Pferdesport: Rennpferde sprinten immer schneller
Experten waren davon überzeugt, dass sich die Leistung von Rennpferden in den letzten 30 Jahren nicht mehr gesteigert hat. Sie lagen falsch.
In einer aktuellen Studie analysierten Patrick Sharman und Alastair Wilson von der University of Exeter über 600 000 Rennzeiten von mehr als 70 000 Pferden. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen, die eine Stagnation in der Rennleistung ermittelt hatten, berücksichtigten sie nicht nur Rennen über lange und mittlere, sondern auch über kurze Distanzen. Die Rennen hatten zwischen 1850 und 2012 in Großbritannien stattgefunden. Wenig überraschend steigerten Rennpferde ihre Leistung seit 1850 enorm. In jüngster Zeit zeigte sich jedoch ein klarer Einfluss der Streckenlänge: Auf mittlerer und langer Distanz kam es innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte nur zu einem minimalen Leistungsanstieg. Auf der Sprintdistanz dagegen laufen Rennpferde nach wie vor immer schneller.
Wie es zu diesem Unterschied kommt, ist unklar. Eventuell wählen die Züchter von Rennpferden ihre Tiere heutzutage eher nach der Sprintleistung aus. Ob jedoch ausschließlich genetische Faktoren verantwortlich sind, wollen die Forscher im nächsten Schritt herausfinden.
Zu dem anhaltenden Leistungsanstieg im Sprint könnten auch die modernen, intensivierten Trainingsmethoden beigetragen haben, die zum Teil schon zweijährigen Pferden Höchstleistungen zu entlocken versuchen. Auf die Frage, ob auch Doping bei der kontinuierlichen Steigerung der Rennleistung eine Rolle spielt, geht die aktuelle Studie nicht ein. Allerdings ist Doping im Pferdesport keineswegs ein modernes Phänomen, sondern in England bereits seit dem 16. Jahrhundert belegbar. Das erste offizielle gesetzliche Verbot trat dort 1903 in Kraft. Ob der Einsatz von modernen Substanzen wie EPO oder Wachstumshormonen beim Pferd in den letzten Jahren möglicherweise doch überproportional auf die Rennstatistik Einfluss genommen hat, wäre zu untersuchen.
Für die historische Leistungssteigerung gibt es dagegen eine anschauliche Erklärung: So verlagerten die Jockeys mit der Einführung der heutzutage immer noch gängigen gehockten Reithaltung zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihr Gewicht beim Reiten so geschickt, dass die Pferde entlastet wurden und dadurch wesentlich schneller laufen konnten.
Der eigentliche Leistungsanstieg könnte auf allen Renndistanzen jedoch noch größer sein, als die Ergebnisse der Studie belegen. Die Forscher selbst weisen darauf hin, dass sie für ihre aktuelle Studie die Verwendung der so genannten Handicap-Gewichte vernachlässigt haben, die schnelle Pferde im Rennen tragen müssen, um die Chancengleichheit zu erhöhen. Die Gewichte kommen seit einigen Jahren verstärkt zum Einsatz.
Möglicherweise hat die kontinuierliche Leistungssteigerung jedoch auch Schattenseiten: Vor allem die Überbelastung von jungen Pferden erhöht die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Unfällen während des Rennens beträchtlich. In Großbritannien, wo Pferderennen nach dem Fußball den zweitlukrativsten Volkssport darstellen, enden jährlich mehrere hundert Unfälle tödlich.
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