Archäologie: Römisches »Grab des Cerberus« enthält Leiche samt Leichentuch
Im Oktober 2023 meldeten italienische Archäologen den Fund eines außergewöhnlich gut erhaltenen römischen Grabs. Die Gewölbekammer war durch eine Tuffsteinplatte mehr als 2000 Jahre lang von der Außenwelt abgeschirmt. Als die Wissenschaftler die monumentale Front des Grabs öffneten, stießen sie an den Wänden auf gut erhaltene Fresken. »Die Emotionen, die eine solche Entdeckung auslöst, sind unglaublich«, kommentierte der leitende Archäologe Mariano Nuzzo, der das Grab als Erster betrat. Neben Darstellungen von so genannten Ichthyokentauren, Mischwesen zwischen Mensch, Pferd und Fisch, fand sich darin auch die Abbildung eines Cerberus, des dreiköpfigen Höllenhundes, der dem Grab in Giugliano bei Neapel den Namen gab. Die Farbigkeit der Malereien ist beeindruckend.
Laut einer Pressemitteilung der italienischen Denkmalbehörde gelang es nun, den in der Grabkammer erhaltenen Sarkophag samt Inhalt näher zu erforschen. Dabei stießen die Ausgräber auf die Knochen des Bestatteten, Grabbeigaben in Form von Salbenbehältern und Strigileis, also Werkzeugen zur Reinigung des Körpers, sowie auf die Überreste des Leichentuchs. Die besonderen mikroklimatischen Bedingungen im Inneren des Sarkophags hätten dazu geführt, dass sich das Tuch mineralisiert habe. Nun sollen Analysen des Garns und der Webtechnik Details über dessen Machart enthüllen.
Die zeitliche Einordnung der Beigaben und deren Qualität lassen die Fachleute vermuten, dass sie es hier mit dem Stammvater einer Familie zu tun haben, für die das sicher kostspielige Mausoleum einst angelegt wurde. Sein Leichnam wurde mit Salben auf pflanzlicher Basis behandelt. Wie Analysen ergaben, kamen hier offenbar Gewächse aus der Gattung der Gänsefüße sowie Wermut zum Einsatz.
In der Grabkammer stehen drei gemauerte und bunt bemalte Klinen. Auf solchen Liegen kamen die Römer zum Gelage zusammen, und ein solches Ambiente sollte wohl im Grab nachgeahmt werden. Die Malereien an den Wänden zeigen Girlanden, Trinkgefäße und mythische Wesen: Sind auf der einen Seite zwei Ichthyokentauren dargestellt, auf deren Fischleibern je ein kleiner Amor hockt, ist auf der gegenüberliegenden Seite der dreiköpfige Höllenhund Cerberus zu sehen, gegen den Hercules mit seiner Keule ausholt. Gemäß dem Mythos war der Held in die Unterwelt hinabgestiegen, hatte den Wachhund überwältigt und an die Oberwelt geschleift. Neben den beiden ist der mythische Wegbegleiter der Verstorbenen, Merkur, mit geflügeltem Hut und Botenstab abgebildet.
Die Art der Bestattung im »Grab des Cerberus« könnte neue Erkenntnisse über die antike Sozialstruktur in der Umgebung und über die Nekropole liefern, deren Teil sie ist. Giugliano in Campania gehört zum Großraum Neapel und liegt am Rand der Phlegräischen Felder; dieses vulkanische Gebiet war bereits damals dicht besiedelt.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text wurde am 7. August 2024 um einen Absatz (zu den Malereien) ergänzt.
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