Planetensysteme: Riesenspiele
Warum verhalten sich die vier Riesenplaneten so exzentrisch? Wie kam der Mond zu seinen Narben? Und Jupiter zu seinen Trojanern? Selten findet sich eine Antwort auf derart unterschiedliche Fragen, doch diesmal scheint es gelungen.
Vier Wissenschaftler erklären die Welt – oder zumindest so manches, was sich im Getümmel um unsere Sonne als ungewöhnlich erweist. Denn Harold Levison, Alessandro Morbidelli, Rodney Gomes und Kleomenis Tsiganis vom Southwest Research Institute und dem Observatoire de la Côte d'Azur präsentieren mit ihrem Modell eine Art Zentralantwort auf mehrere Fragen rund um die Entwicklung unseres Sonnensystems.
So nehmen sie sich dem Rätsel des exzentrischen Verhaltens der vier Riesenplaneten an. Normalerweise sollten sie ihre Bahnen zunächst schön kreisförmig und in einer Ebene um die Sonne gezogen haben, eine gewisse Abweichung mit der Zeit sei gestattet.
Doch Jupiter und Co halten sich nicht daran: Die Eigenheiten ihrer Orbits seien viel zu groß, meinen die Forscher. Es müsse eine gravierende Störung gegeben haben, und die sei auch gefunden.
In unzähligen Varianten ihrer Simulationen stellten die Wissenschaftler fest, dass sich Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun tatsächlich einst näher waren, umringt von einem Gürtel kleinerer Fast-Planeten. Dann jedoch entstand eine schicksalsschwere Konstellation: 700 Millionen Jahre nach ihrer Entstehung schaffte Saturn gerade genau eine Runde, während Jupiter in derselben Zeit zwei zurücklegte [1]. Diese Eigenheit schaukelte das Zerren der Massen aneinander derart auf, dass sie Uranus und Neptun in andere, ellipischere Bahnen zwängte.
Eine Art planetares Billiard half zudem dabei, erklären die Wissenschaftler: Jene Fast-Planeten, die in der Gegend unterwegs waren, dienten den wachsenden Riesen als Geschossmaterial, mit dem sie sich gegenseitig traktierten. Dabei aber brachten sie auch die eigene Bahn klein, aber fein ins Wanken.
Im Modell der Forscher spielt dabei Saturn die entscheidende Rolle für das Driften Neptuns: Durch den Umzug verdoppelte und verzerrte sich dessen Umlaufbahn zunächst stark, und erst die Wechselwirkungen mit weiteren Gesteinsbrocken in der neuen Heimat zogen den Orbit wieder etwas kreisförmiger. Immerhin: Für dieses Szenario wäre Materie von der doppelten Masse Neptuns nötig, und diese muss zudem anschließend das Sonnensystem auf welchem Wege auch immer verlassen haben.
Als Uranus und vor allem Neptun nun in den umhüllenden Steinbrockengürtel gerieten, lösten sie einen weiteren Effekt aus, für den die Erklärung bislang fehlte: Nun von reichlich Kollisions-Materie umgeben, überzogen sie das innere Sonnensystem mit einem Steinhagel, der neben der Erde auch den Mond traf – seine narbige Oberfläche zeugt noch heute davon [2].
Bleibt die Frage, wie das zeitlich bewerkstelligt werden sollte – bisherigen Modellen zufolge geschah der Umzug Neptuns weit früher als das narbenschaffende Bombardement. Aber auch hier wissen Levison, Morbidelli, Gomes und Tsiganis Antwort: Der ganze Prozess lief verzögert ab, da sich die Planeten langsamer bewegten als vermutet.
Schuld daran sei ihr Steinhunger gewesen, durch den sie sich in den ersten Jahrmillionen so ziemlich alle erreichbare Materie einverleibt hätten, abgesehen eben von den Resten am äußeren Rand, die gerade noch im Einflussbereich von Uranus und Neptun lagen. Dies allerdings hätte die Schwerefeld-Wechselwirkungen zwischen den Beteiligten stark geschwächt und damit das gegenseitige Zerren gebremst.
Und selbst einen Widerspruch zu ihrem Modell können die Forscher auflösen. Denn: Die gewaltige Wechselwirkung zwischen Saturn und Jupiter hätte letzteren eigentlich aller seiner Trojaner berauben müssen. Woher also sollten die vorhandenen solchen stammen? Ganz einfach: Der Verlust war nicht von Dauer. Denn jene auf den Planeten aufschlagenden Planetesimale prallten Bällen gleich wieder ab – und manche fanden dann eine neue Heimat in stabilen Umlaufbahnen um ihr gerade getroffenes Ziel [3].
