Hirnanatomie: Renommee formt Hirn
Singvögel begeistern nicht nur Ornithologen und Frühaufsteher, sondern auch Neurobiologen: Am Vogelhirn lassen sich sogar bei ausgewachsenen Tieren noch gut lernabhängige Veränderungen in den Nervenbündeln erkennen und auf neue Umwelterfahrungen zurückführen - Erfahrungen wie das soziale Auf und Ab in der Vogelhirarchie.
Das Leben dicht auf dicht in einer Gruppe hat Vor- und Nachteile: Wo viel Schutz ist, ist auch viel Konkurrenz und Streit somit vorprogrammiert. Um diesen aber auf ein Minimum zu beschränken, leben die Gruppentiere oft in einer Rangordnung, die, erst einmal ausgefochten, recht dauerhaften Bestand hat. Ändert sich aber der soziale Status eines Individuums in der Dominanzhierarchie, so wird oft nicht nur sein Verhalten, sondern auch seine Physiologie erheblich beeinflusst: ein spannender Augenblick für Forscher wie Cornelia Voigt und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für Ornithologie.
In jeder Gruppe gibt es ein dominantes Brutpaar; alle übrigen Gruppenmitglieder sind dem dominanten Paar untergeordnet und helfen diesem bei der Aufzucht des Nachwuchses. Die dominante Position in einer Gruppe wird in der Regel ein Leben lang beibehalten. Es gibt zwei unterschiedliche Arten des Gesangs: zum einen den Duettgesang, der sich bei mehr als zwei mitsingenden Tieren zum Chorusgesang ausweitet, der von allen Vögeln gesungen wird und hauptsächlich der Revierverteidigung dient. Zum anderen den ausschließlich vom dominanten Männchen jeder Gruppe präsentierten Sologesang, der meistens nur zu Sonnenaufgang während der Brutzeit zu hören ist und sehr wahrscheinlich der Kommunikation mit dem Weibchen dient. "Beide Gesangstypen haben ein umfangreiches, aber völlig voneinander getrenntes Silbenrepertoire", sagt Voigt. Und das bedeutet, dass dominante Männchen zwei verschiedene Gesangsrepertoires beherrschen müssen. "Sie sind sozusagen zweisprachig", so die Forscherin.
"Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass mit der Änderung des sozialen Ranges in der Gruppe und der daraus resultierenden Verhaltensänderungen eine Umorganisation der entsprechenden Gehirngebiete im erwachsenen Vogel stattfinden muss", fasst Leitner zusammen. Normalerweise beeinflusst die Steroidhormonkonzentration im Blut die Morphologie der Gesangskontrollzentren beim Singvogel – diesbezüglich konnten die Forscher beim Mahaliweber jedoch keine Unterschiede zwischen dominanten und subdominanten Männchen finden. Weitere Studien sind deshalb nötig, um den tatsächlichen Mechanismus zu identifizieren, der den Umbau der Gehirnstruktur auslöst. "Fest steht, dass das Gehirn auch im erwachsenen Tier auf soziale Veränderungen mit umfangreichen, dauerhaften Umstrukturierungen neuronaler Netzwerke reagieren kann", betont Manfred Gahr, Direktor der Abteilung Verhaltensneurobiologie am Max-Planck-Institut für Ornithologie.
Die Wissenschaftler haben am Beispiel einer Singvogelart untersucht, inwieweit sich der soziale Rang eines Tieres im Gesang und in der Morphologie der gesangskontrollierenden Gehirnzentren widerspiegelt. Ihr Untersuchungsobjekt war der Mahaliweber (Plocepasser mahali) aus dem südlichen Afrika. Die Vögel leben dort in Gruppen von bis zu zehn Individuen in ganzjährig etablierten Territorien. "Der Mahaliweber eignet sich besonders gut als Modell, da er ein umfangreiches und darüber hinaus statusabhängiges Gesangsverhalten besitzt", erklärt Voigt.
In jeder Gruppe gibt es ein dominantes Brutpaar; alle übrigen Gruppenmitglieder sind dem dominanten Paar untergeordnet und helfen diesem bei der Aufzucht des Nachwuchses. Die dominante Position in einer Gruppe wird in der Regel ein Leben lang beibehalten. Es gibt zwei unterschiedliche Arten des Gesangs: zum einen den Duettgesang, der sich bei mehr als zwei mitsingenden Tieren zum Chorusgesang ausweitet, der von allen Vögeln gesungen wird und hauptsächlich der Revierverteidigung dient. Zum anderen den ausschließlich vom dominanten Männchen jeder Gruppe präsentierten Sologesang, der meistens nur zu Sonnenaufgang während der Brutzeit zu hören ist und sehr wahrscheinlich der Kommunikation mit dem Weibchen dient. "Beide Gesangstypen haben ein umfangreiches, aber völlig voneinander getrenntes Silbenrepertoire", sagt Voigt. Und das bedeutet, dass dominante Männchen zwei verschiedene Gesangsrepertoires beherrschen müssen. "Sie sind sozusagen zweisprachig", so die Forscherin.
"Auf soziale Veränderungen kann auch das erwachsene Gehirn mit dauerhaften Neuronen-Umstrukturierungen reagieren"
(Manfred Gahr)
Sobald ein erwachsenes Männchen die dominante Position in einer Gruppe übernimmt, muss es zusätzlich zu dem ganzjährig produzierten Duett- und Chorusgesang regelmäßig ein Solo geben. Die Frage, die sich die Forscher nun stellten, war, ob sich diese Änderungen im Verhalten auch auf physiologischer Ebene widerspiegeln. Bei den äußerlichen Körpermerkmalen sind nämlich keine Unterschiede zu erkennen. "Wir konnten zeigen, dass sich bei den dominanten Männchen die Morphologie der Gehirnzentren, die den Gesang kontrollieren, von der ihrer subdominanten Helfer-Männchen unterscheidet", erläutert Co-Autor Stefan Leitner. So sind die im Vorderhirn liegenden Gesangskontrollzentren, der HVC (High Vocal Center) und die so genannte RA-Region (sie überwacht die Gesangsmotorik) bei dominanten Männchen um 30 Prozent größer als bei subdominanten. Darüber hinaus weist der HVC in Abhängigkeit vom Dominanzstatus eine veränderte Genexpression auf: Bei den dominanten Männchen ist die Expression von Steroidhormonrezeptoren und einiger synaptischer Proteine im Vergleich zu den subdominanten Männchen deutlich herabgesetzt. (Manfred Gahr)
"Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass mit der Änderung des sozialen Ranges in der Gruppe und der daraus resultierenden Verhaltensänderungen eine Umorganisation der entsprechenden Gehirngebiete im erwachsenen Vogel stattfinden muss", fasst Leitner zusammen. Normalerweise beeinflusst die Steroidhormonkonzentration im Blut die Morphologie der Gesangskontrollzentren beim Singvogel – diesbezüglich konnten die Forscher beim Mahaliweber jedoch keine Unterschiede zwischen dominanten und subdominanten Männchen finden. Weitere Studien sind deshalb nötig, um den tatsächlichen Mechanismus zu identifizieren, der den Umbau der Gehirnstruktur auslöst. "Fest steht, dass das Gehirn auch im erwachsenen Tier auf soziale Veränderungen mit umfangreichen, dauerhaften Umstrukturierungen neuronaler Netzwerke reagieren kann", betont Manfred Gahr, Direktor der Abteilung Verhaltensneurobiologie am Max-Planck-Institut für Ornithologie.
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