Krebsmedizin: Ringförmige DNA verursacht viele Krebserkrankungen
Kleine ringförmige DNA-Moleküle dürften zahlreiche menschliche Krebserkrankungen verursachen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam um Howard Chang von der Stanford University (USA). Die Fachleute haben Daten von rund 15 000 Personen mit Tumorerkrankungen ausgewertet, die ein breites Spektrum von Tumorarten repräsentierten. Dabei zeigte sich, dass DNA-Ringe eine große Rolle im Krankheitsgeschehen spielen.
So genannte extrachromosomale DNA, abgekürzt ecDNA, stellt Erbmaterial abseits der Chromosomen dar. Zu dieser Gruppe gehören ring- oder schleifenförmige DNA-Moleküle, die vergleichsweise klein sind. Sie tragen in der Regel nur wenige Gene – oft aber solche, die Tumorerkrankungen fördern und deshalb als Krebs- oder Onkogene bezeichnet werden. Enthält eine Zelle mehrere ecDNA-Ringe mit Krebsgenen, steigert das ihr Risiko, zur Tumorzelle zu entarten.
Bis vor einigen Jahren vermuteten Fachleute, dass lediglich wenige Prozent aller Tumoren nennenswerte Mengen an ecDNA enthalten würden. Die Gruppe um Chang hat jetzt unter anderem Daten des Forschungsprogramms »Cancer Genome Atlas« ausgewertet und dabei festgestellt: Rund einer von sechs erfassten Tumoren enthielt ecDNA. Die Moleküle waren häufiger in Krebszellen von Personen zu finden, die eine Chemotherapie oder eine gezielte Tumorbehandlung hinter sich hatten. Ihre Anwesenheit ging einher mit einem erhöhten Sterberisiko der betroffenen Patienten sowie mit einem gesteigerten Risiko, dass die Tumoren streuen.
Laut den Daten des Forschungsteams können die DNA-Ringe nicht nur Krebsgene enthalten, sondern auch so genannte Enhancer. Das sind Sequenzabschnitte, die die Aktivität von Genen steigern. ecDNAs, die Enhancer tragen, wirken mit anderen ecDNAs manchmal offenbar so zusammen, dass deren Krebsgene aktiver werden.
Unausgewogene Weitergabe
Weitere Untersuchungen ergaben, dass die ringförmigen DNA-Moleküle asymmetrisch weitergegeben werden: Teilt sich eine Zelle, die ecDNAs enthält, erbt eine Tochterzelle mehr DNA-Ringe als die andere. Das macht eine Anreicherung von ecDNAs in manchen Zellen wahrscheinlicher, wodurch diese häufiger entarten.
Hier liegt zugleich ein Ansatzpunkt, um die Zellen zu bekämpfen, wie die Arbeitsgruppe um Chang erkannt hat. Denn bei Krebszellen, die viele ecDNAs besitzen, ist das Zusammenspiel von Transkription (das Umschreiben von DNA in RNA) und Translation (das Übersetzen der RNA-Sequenz in ein Protein) zunehmend störanfällig. Das lässt sich nutzen, um die Zellen in den Tod zu treiben, berichtet das Team. Hemmt man ein Enzym namens CHK1, das eine wichtige Rolle in der Zellteilung spielt, dann würden ecDNA-haltige Tumorzellen absterben, wie Zellkultur- und Tierversuche belegt hätten. Ein entsprechendes Therapieverfahren befindet sich nun im frühen Stadium klinischer Tests, um zu prüfen, ob es sich für die Behandlung von Menschen eignet.
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