Reptilien: Schlange schlägt Räder
Die Binden-Riednatter (Pseudorabdion longiceps) ist eine kleine, eher unscheinbare und ungiftige Schlangenart, die in Südostasien weit verbreitet ist. Wegen ihrer versteckten Lebensweise weiß die Wissenschaft auch nicht viel über sie, obwohl anekdotisch immer wieder von einem besonderen Verhalten berichtet wurde: Bei Gefahr soll das Reptil Räder schlagen, um Fressfeinde zu verwirren und fliehen zu können. Wirklich nachweisen konnte dies aber lange niemand – bis der malaysische Biologe Evan Seng Huat Quah von der Universität Malaysia Sabah in Kota Kinabalu und sein Team zur richtigen Zeit mit ihrer Ausrüstung eine Binden-Riednatter in den Bergen von Kedah aufspüren konnten, wie sie in »Biotropica« berichten.
Quah hatte schon einmal dieses Radschlagen beobachtet, konnte es aber mangels Kamera nicht dokumentieren. Im August 2019 gelang ihm das aber auf einer weiteren Expedition. Auf der Suche nach anderen Schlangenarten stießen Quah und Co auf eine Binden-Riednatter, die sich von dem Auftauchen der Forscher bedroht fühlte. Nach einem ersten Fluchtversuch fingen sie das Tier wieder ein, platzierten es auf einer ebenen Fläche und zeichneten nun seine Bewegungen auf. Mehrmal drehte sich die Schlange und schlug Räder, indem sie ihren Körper wand und in die Luft warf. Mit Hilfe der radartigen Bewegungen versuchte sie, den Menschen zu entkommen.
Die nur etwa 15 Zentimeter langen Schlangen sehen dabei aus wie ein aufgerolltes Stück Draht oder ein Gummiband, das über den Boden rollt. Die relativ hohe Geschwindigkeit, die sie dabei erreichen, und die hektischen Bewegungen sollen wahrscheinlich Fressfeinde irritieren und so das Entkommen ermöglichen, folgern die Forscher. Die Riednatter könnte damit zu den wenigen Tierarten gehören, die dies absichtlich und aus eigener Kraft einsetzen, um sich zu bewegen.
Womöglich ist sie damit aber nicht allein, da es weitere anekdotische Berichte zum Radschlagen von Schlangen gibt, vor allem bei verwandten Arten. Da sie vor allem nachts unterwegs sind und versteckt leben, scheint das bislang jedoch auch noch nicht ausreichend dokumentiert worden zu sein. Unter normalen Bedingungen bewegen sich die Schlange aber ebenfalls kriechend durch die Laubstreu ihres Lebensraums.
»Wir glauben, dass dieses Verhalten auf Grund der Heimlichtuerei der Schlangen lange Zeit unbemerkt geblieben ist. Diese Schlangen sind klein und leben auch unterirdisch, das heißt, sie verstecken sich in der Regel in der Laubstreu oder graben sich in Schutt ein. Das hilft ihnen, unentdeckt zu bleiben«, sagt Quah.
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