Direkt zum Inhalt

Rohstoffe: Tiefseebergbau bedroht 5000 unbekannte Arten

In der Clarion-Clipperton-Zone im Pazifik sollen bald Manganknollen gefördert werden. Dabei besiedeln einzigartige Tiere dieses Gebiet - viele sind noch unbeschrieben.
Tiefseelebewesen im Museum, eingelegt in Alkohol
Viele Tiere aus der Tiefsee wurden wissenschaftlich bisher nicht beschrieben. In den Sammlungen zahlreicher Museen existieren wahrscheinlich tausende Typusexemplare, die noch untersucht werden müssen.

Die rohstoffhungrige Menschheit sucht beständig nach neuen Lagerstätten, um den Bedarf etwa an Erzen zu decken. In den letzten Jahren rückte auch die Tiefsee in den Fokus, wo sich enorme Mengen an Mangan, Eisen und anderen Metallen verbergen. Gleichzeitig sind die Folgen eines Abbaus noch völlig unkalkulierbar. Eines der ersten Gebiete, in dem gefördert werden könnte, ist die Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) im Pazifik zwischen Mexiko und Hawaii. Wissenschaftler warnen jedoch, dass dadurch tausende Arten gefährdet werden, die nur dort vorkommen und noch nicht wissenschaftlich beschrieben wurden. Die warnenden Studien veröffentlichte das Team um Muriel Rabone vom Natural History Museum in London in »Current Biology«.

Für ihre Studie durchforstete die Arbeitsgruppe alle verfügbaren Daten von wissenschaftlichen Expeditionen, die zur CCZ stattgefunden haben und auf denen Arten dokumentiert wurden. Ihre Analyse von 100 000 Belegen ergab Nachweise für 5578 verschiedene Arten in der CCZ, von denen 92 Prozent für die Wissenschaft völlig neu waren und die noch keinen wissenschaftlichen, sondern nur einen Arbeitsnamen haben. Nur sechs der neuen Arten, die in der CCZ gefunden wurden, darunter eine Seegurke, ein Fadenwurm und ein Fleisch fressender Schwamm, wurden bereits in anderen Regionen beobachtet, wie ein Abgleich mit anderen Daten zeigte.

Wenig überraschend verteilt sich ein Großteil dieser Vielfalt auf Arthropoden, Würmer, Stachelhäuter und Schwämme, welche dennoch komplexe Ökosysteme aufbauen können. »Dort unten existieren einige bemerkenswerte Arten. Manche der Schwämme sehen aus wie klassische Badeschwämme, andere wie Vasen. Sie sind einfach wunderschön«, sagt Rabone über die CCZ-Proben. »Zu meinen Lieblingsstücken gehören die Glasschwämme. Sie haben diese kleinen Stacheln, und unter dem Mikroskop sehen sie wie winzige Kronleuchter oder kleine Skulpturen aus.«

Diese Biodiversität sei aber womöglich nur die Spitze des Eisbergs, so Rabone, die bereits mehrfach an Expeditionen zur CCZ teilgenommen hat. Sie habe jedes Mal neue Arten gesehen, wenn eine Probe an die Oberfläche gehoben wurde. Insgesamt gäbe es dort womöglich noch 6000 bis 8000 weitere unbekannte Arten.

Der Bergbau in der CCZ wird von der Internationalen Meeresbodenbehörde geregelt, einer zwischenstaatlichen Organisation mit 167 Mitgliedstaaten. Kommerzielle Förderung hat dort noch nicht begonnen, auch wenn schon Förderlizenzen vergeben wurden. Zudem fanden bereits erste Probeentnahmen statt, um den Abbau zu testen. Die internationale Gemeinschaft muss sich allerdings noch auf gemeinsame Standards für den Extraktion einigen, was bislang den Bergbau in großem Stil verhindert hat. Die Uhr tickt allerdings: »Es gibt so viele wunderbare Arten in der CCZ, und angesichts des drohenden Bergbaus ist es doppelt wichtig, dass wir mehr über diese bisher kaum untersuchten Lebensräume wissen«, so Rabone.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.