhörsichere Quantenkommunikation zu ermöglichen.
Bei der Quantenteleportation besitzen zwei Parteien, meist Alice und Bob genannt, eine Hälfte eines Paares verschränkter Teilchen. Will Alice nun den Quantenzustand eines dritten Teilchens – bereitgestellt von "Charlie" – an Bob senden, lässt sie dieses mit ihrem Teilchen in Wechselwirkung treten. Anschließend misst sie den gemeinsamen Zustand der beiden Teilchen und schickt das Ergebnis auf klassischen Kommunikationswegen zu Bob. Mit dieser Information kann Bob sein Teilchen nun derart präparieren, dass es denselben Quantenzustand aufweist wie ursprünglich das Teilchen von Charlie. Möglich macht dies das Phänomen der quantenmechanischen Verschränkung, die zwei oder mehrere Partikel auf eine geheimnisvolle Weise miteinander verbindet, egal wie weit sie voneinander entfernt sind.
Bei Ma und seinem Team sitzen Alice und Charlie auf La Palma, während sich Bob auf Teneriffa aufhält. Indem sie Laserpulse auf spezielle Kristalle feuern, erzeugen sie zunächst ein Paar aus verschränkten Photonen sowie ein einzelnes Photon, dem sie später die zu teleportierende Eigenschaft – in diesem Fall ein beliebiger Polarisationszustand – aufprägen. Eines der beiden verschränkten Photonen schicken die Forscher dann über Freiland von der einen zur anderen kanarischen Insel, wobei die Verluste pro Kilometer geringer sind als beispielsweise in einem Glasfaserkabel. Aufgefangen wird es dort mit dem 1-Meter-Teleskop der optischen Übertragungsstation der ESA auf Teneriffa. Das andere verschränkte Teilchen wird derweil mit dem einzelnen Photon zusammengebracht und das Resultat der Messung wie oben beschrieben an Bob übermittelt. Der Erfolg des Experiments hänge empfindlich vom Wetter ab, sagt Ma. So behinderten starker Wind, Nebel, Regen, Sandstürme, schnelle Temperaturwechsel und sogar Schnee eine Übertragung. Tatsächlich verzögerten diese harschen Klimabedingungen die experimentelle Realisierung der Quantenteleportation um fast ein Jahr, schreiben die Wissenschaftler.
Um die Störeinflüsse auf der langen Strecke zu kompensieren, perfektionierten die Forscher eine Reihe von Techniken. Eines dieser Verfahren nutzt beispielsweise verschränkte Photonen, um die Uhren auf beiden Inseln zu synchronisieren. Auf diese Weise weiß das Team exakt, wann die auf La Palma abgeschickten Photonen auf Teneriffa ankommen müssen. Dies reduziert die Anzahl der uninteressanten Photonen, also der Rauschsignale, die das eigentliche Signal verdecken könnten. Während ein herkömmlicher Uhrenabgleich per GPS-System ein Zeitfenster für die erwartete Ankunft der Quanteninformation von mehr als zehn Nanosekunden ermöglicht, verkürzt die neue Technik dieses Koinzidenzfenster auf drei Nanosekunden – und reduziert so die störenden Ereignisse. Zudem setzten sie eine neuartige Photonenquelle sowie optimierte Detektoren für die Lichtteilchen ein.
Das Experiment bestätige die Reife und die Anwendbarkeit der beteiligten Technologien in realen Szenarien, schreiben die Wissenschaftler um Ma. Sie streben schließlich nicht nur die Teleportation von Quanteninformationen über lange Strecken auf der Erde an, sondern vor allem zu Satelliten im Orbit der Erde. Da die Quantenteleportation als Basis für eine abhörsichere Kommunikation gilt, locken globale und vor allem sichere Kommunikationsnetze. Anders als der Informationsaustausch auf der Erde sollte eine Teleportation ins All zudem nicht so wetteranfällig sein, meinen die Autoren, da das Signal steil nach oben laufe und damit weniger Störungen ausgesetzt sei.
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