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Gedächtnis: RISCante Erinnerung

No RISC, no memory - auf diesen einfachen Nenner ließe sich die Gedächtnisleistung einer Taufliege bringen. Denn schwächelt der Enzymkomplex RISC, merkt sich das Insekt unangenehme Erlebnisse nur für äußerst kurze Zeit.
Synapsen im Pilzkörper im Gehirn von Drosophila.
Lernen ist das halbe Leben. Wer sich nichts merkt von dem, was er erlebt, wird unweigerlich immer wieder die gleichen Fehler machen. Wem es sich nicht ins Gedächtnis brennt, dass Feuer heiß ist, der wird sich stets aufs Neue daran verbrennen – und schlimmstenfalls darin umkommen. So kann eine dauerhafte Erinnerung an Gefahren durchaus lebensrettend sein – und das gilt nicht nur für den Menschen, dessen Gehirn über enorme Speicherkapazitäten verfügt, sondern ebenso für das kleinste Insekt. So lernt beispielsweise auch die winzige Taufliege (Drosophila melanogaster), was unangenehm oder gefährlich ist, merkt sich das und vermeidet nach Möglichkeit in Zukunft entsprechende Situationen.

Doch wie gräbt sich eine derartige Erinnerung überhaupt nachhaltig in das Gehirn ein? Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Synthese neuer Proteine an den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, den Synapsen – so viel weiß man bereits. Wie dieser Prozess im Einzelnen vor sich geht und wie er gesteuert wird, war bislang jedoch unbekannt. Nun klärte das Team um Sam Kunes von der Harvard-Universität in Cambridge die Einzelheiten dieses Vorgangs an dem in Forscherkreisen beliebten Versuchstier Drosophila heraus.

Die Wissenschaftler brachten zunächst in einem seit etlichen Jahren bewährten Testmodell ihren Versuchsfliegen mit Hilfe von Elektroschocks bei, einen bestimmten Duft zu meiden. Dabei werden den Insekten in einer Teströhre abwechselnd zwei Duftnoten präsentiert, von denen der eine mit einem unangenehmen Elektroschock einhergeht, der andere aber nicht. Nach mehreren Trainingseinheiten dürfen die Fliegen zwischen zwei Kammern wählen, die jeweils nach einem der beiden Gerüchen duften. Die meisten entscheiden sich auf Grund der unangenehmen Erfahrung für den harmlosen Duft.

Im Gehirn von Drosophila geschieht dabei Folgendes: Verschiedene Nerven melden den Geruch sowie den unangenehmen Elektroschock an einen bestimmten Bereich im Fliegenhirn, den Antennenlobus. Dieser steht mit dem Pilzkörper, einem weiteren Hirnbereich, der bei Taufliegen an der Gedächtnisbildung beteiligt ist, in Verbindung. Die durch den Lernprozess angekurbelten Vorgänge im Antennenlobus beobachtete nun das Team um Kunes bis ins feinste Detail.

Pilzkörper im Gehirn von Drosophila | Neben dem Antennenlobus ist der Pilzkörper an Gedächtnisleistungen der Taufliege Drosophila beteiligt. Auch hier findet an den Synapsen (rote und grüne Kreise) die für die Erinnerung wichtige Proteinsynthese statt.
Dabei entdeckten sie, dass bei Taufliegen ein Enzymkomplex, der RNA-induzierten Silencing Complex (RISC) die Erinnerung entstehen lässt. Eine entscheidende Rolle bei der Regulation spielt dabei offenbar das Protein Armitage, ein Bestandteil von RISC. Dieses Eiweiß muss an den Synapsen zunächst abgebaut werden, damit sich das Wissen um die unangenehme Kombination von Duft und Elektroschock im Fliegenhirn festsetzen kann. Erst nach diesem Schritt läuft die für den Merkvorgang notwendige Proteinproduktion an. Dabei gelangt Boten-RNA, die Information von Genen zur Proteinsynthesemaschinerie trägt, zu den Synapsen im Untersuchungsgebiet, woraufhin dort das benötigte Eiweiß entsteht. Reguliert wird der Vorgang wiederum durch RISC, der in Zusammenarbeit mit winzigen RNA-Stücken, den miRNAs, die Boten-RNA wieder lahm legen kann.

"Zumindest bei Taufliegen macht dieser Prozess den Unterschied aus, ob sie sich an etwas eine Stunde oder einen Tag lang erinnert"
(Sam Kunes)
Die Wissenschaftler konnten durch Manipulation dieses Vorgangs sogar die Gedächtnisleistung der Taufliegen beeinflussen: Testkandidaten, deren RISC nur mangelhaft arbeitete, merkten sich den mit dem Schock kombinierten Geruch gerade mal für eine Stunde. Exemplare mit gut funktionierendem RISC hingegen vermieden ihn mindestens einen ganzen Tag lang – eine lange Zeit im kurzen Leben einer Drosophila.

Der Mensch verfügt an seinen Synapsen ebenfalls über die Proteine von RISC – möglicherweise steuert er sein Erinnerungsvermögen mit dem selben Mechanismus wie die winzige Taufliege.

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