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News: RNA-Molekül mechanisch entfaltet

Proteine und Nucleinsäuren sind furchtbar komplizierte Strukturen. Sie falten sich über Brückenbindungen in dreidimensionale Figuren, die für ihre Funktion oft entscheidend sind. Auf mechanischem Weg konnten Wissenschaftler die dahinter steckenden Kräfte jetzt erstmals untersuchen, indem sie einzelne RNA-Moleküle entfalteten und wieder in ihre Ausgangsposition zurückfalteten.
Noch nicht viel ist über die Kräfte hinter den Faltungsprozessen bekannt. Doch die Struktur von Proteinen und Nucleinsäuremolekülen ist für ihre reibungslose Funktion meist essentiell. Ein falscher Knick, und schon kann das Protein arbeitsunfähig werden. Werden die Moleküle nach getaner Arbeit nicht mehr benötigt und abgebaut, müssen sie erst entfaltet werden, damit der Abbau problemlos über die Bühne geht. Bislang hatte niemand eine Idee, wie dies vonstatten gehen könnte. Gewöhnlich studieren die Forscher die Entfaltung über Schmelzpunkte, an denen sich bestimmte Brücken innerhalb des Moleküls lösen, oder sie setzen hierzu bestimmte Chemikalien ein. Das Problem dieser Anwendungen ist allerdings das Massenphänomen. Während eines bestimmten Zeitpunkts treten so viele Moleküle auf einmal auf, dass kein Einzelnes mehr genauer untersucht werden kann. Aber das ist nötig, denn jedes könnte sich auf eine andere Art und Weise entfalten.

Um die Kraft zu messen, die hinter der Entfaltung eines einzelnen RNA-Moleküls steckt, "nagelte" das Team um Carlos Bustamante von der University of California in Berkeley das Molekül fest. Beide Enden klebten sie mit Hilfe einer optischen Falle an mikroskopische Plastikperlen. Ein Laserstrahl hielt hierbei die Enden an den Perlen fest und maß gleichzeitig die entstehende Kraft, wenn sich das Molekül entfaltete. Auch die Längenänderung konnte das Team so verfolgen. "Das System eliminiert sowohl das Problem der großen Molekülanzahl, als auch die vielfältigen Reaktionswege", erläutert Bustamante. "Denn wenn wir ziehen, verfolgen wir ein einzelnes sich entfaltendes Molekül auf seinem besonderes Weg".

Die Wissenschaftler nahmen drei unterschiedliche RNA-Moleküle genauer unter die Lupe, wobei die einfachste Struktur eine so genannte Haarnadelschleife war. Außerdem untersuchten sie eine kompliziertere Helix-Struktur, die in fast jedem RNA-Molekül vorliegt und eine komplette dreidimensionale Struktur. "Eigentlich wollten wir ein komplettes Ribosom studieren", erzählt Bustamante. Doch die Struktur war zu kompliziert. Und so beschränkten sie sich erst einmal auf die einzelnen Domänen eines RNA-Moleküls. Und jede Struktur hat ihr charakteristisches Verhalten. So zeigten die Haarnadelschleife und die Helix ein Verhalten, das die Forscher als "hüpfen" bezeichneten. Bei konstanter angelegter Kraft sprangen sie permanent zwischen dem gefalteten und entfalteten Stadium hin und her. Und folgten brav dem Energieerhaltungssatz. Denn beide Prozesse stimmten in ihren Werten überein. So kann man den Prozess im Gleichgewicht halten. Die komplizierteste untersuchte Struktur verhielt sich auch beim Entfalten entsprechend komplex. Zuerst öffneten sich schnell einige Brücken, die das Molekül zusammenhielten, doch dann kam der Prozess zum Stillstand. Erst nach einer Pause und einem leichten Kraftanstieg setzte sich der Vorgang abrupt fort und ließ sich dann bis zum Ende nicht mehr aufhalten.

Das Wissenschaftler-Team will den Biochemikern mit ihren Ergebnissen neue Werte an die Hand geben. Bis jetzt können sie über die Stabilität eines Moleküls nur den Schmelzpunkt angeben. Eine Energiekurve, die sich auf die inneren Barrieren bezieht, könnte aber theoretische Modelle stark vereinfachen.

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