Erste Beobachtung: Riesige Krabbe knackt Vogel
Mit einer Beinspannweite von bis zu einem Meter und einem Gewicht von rund vier Kilogramm gehören die Palmräuber oder Kokosnussdiebe (Birgus latro) zu den größten Krebsen der Erde – an Land übertrifft sie kein Krustentier. Mit ihren gewaltigen Scheren können sie sogar Kokosnüsse knacken und kilogrammschwere Gewichte in die Höhe heben. Und sie können diese Scheren auch einsetzen, um große Beute zu schlagen, wie eine Beobachtung von Mark Laidre vom Dartmouth College und seinem Team in den "Frontiers in Ecology and the Environment" erstmals belegt. Der Biologe hielt sich von Januar bis März 2016 auf dem Chagos-Archipel im Indischen Ozean auf, als er das bislang unbekannte Verhalten sah.
Ein Palmräuber kletterte nachts auf einen Baum, auf dem ein Rotfußtölpel (Sula sula) schlummerte. Die Krabbe näherte sich vorsichtig an, packte den Flügel in einer seiner Scheren und brach den Knochen. In der Folge stürzte der Vogel zu Boden, war nicht mehr flugfähig und konnte nicht mehr fliehen, während der Palmendieb wieder abstieg. Am Boden knackte das Krustentier dann noch den zweiten Flügelknochen, bevor es begann, den Tölpel zu zerfleischen. Wahrscheinlich angelockt vom Blut und den Bewegungen, tauchten rasch weitere Palmräuber auf, die schließlich den Seevogel noch lebend auseinandernahmen.
Da die Palmendiebe problemlos Kokosnüsse knacken können, stellt ein Knochen für sie kein Hindernis dar. Der japanische Biophysiker Shin-ichiro Oka vom Okinawa Churashima Foundation Research Center hatte 2016 gemessen, dass Krebse mit 3300 Newton zwicken können – das entspricht der Gewichtskraft von 336 Kilogramm auf der Erde. Damit bringen die Krustentiere doppelt so viel Newton auf wie ein Löwe, der mit 1700 Newton zubeißt. Nur Alligatoren packen an Land ihre Beute wohl noch stärker als die Palmdiebe, wie der Forscher in "PLoS One" darlegte.
Womöglich stehen Seevögel und Kokosnussdiebe in einem fragilen Gleichgewicht zueinander, vermuten Laidre und Co. Auf Inseln mit vielen Individuen der gigantischen Krebse leben relativ wenige Seevögel, so die Beobachtung – womöglich weil die Tiere die veritablen Fressfeinde meiden. Umgekehrt existieren auf Eilanden mit starken Seevogelkolonien nur wenige oder keine Palmendiebe: Schließlich fangen auch diese klein an und werden dann von den Vögeln gefressen. Allerdings gelten die Krebse als schmackhaft und ergiebige Proteinquelle, weswegen sie regelmäßig von Menschen erlegt werden und weshalb die Art in Teilen ihres Verbreitungsgebiets als bedroht gilt.
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