Sozialverhalten: Riskanter Alleingang
Was ist besser: sich selbstständig informieren oder auf das Wissen der Artgenossen vertrauen? Hängt vom Kontext ab, sagen Wissenschaftler.
Wer sich selbst informiert – also alleine loszieht und sich nicht nur auf die gesammelten Erfahrungen seiner Gruppenmitglieder verlässt – weiß aus erster Hand und damit genauer, was es in der Umgebung gibt, meinen Verhaltensforscher. Aber dieses Wissen hat seinen Preis, denn es ist unter Umständen gefährlich zu erwerben: Als Einzelgänger endet man schnell im Magen eines hungrigen Feindes.
Stattdessen in der Gruppe zu bleiben und das Wissen der Artgenossen mitzuverwenden, scheint sicherer. Es birgt aber auch Probleme, denn: Viele Köche verderben den Brei. Wo mehrere sich austauschen, wird die Information schnell fehlerhaft interpretiert oder falsch weitergegeben, so dass es möglicherweise zu einer ganzen Kaskade von Missverständnissen kommt. Hier gilt es also, zwischen gewünschter Genauigkeit und vertretbaren Kosten abzuwiegen.
Handlungsstrategie auf dem Prüfstein
Dass Tiere bei erhöhter äußerer Gefahr keine eigene Information mehr einholen, sondern eher das Verhalten von Artgenossen nachahmen, hatten Wissenschaftler bereits vermutet. Ihre "Bei-Gefahr-nachahmen"-Strategie haben Forscher um Mike Webster von der University of St Andrews nun erstmals experimentell untersucht.
Im ersten Versuch gab es für den ausgewählten Starterfisch überall Algenschutz, im zweiten Versuch musste er durch offenes Wasser schwimmen. Im dritten Versuch wurden zwei Fressfeinde simuliert, die sich in gleichem Abstand von beiden Fressquellen befanden – dies war nach einem Szenario mit geringer und mittlerer offensichtlich das Szenario höchster Gefahr.
Eigenes oder fremdes Wissen – oder lieber nochmal nachschauen?
An die beiden im Experiment verwendeten Futterdosen waren die Fische zuvor wochenlang gewöhnt worden. Außerdem hatte der Starterfisch 24 Stunden vor dem Experiment nichts mehr zu fressen bekommen – und damit großen Hunger. War er erst einmal im Tank ausgesetzt, musste er wählen: Würde er sich ins offene Wasser wagen und die allein schwimmende Dose fern von seiner Art begutachten? Oder lieber dem Schwarm folgen und dort fressen, wo alle es taten?
Beides – beobachteten die Forscher. Aber nur, solange die Gefahr maximal mittelgroß war. Sobald es kein Algenversteck mehr gab oder gar Feinde in der Nähe waren, vertraute der Fisch doch eher auf das Wissen seiner Artgenossen und schloss sich ihnen an.
Was tun, wenn man etwas anderes weiß als die Gruppe?
Um die Qual der Wahl für den Fisch noch zu verschärfen, wählten die Forscher in einem zweiten Experiment für eine der beiden Futterdosen eine blau gefärbte, die die Fische über wochenlange Konditionierung als "leer" kennengelernt hatten. Darunter wurden nun alle Artgenossen des Starterfisches platziert – und signalisierten ihm somit: Obwohl Du weißt, dass in der blauen Dose kein Futter ist, scheinen wir hier alle Futter zu finden.
Ließ man den Starterfisch nun los, so musste er noch stärker als zuvor auf sein eigenes Vorwissen bauen, auch gegen die Meinung der Gruppe. Und tatsächlich zeigte die Mehrheit der Fische großes Vertrauen in die individuelle Informationslage – aber nur solange die Gefahr klein war. Bei steigender Gefährdung schlossen sie sich zunehmend – auch entgegen besseren Wissens – dem Schwarm an.
Nur: Was heißt "Gefahr"?
Die Forscher sehen hierin eine Bestätigung der "Bei-Gefahr-nachahmen"-Strategie. Diese trete übrigens nicht nur bei Fischen auf, sondern zeige sich auch bei vielen Säugetieren und dem Menschen.
Fraglich bleibt nur, wie aktiv wir so lern- und entscheidungsfreudigen Menschen wählen können, ob es gerade besser wäre, selbst noch einmal die Lage zu überprüfen oder uns der Gruppe anzuschließen. Möglicherweise werden auch in uns rationalen Wesen, ohne dass wir uns dessen bewusst werden, im Ernstfall uralte Instinkte wach: Dann folgen wohl auch wir einfach dem "Schwarm" – ganz ohne zuvor darüber nachzudenken.