Klingt alles in allem sehr plausibel, doch bleiben einige Haken. So steht noch immer die alternative Erklärung im Raum, Uranus' verrückte Neigung der Rotationsachse sei Folge einer Kollision mit einem Objekt von Erdmasse, die Bahn wie Körper sicher einen erheblichen Schubs gegeben haben dürfte. Auch basiert das Modell auf der Annahme, dass der Solarnebel seiner Brocken beraubt war, bevor er sich auflöste – was weitere Experimente erst einmal belegen müssen, mahnt Joe Hahn von der Saint Mary's University in Halifax. Wenn sich das Modell aber bestätige, liefere es eine überzeugende Erklärung von den Narben des Monds bis zur Struktur des äußeren Sonnensystems.
So nehmen sie sich dem Rätsel des exzentrischen Verhaltens der vier Riesenplaneten an. Normalerweise sollten sie ihre Bahnen zunächst schön kreisförmig und in einer Ebene um die Sonne gezogen haben, eine gewisse Abweichung mit der Zeit sei gestattet.
Doch Jupiter und Co halten sich nicht daran: Die Eigenheiten ihrer Orbits seien viel zu groß, meinen die Forscher. Es müsse eine gravierende Störung gegeben haben, und die sei auch gefunden.
In unzähligen Varianten ihrer Simulationen stellten die Wissenschaftler fest, dass sich Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun tatsächlich einst näher waren, umringt von einem Gürtel kleinerer Fast-Planeten. Dann jedoch entstand eine schicksalsschwere Konstellation: 700 Millionen Jahre nach ihrer Entstehung schaffte Saturn gerade genau eine Runde, während Jupiter in derselben Zeit zwei zurücklegte [1]. Diese Eigenheit schaukelte das Zerren der Massen aneinander derart auf, dass sie Uranus und Neptun in andere, ellipischere Bahnen zwängte.
Eine Art planetares Billiard half zudem dabei, erklären die Wissenschaftler: Jene Fast-Planeten, die in der Gegend unterwegs waren, dienten den wachsenden Riesen als Geschossmaterial, mit dem sie sich gegenseitig traktierten. Dabei aber brachten sie auch die eigene Bahn klein, aber fein ins Wanken.
Im Modell der Forscher spielt dabei Saturn die entscheidende Rolle für das Driften Neptuns: Durch den Umzug verdoppelte und verzerrte sich dessen Umlaufbahn zunächst stark, und erst die Wechselwirkungen mit weiteren Gesteinsbrocken in der neuen Heimat zogen den Orbit wieder etwas kreisförmiger. Immerhin: Für dieses Szenario wäre Materie von der doppelten Masse Neptuns nötig, und diese muss zudem anschließend das Sonnensystem auf welchem Wege auch immer verlassen haben.
Als Uranus und vor allem Neptun nun in den umhüllenden Steinbrockengürtel gerieten, lösten sie einen weiteren Effekt aus, für den die Erklärung bislang fehlte: Nun von reichlich Kollisions-Materie umgeben, überzogen sie das innere Sonnensystem mit einem Steinhagel, der neben der Erde auch den Mond traf – seine narbige Oberfläche zeugt noch heute davon [2].
Bleibt die Frage, wie das zeitlich bewerkstelligt werden sollte – bisherigen Modellen zufolge geschah der Umzug Neptuns weit früher als das narbenschaffende Bombardement. Aber auch hier wissen Levison, Morbidelli, Gomes und Tsiganis Antwort: Der ganze Prozess lief verzögert ab, da sich die Planeten langsamer bewegten als vermutet.
Schuld daran sei ihr Steinhunger gewesen, durch den sie sich in den ersten Jahrmillionen so ziemlich alle erreichbare Materie einverleibt hätten, abgesehen eben von den Resten am äußeren Rand, die gerade noch im Einflussbereich von Uranus und Neptun lagen. Dies allerdings hätte die Schwerefeld-Wechselwirkungen zwischen den Beteiligten stark geschwächt und damit das gegenseitige Zerren gebremst.
Und selbst einen Widerspruch zu ihrem Modell können die Forscher auflösen. Denn: Die gewaltige Wechselwirkung zwischen Saturn und Jupiter hätte letzteren eigentlich aller seiner Trojaner berauben müssen. Woher also sollten die vorhandenen solchen stammen? Ganz einfach: Der Verlust war nicht von Dauer. Denn jene auf den Planeten aufschlagenden Planetesimale prallten Bällen gleich wieder ab – und manche fanden dann eine neue Heimat in stabilen Umlaufbahnen um ihr gerade getroffenes Ziel [3].
Klingt alles in allem sehr plausibel, doch bleiben einige Haken. So steht noch immer die alternative Erklärung im Raum, Uranus' verrückte Neigung der Rotationsachse sei Folge einer Kollision mit einem Objekt von Erdmasse, die Bahn wie Körper sicher einen erheblichen Schubs gegeben haben dürfte. Auch basiert das Modell auf der Annahme, dass der Solarnebel seiner Brocken beraubt war, bevor er sich auflöste – was weitere Experimente erst einmal belegen müssen, mahnt Joe Hahn von der Saint Mary's University in Halifax. Wenn sich das Modell aber bestätige, liefere es eine überzeugende Erklärung von den Narben des Monds bis zur Struktur des äußeren Sonnensystems.
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