Stattdessen in der Gruppe zu bleiben und das Wissen der Artgenossen mitzuverwenden, scheint sicherer. Es birgt aber auch Probleme, denn: Viele Köche verderben den Brei. Wo mehrere sich austauschen, wird die Information schnell fehlerhaft interpretiert oder falsch weitergegeben, so dass es möglicherweise zu einer ganzen Kaskade von Missverständnissen kommt. Hier gilt es also, zwischen gewünschter Genauigkeit und vertretbaren Kosten abzuwiegen.
Handlungsstrategie auf dem Prüfstein
Dass Tiere bei erhöhter äußerer Gefahr keine eigene Information mehr einholen, sondern eher das Verhalten von Artgenossen nachahmen, hatten Wissenschaftler bereits vermutet. Ihre "Bei-Gefahr-nachahmen"-Strategie haben Forscher um Mike Webster von der University of St Andrews nun erstmals experimentell untersucht.
Ihre Probanden waren Elritzen aus der Familie der Karpfenfische. Ihnen wurden im Experiment zwei Futterquellen angeboten. Nur eine von beiden war stets von Artgenossen umgeben. Dieser Pulk sollte dem Starterfisch, der das Experiment durchzuführen hatte, vermitteln, dass dieses Futter besonders bekömmlich sei.
Im ersten Versuch gab es für den ausgewählten Starterfisch überall Algenschutz, im zweiten Versuch musste er durch offenes Wasser schwimmen. Im dritten Versuch wurden zwei Fressfeinde simuliert, die sich in gleichem Abstand von beiden Fressquellen befanden – dies war nach einem Szenario mit geringer und mittlerer offensichtlich das Szenario höchster Gefahr.
Eigenes oder fremdes Wissen – oder lieber nochmal nachschauen?
An die beiden im Experiment verwendeten Futterdosen waren die Fische zuvor wochenlang gewöhnt worden. Außerdem hatte der Starterfisch 24 Stunden vor dem Experiment nichts mehr zu fressen bekommen – und damit großen Hunger. War er erst einmal im Tank ausgesetzt, musste er wählen: Würde er sich ins offene Wasser wagen und die allein schwimmende Dose fern von seiner Art begutachten? Oder lieber dem Schwarm folgen und dort fressen, wo alle es taten?
Beides – beobachteten die Forscher. Aber nur, solange die Gefahr maximal mittelgroß war. Sobald es kein Algenversteck mehr gab oder gar Feinde in der Nähe waren, vertraute der Fisch doch eher auf das Wissen seiner Artgenossen und schloss sich ihnen an.
Was tun, wenn man etwas anderes weiß als die Gruppe?
Um die Qual der Wahl für den Fisch noch zu verschärfen, wählten die Forscher in einem zweiten Experiment für eine der beiden Futterdosen eine blau gefärbte, die die Fische über wochenlange Konditionierung als "leer" kennengelernt hatten. Darunter wurden nun alle Artgenossen des Starterfisches platziert – und signalisierten ihm somit: Obwohl Du weißt, dass in der blauen Dose kein Futter ist, scheinen wir hier alle Futter zu finden.
Ließ man den Starterfisch nun los, so musste er noch stärker als zuvor auf sein eigenes Vorwissen bauen, auch gegen die Meinung der Gruppe. Und tatsächlich zeigte die Mehrheit der Fische großes Vertrauen in die individuelle Informationslage – aber nur solange die Gefahr klein war. Bei steigender Gefährdung schlossen sie sich zunehmend – auch entgegen besseren Wissens – dem Schwarm an.
Nur: Was heißt "Gefahr"?
Die Forscher sehen hierin eine Bestätigung der "Bei-Gefahr-nachahmen"-Strategie. Diese trete übrigens nicht nur bei Fischen auf, sondern zeige sich auch bei vielen Säugetieren und dem Menschen.
Fraglich bleibt nur, wie aktiv wir so lern- und entscheidungsfreudigen Menschen wählen können, ob es gerade besser wäre, selbst noch einmal die Lage zu überprüfen oder uns der Gruppe anzuschließen. Möglicherweise werden auch in uns rationalen Wesen, ohne dass wir uns dessen bewusst werden, im Ernstfall uralte Instinkte wach: Dann folgen wohl auch wir einfach dem "Schwarm" – ganz ohne zuvor darüber nachzudenken.
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